Die Geldvermehrung der Fiat-Erben
Von Gerhard Bläske, Mailand
Die Geldvermehrungsmaschine der Fiat-Erben läuft auf Hochtouren. Wenn im Januar die Iveco Group, Nutzfahrzeugsparte des Land- und Baumaschinenkonzerns CNH Industrial (Case, New Holland) abgespalten und separat an die Börse gebracht wird, ist die Familie Elkann Agnelli Großaktionär von gleich fünf der größten börsennotierten Unternehmen Italiens. Über ihre börsennotierte Familienholding Exor, der größten privaten Investmentgesellschaft Italiens, halten sie 14,35% an dem französisch-italienisch-amerikanischen Autokonzern Stellantis, 22,9% am Sportwagenbauer Ferrari, 26,9% an CNH und bald auch Iveco. Über die Giovanni Agnelli BV kontrollieren sie 53% an Exor. Die einstigen Großgrundbesitzer aus der Gegend von Turin gehörten 1899 zu den Mitbegründern von Fiat und wurden seither oft als die heimlichen Herrscher Italiens bezeichnet. Sie verfügen über eine unglaubliche Machtfülle und haben oft starken politischen Einfluss genommen, um Gesetze und Subventionen in ihrem Sinne zu beeinflussen – ob in der Monarchie, im Faschismus oder in den diversen Phasen der schwierigen italienischen Demokratie. Familienmitglieder waren in der Politik aktiv und Susanna Agnelli war sogar Außenministerin. Die Familie stand und steht für Mäzenatentum, etwa in der Kunst und im Fußball (seit 1923 gehört ihnen der heute börsennotierte Club Juventus Turin), für Glamour, aber auch für Familienfehden und tragische Schicksalsschläge mit Krankheiten, Flugzeugabstürzen, Autounfällen und Selbstmorden. Selbst die Hilfe des libyschen Diktators Muammar al-Ghaddafi, der in den 70er Jahren Fiat mit seinem Einstieg rettete, war ihnen einst recht.
Sieht man von Erbstreitigkeiten und gelegentlichen Exzessen Lapo Elkanns, Bruder des heutigen Familienoberhauptes John Elkann, ab, geht es heute vergleichsweise diskret zu – dafür aber effizienter denn je. Denn die Familie Elkann Agnelli mehrt ihr Vermögen in raketenartigem Tempo. Die Grundlagen dafür legte der legendäre Fiat-CEO Sergio Marchionne, der die wieder einmal in einer tiefen Krise steckende Fiat rettete, indem er eine Fusion mit der amerikanischen Chrysler einfädelte und später Ferrari sowie CNH Industrial separat an die Börse brachte. Er nahm John Elkann, Enkel des legendären „Avvocato“ Giovanni („Gianni“) Agnelli und noch von diesem zu seinem Nachfolger erkoren, an die Hand und führte den schüchtern und still wirkenden Mann, der mit heute 45 immer noch jung anmutet, an seine Aufgaben heran. Elkann ist jetzt Chairman von Stellantis, Ferrari und Exor.
Das Vermögen der Familie, die aus neun Familienzweigen, die sich auf drei große Obergruppen und etwa hundert Familienmitglieder verteilen, besteht, hat sich in den letzten Jahren stetig vermehrt. Das lag nicht nur an den üppigen Dividendenzahlungen, sondern auch an der Entwicklung der Aktienkurse. CNH ist inzwischen fast 21 Mrd. Euro an der Börse wert, Ferrari mehr als 44 Mrd. Euro, Stellantis 55,5 Mrd. Euro, Exor etwa 20 Mrd. Euro. Dazu kommen weitere Beteiligungen, etwa am „Economist“, der Pressegruppe Gedi („La Stampa“, „L’Espresso“, „La Repubblica“, Radiostationen). Exor hat zuletzt auch Anteile am französischen Luxusschuhproduzenten Christian Louboutin (24%) und die Mehrheit am chinesischen Modekonzern Shang Xia erworben. Gerade wurde der Verkauf des 2016 für 6,9 Mrd. Dollar erworbenen Rückversicherers Partner Re an die französische Covéa für 9 Mrd. Dollar angekündigt. Exor hat nun eine üppig gefüllte Kasse für neue Akquisitionen: Hartnäckig halten sich Gerüchte, es sei eine Luxusgruppe mit Giorgio Armani geplant.
Der wirtschaftliche und politische Einfluss der Familie Agnelli Elkann, die über private Engagements weitere Unternehmen kontrolliert, ist heute vielleicht größer denn je. Der bevorstehende Börsengang der Iveco Group, dessen Volumen auf 5 bis 10 Mrd. Euro geschätzt wird, wird das wieder deutlich machen.