Im GesprächMichael Leue, Addleshaw Goddard

„Die Mandantenstruktur ist zunehmend internationaler geworden“

Die britische Kanzlei Addleshaw Goddard hat sich mit Fokus auf Mid Caps innerhalb weniger Jahre im deutschen Markt etabliert. Deutschlandchef Michael Leue erörtert im Gespräch, wie sich das hiesige Geschäft in die globale Strategie der Sozietät einfügt und welche Beratungssegmente das Wachstum treiben.

„Die Mandantenstruktur ist zunehmend internationaler geworden“

Im Gespräch: Michael Leue

„Wir haben signifikant eigenes Geschäft aufgebaut“

Der Deutschlandchef von Addleshaw Goddard über die Expansion in Kontinentaleuropa und die Wachstumstreiber der Kanzlei

Von Sabine Wadewitz, Frankfurt

Die britische Kanzlei Addleshaw Goddard hat sich mit Fokus auf Mid Caps innerhalb weniger Jahre im deutschen Markt etabliert. Deutschlandchef Michael Leue erörtert im Gespräch, wie sich das hiesige Geschäft in die globale Strategie der Sozietät einfügt und welche Beratungssegmente das Wachstum treiben.

Die britische Kanzlei Addleshaw Goddard ist vor fünf Jahren mit einem ersten Büro in Hamburg in Deutschland an den Start gegangen. Es war der erste Expansionsschritt der vor 250 Jahren in Leeds gegründeten Traditionskanzlei nach Kontinentaleuropa. Zuvor expandierte die Sozietät im Heimatmarkt, 2012 eröffnete sie zudem mehrere Büros im Nahen Osten und  in Asien.

Deutliches Wachstum

Die Kanzlei war in den vergangenen Jahren bestrebt, die internationale Reichweite zu vergrößern. „Ausgangspunkt war der Bedarf unserer internationalen Mandanten, die in Europa tätig sind, als auch deutschen Mandanten nach grenzüberschreitender Beratung. Damit ist die Mandantenstruktur zunehmend internationaler geworden“, sagt Michael Leue, Deutschlandchef von Addleshaw Goddard.

Mit dem Schritt nach Deutschland habe die Kanzlei ein Angebot für Mandanten in Kontinentaleuropa geschaffen. Über die Jahre habe Addleshaw sukzessive eigene Standorte in Schlüssel-Jurisdiktionen eröffnet – zuletzt in Saudi-Arabien und Spanien.

Nach jüngsten Zahlen hat die Wirtschaftskanzlei den Umsatz im Ende April abgeschlossenen Geschäftsjahr 2023/24 global mit 2.700 Mitarbeitenden um 12% auf 580 Mill. Euro gesteigert. Der Gewinn kam den Angaben zufolge um 14% auf 246 Mill. Euro voran. Der größte Sektor Financial Services habe 30% zum Ergebnis beigetragen.

„Deutschland hatte für die Kanzlei als stärkste Volkswirtschaft in Kontinentaleuropa und mit Blick auf die Nachfrageseite erste Priorität in der Expansion“, sagt Leue. Fünf Jahre nach dem Start ist Addleshaw im deutschen Markt inzwischen an vier Standorten vertreten. Nach Hamburg, Frankfurt und München wurde Anfang 2024 mit einem Team im Energie- und Regulierungsrecht sowie Immobilienrecht ein Büro in Berlin eröffnet. Inzwischen sind 80 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an Bord, darunter 20 Partner. Dem deutschen Arm der Kanzlei wurde im jüngsten Zahlenwerk ein Umsatzwachstum „über Plan“ attestiert, ohne ins Detail zu gehen.

Full-Service-Ansatz

Die Kanzlei habe in Deutschland mit einem Full-Service-Ansatz ein „signifikant eigenes Geschäft aufgebaut“, hebt Leue hervor. Sie berate aber auch in grenzüberschreitenden Mandaten und kümmere sich um aus Großbritannien heraus übertragende Aufträge. „Wir wollen mit einem Fuß im nationalen und dem anderen Fuß im internationalen Markt stehen. Nur wer das tut, hat auch langfristig die Kompetenzen zur grenzüberschreitenden Beratung − in alle Richtungen“, unterstreicht der Anwalt. Neben der lokalen Mandantenbasis habe die gemeinsame internationale Entwicklung von Mandaten große strategische Bedeutung.

Über die Partnerzugänge in Deutschland habe Addleshaw eine starke Corporate-Praxis entwickelt. „Wir sehen das Gesellschaftsrecht und insbesondere das Transaktionsgeschäft als Motor der Praxis, da dieses viele weitere Rechtsgebiete einschließt und damit deren Weiterentwicklung unterstützt“, sagt Leue. Im Transaktionsgeschäft begleite die Kanzlei klassische M&A-Deals, dabei vor allem grenzüberschreitende Unternehmenskäufe und -verkäufe.

In PE-Transaktionen am Ball

Stark involviert sei Addleshaw auch in Transaktionen von britischen oder kanadischen PE-Häusern in Deutschland. So habe die Kanzlei die in Montreal ansässige Valsoft in der Buy-and-Build-Strategie der Investmentgesellschaft begleitet, darunter die Mehrheitsübernahme des Berliner Verlagsdienstleisters Klopotek.

Mit Blick auf weitere Mandate verweist Leue auf die Beratung des Netinera-Konzerns bei der Finanzierung von 41 neuen Siemens-Elektrozügen für das mitteldeutsche S-Bahn-Netz in Leipzig. Die Kanzlei habe vor einigen Jahren ein eigenes Modell zur Zugfinanzierung entwickelt, das sich nach den Worten von Leue zum „Marktstandard“ entwickelt hat.

Addleshaw Goddard stand auch dem Strom- und Gasanbieter Octopus Energy in der Post-Merger-Integration nach der Übernahme des britischen und deutschen Privatkundengeschäfts von Shell zur Seite und in der Übernahme des Berliner Tech-Start-ups Kwest. Außerhalb von Transaktionen begleite die Corporate-Praxis ein breites Spektrum an Restrukturierungen sowie Nachfolgethemen oder Streitigkeiten unter Gesellschaftern.

Ein Wachstumsmotor sei auch das Segment Banking and Finance genau so wie das Dispute-Team mit verschiedensten Streitigkeiten und internationalen Schiedsgerichtsverfahren. Als starke Säulen hebt Deutschlandchef Leue auch Immobilien- und Baurecht, Vergaberecht sowie Energie- und Regulierungsrecht hervor.

Starke Corporate-Praxis

In den Mandaten ziele Addleshaw auf das Mid-Cap-Segment. Mit den an Bord gegangenen Teams und Partnern sei die Kanzlei hierzulande groß genug, um diesen Anspruch im Full-Service-Ansatz abzubilden, sagt Leue. „Wir sind dabei, ein paar kleine Lücken zu schließen“, ergänzt er und nennt die Bereiche Steuern und Arbeitsrecht. „Vor allem aber geht es aber darum, in den bestehenden Praxen auszuweiten. Die Corporate-Praxis hat noch viele Chancen, was auf die anderen Bereiche abstrahlen wird“, sagt Leue. Auch im Energie- und Regulierungsrecht rechnet sich Leue Wachstumschancen aus. Die Hoffnung ruhe auf Transaktionen, aber genau so auf einer steigenden internationalen Nachfrage nach energierechtlicher Kompetenz in Deutschland. Auch Aufträge im Vergaberecht und im Thema Compliance dürften aus Sicht der Kanzlei zunehmen.

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