Die Mischung macht's

Von Sabine Wadewitz, Frankfurt Börsen-Zeitung, 10.11.2015 Mit dem Thema Gleichstellung tun sich viele Unternehmen nach wie vor schwer. Bis Ende September mussten Firmen zwar erstmals Zielgrößen für den Anteil von Frauen in Führungspositionen...

Die Mischung macht's

Von Sabine Wadewitz, FrankfurtMit dem Thema Gleichstellung tun sich viele Unternehmen nach wie vor schwer. Bis Ende September mussten Firmen zwar erstmals Zielgrößen für den Anteil von Frauen in Führungspositionen festlegen. Dabei trat allerdings nicht gerade ausgesprochener Ehrgeiz zutage. Viele Konzerne bleiben erst einmal auf der sicheren Seite und halten am Status quo fest. Doch über die Jahre wird das keine Alternative bleiben. Diversity wird zunehmend eingefordert – innerhalb der Unternehmen, aber auch von Auftraggebern und Kunden. Rechtsanwaltskanzleien sind bereits daran gewöhnt, dass sie Beratungsmandate von US-Kunden nur noch bekommen, wenn sie gemischte Teams vorweisen können.Viele Unternehmen, die Rekrutierungsprobleme äußern, müssen sich bescheinigen lassen, in der Vergangenheit das Thema Gleichstellung und Vielfalt nicht mit dem notwendigen Engagement verfolgt zu haben. Aus Firmen, die bereits weit gekommen sind, ist zu hören, dass sich erst dann etwas bewegt habe, als Gleichstellung zum strategischen Ziel erklärt wurde und als Key Performance Indicator (KPI) in das zentrale System zur Beurteilung des unternehmerischen Erfolgs integriert wurde. Zuvor sei Frauenförderung zwar ein übergeordnetes Ziel gewesen, doch keiner habe sich dafür verantwortlich gefühlt beziehungsweise wurde in seiner Performance daran gemessen. Mit der Integration in die KPIs sei geradezu ein Wettstreit um Diversity ausgelöst worden.Wo Gleichstellung erfolgreich verwirklicht wird, weiß man, dass es nicht ohne Umwege geht – auch in Branchen wie der Chemie, wo der Männeranteil im Gesamtkonzern traditionell hoch ist und man weit davon entfernt ist, dass Frauen die Hälfte der Firma ausmachen und die Hälfte des Himmels beanspruchen können. Eine weibliche Führungskraft aus der Chemie setzt auf das Erfolgsrezept, wonach in jeder Bewerbungsrunde Männer und Frauen jeweils in gleicher Zahl auftauchen müssen. Wenn keine qualifizierte Frau für einen der weiblich zu besetzenden Jobs zur Verfügung stehe, bleibe die Stelle zunächst vakant. Auch habe sich bewährt, das in Teams mindestens drei Frauen arbeiten, damit die Mischung stimmt. In internationalen Konzernen geht Diversity weiter, und die Vielfalt betrifft zudem Herkunft, Kultur und Einstellungen.Das Darmstädter Life-Science-Unternehmen Merck hat sich jüngst mit einer “Charta der Gleichstellung” geschmückt. Damit unterstreicht das Familienunternehmen sein “Engagement für Gerechtigkeit, Fairness und Toleranz im Arbeitsleben”, sagte Kai Beckmann, der in der Geschäftsleitung für Personal verantwortlich ist. Mit der Charta verpflichteten sich die Parteien, “alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um die Gleichstellung von Frauen und Männern im Unternehmen zu verwirklichen”. Dazu gehörten Handlungsfelder “wie eine Existenz sichernde Arbeit, lebensphasenorientierte Arbeitszeiten, gleiche berufliche Entwicklungschancen, gleiches Entgelt für Frauen und Männer, mehr Frauen in Führungspositionen und die Schaffung von Netzwerken für Frauen”.Bei der Frauenquote hat Merck nach eigenem Bekunden bereits das ursprüngliche Ziel erreicht: Von 22 % im Jahr 2010 sei der Frauenanteil im Management bis 2014 auf 26 % ausgebaut worden. Diese Quote bezieht sich auf Führungspositionen in einem globalen Ranking von Stufe 14 bis zur Top-Position 25. Dabei ist der Anteil in den Landesgesellschaften höher als in der Zentrale am Stammsitz in Darmstadt, wird eingeräumt.Das strategische Ziel im Zuge der freiwilligen Dax-Selbstverpflichtung lautete, den Anteil weiblicher Führungskräfte global auf 25 bis 30 % zu erhöhen – Merck ist also gerade über den unteren Rand des Korridors gekommen. Dabei sind Frauen in der gesamten Belegschaft mit 41 % deutlich stärker vertreten. Merck hat jedoch – was im Kreis der Dax-Unternehmen noch nicht überall verbreitet ist – mit der Spanierin Belén Garijo eine Frau in der Geschäftsleitung. Im Aufsichtsrat liegt der Frauenanteil bei über 37,5 % – und erfüllt die gesetzlichen Vorgaben von mindestens 30 %. Halbe-halbe in KanadaFür Aufsehen in Sachen Diversity sorgt gerade das Einwanderungsland Kanada. Dort hat der neue Premierminister Justin Trudeau ein junges und ethnisch vielfältiges Kabinett zusammengestellt mit 15 Männern und 15 Frauen, die meisten unter 50. Gefragt nach den Beweggründen für die Geschlechterparität sagte Trudeau nur: “Because it’s 2015.”——–Viele Unternehmen tun sich noch schwer damit, ihre Diversity-Ziele zu erreichen.——-