Strategieberatung

„Die historische Formel funktioniert nicht mehr“

Das Geschäft von Boston Consulting wächst in Europa zweistellig. Die Berater profitieren vom Transformationsdruck der Unternehmen. Sorge bereitet ihnen allerdings die fehlende Innovationskraft im Land.

„Die historische Formel funktioniert nicht mehr“

„Die historische Formel funktioniert nicht mehr“

Boston Consulting vermisst Sprunginnovation in Deutschland – Strategieberatung wächst in Europa zweistellig

hei Düsseldorf

Die Strategieberatung Boston Consulting Group (BCG) ist im vergangenen Jahr in Zentraleuropa zweistellig gewachsen und spürt auch im laufenden Jahr eine starke Nachfrage „nach unseren Beratungsleistungen“, wie Michael Brigl, Head of BCG Central Europe, im Pressegespräch sagte. Damit entwickle sich das Geschäft bei BCG dynamischer als das vieler Wettbewerber, was Brigl dem Erfolgsrezept aus „strategischer Beratung und digitaler Transformation“ aus einer Hand zuschreibt. Global hat das Consulting-Unternehmen 2023 die Erlöse um 5% auf 12,3 Mrd. Dollar gesteigert. Beschäftigt werden weltweit 32.000 Mitarbeiter. Die Gesellschaft wächst dabei äußerst profitabel, wie herausgestellt wird. In zehn Jahren seien die Einnahmen jährlich durchschnittlich um mehr als 13% gestiegen; das Ergebnis wurde in dieser Zeit verdreifacht.

Vierstellige Zahl neuer Mitarbeiter

Brigl kündigte an, dass BCG in Zentraleuropa in diesem Jahr eine vierstellige Anzahl neuer Mitarbeiter einstellen werde. Die Fluktuation halte man „in Balance“. Sie „gehört zu unserem Geschäft“, betonte der Manager. Darüber hinaus investiere die Gesellschaft massiv in die Qualifizierung der eigenen Teams. Weltweit wurde eine achtstellige Summe in Weiterbildungsmaßnahmen gesteckt.

Wachstumstreiber des Geschäfts sind vor allem die Industriepraxis-Gruppen Travel, Cities und Infrastructure (+35%), der Energiesektor (+33%) sowie Finanzinstitute (+21%). Nahezu alle Kunden stehen Brigl zufolge unter einem enormen Kostendruck. Effizienzprogramme, „um immer wieder Kosten rauszunehmen“, stünden im Mittelpunkt vieler Beratungsaufträge, erklärte er und kritisierte in diesem Zusammenhang die wachsenden Standortnachteile, die die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen nachhaltig beeinträchtigten. Technische Exzellenz gepaart mit niedrigen Energiekosten hätten der deutschen Wirtschaft über Jahre ermöglicht, in vielen Bereichen Weltmarktführer zu sein. Indes: „Die historische Formel funktioniert nicht mehr“, stellte Brigl fest.

Viele CFOs werden fragen: Es hat uns 2 Mill. Euro gekostet. Was hat es gebracht?

Michael Brigl zum Einsatz von KI

Unter Experten ist unstrittig, dass die Energiekosten nicht mehr in historische Tiefen zurückfallen werden. Das bedeute zum Beispiel, dass in der besonders betroffenen Chemieproduktion „manche Produkte nie mehr konkurrenzfähig in Deutschland hergestellt werden können“. Daher sei es umso wichtiger, an anderen Stellen die Weichen für die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts zu stellen. Dabei gelte es auch, den „Trade off“ zwischen Kosten und gewünschten Fortschritten bei Klimatechnologien oder Resilienz der Lieferketten zu beachten.

Fachkräftemangel „drückend“

Besorgt zeigt sich BCG aber nicht nur wegen schlechter Rahmenbedingungen, obwohl vor allem der Fachkräftemangel allmählich „wirklich drückend“ werde. Mehr Sorge bereitet den Beratern, dass die Innovationskraft deutscher Unternehmen nachlässt. „Es gibt große Budgets für Forschung und Entwicklung, aber sie fließen sehr stark in inkrementelle Verbesserungen; an echten Sprunginnovationen fehlt es“, so Brigl. Dabei bleibe das Umfeld herausfordernd. „Die digitale Transformation ist in einer neuen Phase und verändert die Wettbewerbsdynamik in allen Sektoren.“ Besonders im Umgang mit künstlicher Intelligenz (KI) experimentieren viele Unternehmen aus Sicht der Berater noch relativ planlos. „Viele CFOs werden fragen: Es hat uns 2 Mill. Euro gekostet. Was hat es gebracht?“, glaubt Brigl. Und da falle die Antwort noch sehr unbefriedigend aus.

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