IM GESPRÄCH: FRANK HILLER

Deutz wagt den Sprung zurück nach China

Vorstandschef plant nach dem Ausstieg bei Lkw-Motoren zwei große neue Kooperationen für Bagger und Traktoren

Deutz wagt den Sprung zurück nach China

Von Christoph Ruhkamp, KölnGerade erst verabschiedet sich Deutz von dem China-Joint-Venture Deutz Dalian mit dem Partner FAW – und steigt damit komplett aus der Produktion von Lastwagenmotoren aus. Doch schon plant das Kölner Traditionsunternehmen den zweiten Sprung nach China – nur dieses Mal in wesentlich größeren Dimensionen und mit anderen Produkten. “Wir haben gerade die Absichtserklärung für eine große Kooperation mit einem chinesischen Partner unterzeichnet”, sagte Vorstandschef Frank Hiller im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Ein zweites Abkommen stehe kurz bevor. Es gehe um die Produktion von Motoren für Baumaschinen und Landmaschinen. Die beiden chinesischen Partner seien jeweils führende Hersteller in diesen Geschäftsfeldern. Eine Kooperation mit den Deutschen streben sie an, um die neuen, strengeren Abgasnormen in China erfüllen zu können. Dem Vernehmen nach handelt es sich bei dem einen Partner um Chinas größten Traktorenhersteller YTO.Die beiden neuen China-Aktivitäten sollen neben den beiden Partnern, die mit Motoren für ihre Bagger und Traktoren beliefert werden, auch andere Kunden bedienen. “Wir können in China nur erfolgreich sein mit Produktion vor Ort”, sagt Hiller. Allein 100 000 Motoren jährlich braucht der eine der beiden Kooperationspartner. Zum Vergleich: Das entspricht der halben Jahresproduktion von Deutz. Aus den Fehlern gelerntIn einigen Jahren dürfte dementsprechend der neue China-Vorstoß das im SDax notierte Unternehmen mit einem Börsenwert von fast 1 Mrd. Euro grundlegend verändern. “Der Umsatzanteil in Asien wird sich dann von heute knapp 10 % auf 30 % verdreifachen”, erwartet Hiller. Derzeit liegt der Gesamtumsatz des Konzerns bei rund 1,6 Mrd. Euro im Jahr. Aus den Fehlern beim alten Joint Venture hat Deutz gelernt. So soll es dieses Mal eine eigene Vertriebsorganisation in China geben, damit man beim Verkauf an andere Kunden nicht auf die beiden Joint-Venture-Partner angewiesen ist. Auch soll der Umsatz mit externen Kunden einen größeren Anteil ausmachen. Auf den Wert des alten Joint Ventures, das künftig komplett FAW gehört, muss Deutz zum Halbjahr 2018 noch 14 Mill. Euro abschreiben.Der Verkauf der 50-%-Beteiligung steht unter Zustimmungsvorbehalt des Aufsichtsrats. Sollte es grünes Licht geben, soll der Verkauf im zweiten Halbjahr 2018 durchgezogen werden. Den Veräußerungserlös taxieren die Kölner auf knapp 10 Mill. Euro. Auf das Gesamtjahr gerechnet sollten trotz der Wertkorrektur keine signifikanten Ergebnisauswirkungen zu spüren sein.Deutz will insgesamt deutlich profitabler werden. Derzeit liegt die operative Marge vor Zinsen und Steuern bei 5,4 %. Laut Finanzchef Andreas Strecker ist es das Ziel, durch profitables Wachstum den Börsenwert zu verdoppeln: “Wir wollen zurück in den MDax”, sagte Strecker. Zu den geplanten Kostensenkungen beitragen soll unter anderem die Digitalisierung der gesamten Auftragsabwicklung. Auch in der Personalabteilung werde es nur noch elektronische Akten geben. Streik-Ende bei Halberg hilftEine Entlastung für Deutz, die die Anhebung der Jahresprognose ermöglicht hat, ist das Ende des Streiks beim Lieferanten Halberg Guss, dessen Muttergesellschaft mit VW im Streit liegt und der Deutz mit Motorblöcken beliefert. Der Streik, bei dem die Beschäftigten dreieinhalb Monatsgehälter Abfindung für jedes Dienstjahr forderten, wurde nach sechs Wochen beendet, und den Konflikt soll nun ein Schlichter auflösen. Jetzt wird erst einmal weiter gearbeitet bei Halberg Guss. Aus Sicht von Deutz muss es jedenfalls unbedingt zur Einigung mit der Hilfe des Schlichters kommen: “Wenn die Beschäftigten bei Neue Halberg Guss noch einmal streiken, ist das Unternehmen tot”, warnt Deutz-Chef Hiller. Bei Deutz selbst konnten durch den Streik 12 000 Motoren weniger gebaut werden – bei einem Gesamtabsatz von 200 000 Stück ein empfindlicher Schaden, zumal die nun später fertig gewordenen Motoren zum Teil mit dem Flugzeug zu den Kunden geflogen werden müssen.Seit Ende April war der Kurs der Deutz-Aktie wegen der Befürchtung von Lieferengpässen durch den Streik bei Neue Halberg Guss um rund 20 % eingebrochen. Am Mittwoch sank der Kurs um 0,6 % auf 7,73 Euro. Damit hat sich der Börsenwert aber seit März 2016 noch mehr als verdoppelt auf 930 Mill. Euro.