Die Bahn ist unter dem Strich verspätet
Trotz eines besseren Halbjahrs wird die Deutsche Bahn absehbar nicht in der Lage sein, die vom Bund erwartete Dividende ohne Rückgriff auf die Substanz ausschütten zu können.ge Berlin – Entgegen früheren Hoffnungen wird die Deutsche Bahn auch in diesem Jahr ihre vom Bund festgelegte Dividende von 950 Mill. Euro nicht vollständig aus dem Überschuss zahlen können. Da diese Mittel aber postwendend für Investitionen in die Infrastruktur zurückfließen, hält Finanzvorstand Richard Lutz diese Zahlung aus der Substanz für “nicht kritisch” – trotz der damit einhergehenden höheren Verschuldung. Diese dürfte bis zum Jahresende auf maximal 19 Mrd. Euro klettern, 1,5 Mrd. mehr als zu Ultimo 2015. Dass der absehbare Nettogewinn mit gut 500 Mill. Euro unter dem Halbjahreswert liegen dürfte, begründete der Finanzchef bei der Erläuterung der Sechsmonatszahlen mit weiteren Sonderlasten aus dem Konzernumbau. Das bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) dürfte mit gut 1,8 Mrd. Euro den Vorjahreswert nur leicht übertreffen.Um die wachsenden Schulden finanzieren zu können, will Lutz im weiteren Jahresverlauf noch Anleihen für insgesamt 1,4 Mrd. Euro begeben. Erst vor zwei Wochen hatte die Bahn einen fünfjährigen Bond im Volumen von 350 Mill. Euro platziert, der mit einem Kupon von glatt 0,00 % ausgestattet war – und dennoch deutlich überzeichnet gewesen sein soll. Die jüngste Abwertung von Standard & Poor’s von “AA” mit negativem Ausblick auf “AA-” mit stabilem Ausblick hält Lutz für übereilt. Vielmehr habe das Management erwartet, dass die Ratingagentur der Bahn angesichts der angeschobenen Sanierungsmaßnahmen und der geplanten Börsengänge der ausländischen Töchter mehr Zeit einräume.Um die Verschuldung zu begrenzen, soll der Vorstand dem Aufsichtsrat bis Ende des Jahres ein detailliertes Konzept für die Kapitalbeteiligung Dritter an der britischen Bahn- und Bustochter Arriva und dem internationalen Speditionsgeschäft von Schenker vorlegen. “Für eine Aussage, inwiefern das Brexit-Votum Auswirkungen auf einen Börsengang von DB Arriva hat, ist es noch zu früh”, bremste Bahn-Chef Rüdiger Grube Spekulationen. Danach drohe ein Umsatzverlust von rund 900 Mill. Euro bei Erlösen von 3,7 Mrd. in Großbritannien – dem wichtigsten Markt nach Deutschland. Im Gegensatz zum Eisenbahngeschäft hierzulande, das seine Kapitalkosten nicht ansatzweise verdiene, werfen die internationalen Aktivitäten laut Lutz deutlich zweistellige Renditen ab.Für Grube, der zum Jahresende auf eine Vertragsverlängerung hofft, zeigen die Zahlen, dass der angeschobene Konzernumbau erste Erfolge zeitigt. Trotz des mehr oder weniger stagnierenden Umsatzes sei das Ebit um 13 % auf 1 Mrd. Euro gestiegen. Im Vorjahr hatten allerdings Unwetter und Streiks den operativen Gewinn um fast 300 Mill. Euro gedrückt. Dank umfangreicher Sonderangebote fuhren in den Fernzügen zwar 10 % mehr Reisende. Als Ergebnis blieb jedoch etwas weniger übrig als vor Jahresfrist. Im Herbst wolle der Vorstand entscheiden, ob er bei den deutlich ausgebauten Fernbussen “den Blödsinn von Dumpingpreisen” noch mitmachen wolle, kündigte Grube an. Durch die preiswerten Busse steht der Schienenfernverkehr massiv unter Druck. Günstig für die Halbjahresbilanz war auch, dass die Investitionen fast 300 Mill. Euro geringer ausfielen als vor Jahresfrist.