UNTERM STRICH

Die guten ins Töpfchen . . .

Börsen-Zeitung, 5.12.2015 "Die guten ins Töpfchen, die schlechten ins Kröpfchen", so lernt im Grunde schon das Kind im Märchen Aschenputtel, was Manager bei der Portfoliooptimierung können müssen. Zwar käme ein Manager wohl nicht auf die Idee, die...

Die guten ins Töpfchen . . .

“Die guten ins Töpfchen, die schlechten ins Kröpfchen”, so lernt im Grunde schon das Kind im Märchen Aschenputtel, was Manager bei der Portfoliooptimierung können müssen. Zwar käme ein Manager wohl nicht auf die Idee, die Schlechtperformer “ins Kröpfchen” zu stecken, also behalten zu wollen, aber “gut” und “schlecht” sind keine Kriterien für den Kapitalmarkt. Denn “gut” kann risikoarm und damit renditeschwach bedeuten, während “schlecht” für höheres Risiko, aber auch höhere Chancen stehen kann.Steckten vor gut 20 Jahren noch Corporate Raider vom Schlage eines Lord Hanson in der Rolle der Stiefmutter – beim britischen Chemiekonzern ICI – und verlangten das Aussortieren der guten und schlechten Linsen, so sind es heute nicht nur die aktivistischen Aktionäre, sondern zunehmend auch die Unternehmensleitungen selbst, die bei der Portfoliooptimierung vorangehen. Dies gilt vor allem für Deutschland, wo es in diesem Jahr eine richtige Welle von sogenannten Spin-offs und Carve-outs beziehungsweise ihrer Ankündigungen gegeben hat. Jüngstes Beispiel RWEDer jüngste Fall ist die Ausgliederung des Geschäfts mit erneuerbaren Energien, Netzen und Vertrieb aus der bisherigen RWE AG und die Einbringung in eine neue Gesellschaft mit geplantem Börsengang und Teilplatzierung (vgl. BZ vom 2. Dezember). Diese Variante eines Carve-out, bei dem die alte Mutter an der neuen Tochter mehrheitlich beteiligt bleibt und sie weiter konsolidiert, ist allen gegenteiligen Vermutungen zum Trotz in der Tat keine Kopie des Eon-Spin-off, sondern erinnert eher an die einstige Abspaltung von Infineon durch Siemens oder auch den Börsengang der früheren Bayer Material Science unter dem Namen Covestro im Oktober. Bei Eon andersIn allen drei Fällen ging und geht es darum, sich in Wachstumsmärkten stärker zu positionieren und über eine Kapitalerhöhung auch Geld dafür in die Kasse zu bekommen. Der alte Konzernverbund hatte diese Möglichkeiten nicht mehr geboten. Indem RWE die Zukunftsgeschäfte neu verpackt und ihnen ein Preisschild umhängt, wertet sie nicht nur diese immerhin 40 Mrd. Euro Jahresumsatz ausmachenden Aktivitäten auf, sondern auch sich selbst als Mutterkonzern. Die Kursreaktionen der RWE-Aktie seither zeigen dies.Anders liegen die Dinge beim Spin-off von Eon, wo die Zukunftsgeschäfte einschließlich des deutschen Atomkraftgeschäfts bei der Mutter verbleiben und das traditionelle fossile Kraftwerksgeschäft in die neue Gesellschaft Uniper umgehängt wird. Der Eon-Anteilseigner bekommt mit einer zweiten Aktie das eingebucht, was ihm schon gehört – so wie Bayer einst Lanxess an die Börse brachte. Dagegen will sich RWE durch ein öffentliches Angebot einen Mittelzufluss verschaffen – à la Bayer mit Covestro.Wie Abspaltungen gestaltet werden, hängt immer von einer Vielzahl von Rahmenbedingungen ab. Von der Ausgangslage der Muttergesellschaften, insbesondere deren Strategie, Ertragskraft und finanzielle Stärke. Bei den Versorgern Eon und RWE haben sich die politischen Rahmenbedingungen mit der Energiewende schlagartig verändert und einem Teil des angestammten Konzerngeschäfts die Entwicklungsperspektive geraubt. Dies drohte auch Bereiche der Unternehmen in Mitleidenschaft zu ziehen, die eher zu den Nutznießern der Energiewende gehören könnten. Um strategische Blockaden zu vermeiden, die Aufteilung finanzieller Ressourcen zu erleichtern und vor allem das für bestimmte Investorengruppen unpassende Geflecht von Atomenergie und traditionellen Kraftwerken einerseits und erneuerbaren Energien andererseits zu entwirren, liegt ein Spin-off wie bei Eon oder ein Carve-out wie bei RWE nahe. Osram und LanxessOftmals sind es nicht politische Impulse oder regulatorische Gründe, wie im nächsten Jahr bei der Abspaltung der Postbank von der Deutschen Bank, sondern technologische Umbrüche, die Unternehmen zu einer Neuaufstellung zwingen. Hier sind Flexibilität, Fokussierung und Risikobereitschaft im Management gefragt, wie sie in Großkonzernen eher selten zu finden sind. Dafür war die Abspaltung von Osram durch Siemens im Jahr 2013 ein passendes Beispiel. Unter den Fittichen von Siemens hätte Osram die von der LED-Technologie getriebene Umstrukturierung nicht so gut bewältigen können wie als eigenständiges börsennotiertes Unternehmen. In die unternehmerische Freiheit entlassen, blühte Osram zunächst ähnlich auf wie einst Lanxess, von der sich Bayer 2005 mit einem Spin-off trennte.So häufig rationale Gründe für eine Abspaltung sprechen, so häufig geht es für die betroffenen Unternehmen und nicht zuletzt deren Mitarbeiter und Kunden ans Eingemachte. Vor allem dann, wenn die historischen Wurzeln und Traditionsgeschäfte eines Unternehmens zur Disposition stehen. Denn Unternehmen sind mehr als ein Datensatz betriebswirtschaftlicher Kennziffern. Und dass die Summe aller Teile mehr wert ist als das Ganze, stimmt eben auch nicht immer. Bezeichnenderweise gehen Spin-off-Wellen und M & A-Boom meist Hand in Hand, obwohl sie von gegensätzlicher betriebswirtschaftlicher Logik getrieben werden. Spin-off vs. Carve-outDie Grundsatzfrage, ob Konglomerat und damit aus Investorenperspektive vorbestimmter interner Risikoausgleich oder fokussierter Konzern und damit gestaltbarer Risikoausgleich, ist Moden unterworfen – Moden des Kapitalmarkts, Moden der Managementstile. Am Ende stehen oder fallen Unternehmen mit der Qualität ihres Managements, ganz egal, ob Konglomerate oder durch Abspaltungen fokussierte Konzerne. Und schon gar nicht lässt sich sagen, ob klassischer Trade Sale, Spin-off oder Carve-out der bessere Weg ist, die guten Linsen von den schlechten Linsen zu trennen.—-c.doering@boersen-zeitung.de——–Von Claus DöringAm Ende stehen oder fallen Unternehmen mit dem Management, egal ob Konglomerat oder fokussierter Konzern.——-