Logistikkonzern

DHL stutzt Jahresprognose und senkt Mittelfristausblick

Die DHL Group hat das obere Ende der Zielspanne für das operative Ergebnis gesenkt und die Mittelfristprognose für 2025 zurückgenommen. Der lahmende Welthandel belastet vor allem das Frachtgeschäft und die Sparte Express.

DHL stutzt Jahresprognose und senkt Mittelfristausblick

DHL stutzt Jahresprognose

"V-förmige Erholung" der Konjunktur ist passé – Deutschland-Geschäft bereitet Sorgen – Ergebnisausblick auf 2025 gesenkt – Aktie tendiert fester

md Bonn

Der Logistikkonzern DHL blickt etwas pessimistischer auf das laufende Jahr und hat auch seine Mittelfristprognose gesenkt. Probleme verursachen vor allem der jüngste Abschwung im Frachtgeschäft, die sinkende Zahl an Express-Sendungen - insbesondere im B2B-Geschäft – sowie generell die Schwäche im Welthandel.

Das Management hatte seine Prognose für dieses Jahr bislang an drei Szenarien geknüpft – je nachdem, ob und wie schnell sich die Konjunktur erholt. Die Gruppe bestätigte für 2023 das untere Ende der Zielspanne für den operativen Gewinn (Ergebnis vor Zinsen und Steuern, Ebit) von 6,2 Mrd. Euro, das für den Fall einer ausbleibenden nennenswerten Erholung der Weltwirtschaft im Rest des Jahres gilt, stutzte aber das obere Ende auf 6,6 Mrd. Euro - dieser Wert wird im Fall einer Erholung zum Jahresende angesetzt. Das Szenario für eine Erholung der Weltwirtschaft ab Beginn der zweiten Jahreshälfte 2023 und einem operativen Gewinn von rund 7 Mrd. Euro - die "V-förmige Erholung" - entfalle nun, teilte DHL mit. Analysten hatten für das Gesamtjahr bislang im Schnitt 6,48 Mrd. Euro auf dem Zettel.

Der Welthandel hat sich nach dem pandemiebedingten Boom normalisiert, und die makroökonomische Erholung bleibt auch vor dem Hintergrund höherer Zinsen und geopolitischer Krisen bislang aus.

Tobias Meyer, Vorstandsvorsitzender DHL Group

"Der Welthandel hat sich nach dem pandemiebedingten Boom normalisiert, und die makroökonomische Erholung bleibt auch vor dem Hintergrund höherer Zinsen und geopolitischer Krisen bislang aus", sagte Vorstandschef Tobias Meyer, der Anfang Mai den langjährigen CEO Frank Appel abgelöst hatte. "Im aktuellen Marktumfeld behalten wir unsere Kosten genau im Blick", sagte er und führte u.a. Kapazitätsanpassungen in der Express-Sparte aus. Allerdings werde die Gruppe weiter in Wachstumsbereiche des globalen Geschäfts investieren.

Annäherung an Rekordjahr 2022 missglückt

Gesenkt wurde auch die mittelfristige Prognose für 2025. Der Dax-Konzern rechne nicht mehr damit, zur Mitte des Jahrzehnts operativ ähnlich viel zu verdienen wie im Rekordjahr 2022. Für 2025 erwarte der Vorstand nun ein operatives Ergebnis zwischen 7 Mrd. und 8 Mrd. Euro. Die Konsensschätzung der Research-Häuser hatte bislang bei 7,4 Mrd. Euro und der Ausblick des Managements bei über 8 Mrd. Euro gelegen; mit der nun überholten Vorhersage wäre der Logistikkonzern wieder dem Rekordniveau von 2022 nahe gekommen. Im vergangenen Jahr hatte die DHL Group, damals noch als Deutsche Post firmierend, mehr als 8,4 Mrd. Euro verdient. Hohe Frachtraten und der boomende Online-Handel hatten der Post und anderen Logistikkonzernen in der Coronakrise 2021 und 2022 rasantes Wachstum beschert. Doch diese Sonderkonjunktur ist vorbei, die Geschäfte normalisieren sich.

Investitionskürzung im Inland

Im Heimatmarkt kämpft der Konzern zudem seit Jahren mit sinkenden Briefmengen bei steigenden Kosten. DHL wird in Deutschland deshalb weniger investieren. CFO Melanie Kreis zufolge handelt es sich bei der gekürzten Investitionssumme um einen dreistelligen Millionen-Euro-Betrag. Meyer betonte vor Medienvertretern, Post & Paket Deutschland müsse mittel- und langfristig wieder das verdienen, was in den Bereich investiert wird.

Die Bundesregierung plant eine Reform des Postgesetzes - mit möglicherweise einschneidenden Änderungen für den Konzern. "Es wird immer schwieriger, den Universaldienst aufrechtzuerhalten und zugleich notwendige Investitionen in unsere Infrastruktur vorzunehmen", sagte Meyer. Die seit Monaten erwartete Vorlage müsse nun aber bald kommen. Denn die lange Unsicherheit sei nicht gut für den Konzern und seine Beschäftigten in Deutschland.

Starke Rückgänge im dritten Quartal

Im dritten Quartal gingen Umsatz und Gewinn von DHL im Vergleich zu den Vorjahreswerten stark zurück. Nach Unternehmensangaben sanken die Erlöse um knapp ein Fünftel auf 19,4 (i.V. 24,0) Mrd. Euro. Das operative Ergebnis fiel fast um ein Drittel auf 1,4 (2,0) Mrd. Euro. Dies entsprach trotz des starken Rückgangs den Erwartungen der Analysten. Der Überschuss nach Anteilen Dritter, der zwischen Juli und Ende September erzielt wurde, lag bei 807 Mill. (1,2 Mrd.) Euro. DHL generierte im dritten Quartal einen operativen Cashflow von 2,5 (3,5) Mrd. Euro. Der Freie Cashflow betrug den Angaben zufolge 1,1 (1,8) Mrd. Euro; ein Rückgang um 41%. Der DHL-Kurs, der vorbörslich mehr als 3% verloren hatte, drehte kurz nach Handelseröffnung auf Xetra ins Plus. Zuletzt ging es um 3,1% auf 38,29 Euro nach oben. Aus dem Handel hieß es, die Prognosesenkung sei erwartet worden. Zudem wurde auf die Schwäche seit Ende Juli hingewiesen: Seither war der Kurs von knapp 47 Euro bis Ende Oktober auf 36,10 Euro gefallen. Die Aufwärtsbewegung sei auch eine Gegenreaktion.

Deutliche Kritik am Regulierer

Der Konzern habe im vergangenen Jahresviertel weiter in Wachstumsmärkte und -felder investiert, "während die Investitionen und Kosten in Deutschland an die schlechten regulatorischen Rahmenbedingungen angepasst wurden", wie es in der Mitteilung kritisch heißt. Die Brutto-Investitionen (Capex) beliefen sich im dritten Quartal auf 871 (958) Mill. Euro. Neben Investitionen in nachhaltige Geschäftsaktivitäten wie emissionsarme Logistikinfrastruktur hätten die Automatisierung und Digitalisierung von operativen Prozessen im Fokus gestanden.

In der lange florierenden Express-Sparte brach der Umsatz im abgelaufenen Quartal um 18,2% auf 5,89 Mrd. Euro ein, der operative Gewinn sank um 34,1% auf 667 Mill. Euro. Noch stärker waren die Rückgänge in der Division Global Forwarding, Freigth - laut Meyer die konjunkturabhängigste der fünf Unternehmensbereiche -, wo die Erlöse im Vorjahresvergleich um 44% auf 4,42 Mrd. und das Ebit um 47% auf 306 Mill. Euro fielen. CEO Meyer sprach von einer "weiteren Normalisierung der Frachtraten". Darüber hinaus hätten geringere Frachtvolumen und negative Wechselkurseffekte das Ergebnis belastet. Einzig im Bereich Supply Chain gab es Zuwächse: Der Umsatz legte um 1,8% auf 4,26 Mrd. Euro zu, das operative Ergebnis um gut ein Zehntel auf 242 Mill. Euro.

Der Logistikkonzern DHL blickt pessimistischer auf 2023 und auf die mittelfristige Geschäftsentwicklung. Die Schwäche im Welthandel macht dem Dax-Konzern zu schaffen, daher werde der operative Gewinn dieses Jahr nicht so hoch ausfallen, wie für den günstigsten Fall bislang angenommen wurde. Die Aktie schloss fester.

Wertberichtigt Seite 2
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