Die Lehren der Krise
Der Staat darf die Lufthansa retten. Er kann sich freuen, denn für ihn ist das “ein durchaus attraktives Geschäft”, wie Lufthansa-Aufsichtsratschef Karl Ludwig Kley am Donnerstag betonte. Als würde es bei dem Rettungspaket für die Lufthansa ums Geschäftemachen gehen! Fast drängt sich der Eindruck auf, die Verantwortlichen der Fluglinie haben den Ernst der Lage noch nicht erkannt. Dabei hatte Kley kurz zuvor vermeldet: “Wir haben kein Geld mehr.”Das 9 Mrd. Euro schwere Rettungspaket ist nun dank der Zustimmung der Lufthansa-Aktionäre auf dem Weg. Kurz zuvor hatte es auch grünes Licht von der EU gegeben. Der Fluggesellschaft sichern die Mittel das Überleben, wofür die 1,6 Mrd. Euro, die die Lufthansa am Markt besorgen konnte, bei weitem nicht gereicht hätten.Nun muss es kurz- und mittelfristig darum gehen, das Unternehmen in die Lage zu versetzen, die Staatsgelder zeitnah zurückzuführen oder zu refinanzieren. Von der Rückzahlung hängt es ab, wie schnell das Unternehmen den ungeliebten staatlichen Aktionär wieder loswird. Um den Schuldenabbau bewerkstelligen zu können, sind Restrukturierungsmaßnahmen vorgesehen, mit der Flugbegleiter-Gewerkschaft Ufo wurden bereits Kostensenkungen im Volumen von mehr als 500 Mill. Euro vereinbart. Am Ende wird sich die Lufthansa einen deutlich schlankeren Zuschnitt verpasst haben. Mittelfristig wird mit einer um 100 Flugzeuge geschrumpften Flotte geplant, die Schließung erster Flugbetriebe wurde bereits beschlossen.Doch neben den kurzfristigen Maßnahmen müssen auch langfristig Lehren aus der Krise gezogen werden. Auf den Prüfstand gehört die Liquiditätsplanung. Mit liquiden Mitteln von 3,4 Mrd. Euro bei einer Bilanzsumme von 43 Mrd. Euro und Umsätzen von 36 Mrd. Euro (Stand Ende 2019) war Lufthansa offensichtlich nicht krisenfest. Sehr schnell nach Ausbruch der Coronakrise musste die Lufthansa-Führung davor warnen, dass ihr auf Sicht das Geld ausgeht. Damit hat sie auch die letzten Investoren vergrault, mit deren Hilfe man sich vielleicht zusätzliche Mittel am Markt hätte besorgen können. Zum Vergleich: Ryanair kommt bei Erlösen von 7,7 Mrd. Euro und einer Bilanzsumme von 13,25 Mrd. Euro auf flüssige Mittel von 4 Mrd. Euro.Zu lange lag der Fokus der Lufthansa-Führung allein auf dem operativen Geschäft, auf Investitionen in neue Flugzeuge und neue Konzerntöchter. Finanzthemen fristeten dagegen ein Stiefmütterchen-Dasein. Daran dürfte sich so schnell auch nichts ändern, hat Lufthansa doch derzeit noch nicht einmal einen Finanzvorstand.