Die Neuerfindung des Dienstwagens

Unternehmen benötigen alternative Mobilitätslösungen, um bei Mitarbeitern und Nachwuchstalenten zu punkten

Die Neuerfindung des Dienstwagens

Eine Limousine mit wohlklingendem Markennamen und tiefdröhnendem Motor, dazu eine exklusive Lederausstattung, neueste Assistenzfunktionen und natürlich glänzende Felgen – der Dienstwagen war für viele Mitarbeiter lange Zeit eine emotionale Angelegenheit. Doch das einstige Statussymbol, das oftmals für offene Münder gesorgt hatte, wird immer häufiger nur noch mit einem Schulterzucken zur Kenntnis genommen. Denn es hat in den vergangenen Jahren in der Gunst der Mitarbeiter verloren.Für Unternehmen stellt sich damit eine neue Herausforderung. Wenn sie heute als Arbeitgeber punkten wollen, müssen sie immer öfter anstelle eines Dienstwagens oder zumindest als Ergänzung alternative Angebote für Mitarbeiter und potenzielle Nachwuchskräfte finden. Dazu müssen sie sich mit den aktuellen Mobilitätsbedürfnissen auseinandersetzen: Welche Incentives erscheinen tatsächlich attraktiv? Was benötigen die Mitarbeiter wirklich? Gibt es bestehende Lösungen, oder sollte ganz neu gedacht werden? All dies sind Fragen, die für Unternehmen – nicht zuletzt im vielzitierten “war for talents” – eine besondere Bedeutung bekommen. Der Kampf im StadtverkehrUm die Entwicklung zu verstehen, muss man sich mit dem heutigen Verständnis von Mobilität auseinandersetzen. Wir beobachten bereits seit Jahren, dass sich die Nutzung des Autos und damit auch die Anforderungen der Fahrer deutlich wandeln. Insbesondere in den Großstädten bedeutet ein eigenes Fahrzeug für den Nutzer, dass er sich tagtäglich – ob nun auf dem Weg zur Arbeit oder beim Einkaufen – mit dem zunehmenden Verkehr auseinandersetzen muss.Dazu zählt auch die aufwendige Parkplatzsuche. Selbst mit einem Kleinwagen ist der Fahrer gezwungen, nach Feierabend den geeigneten Parkraum zu finden – und der ist in den Städten Mangelware. Einer Studie des Verkehrsanalysten Inrix zufolge verbringen deutsche Autofahrer im Schnitt mehr als 40 Stunden an Lebenszeit pro Jahr mit der Suche nach einem Parkplatz, nur um ihren Wagen abstellen zu können. In Städten wie Frankfurt am Main, Berlin oder Düsseldorf sind es sogar mehr als 60 Stunden.Und wenn der Wagen steht, dann steht er für lange Zeit. Nicht ohne Grund gilt das Auto als eines der am schlechtesten ausgelasteten Gebrauchsgüter in Deutschland: Nach Angaben des Kraftfahrzeugbundesamtes beträgt die durchschnittliche Fahrtstrecke pro Nutzer und Tag nur 39 Kilometer. Zeitlich gesehen bleibt ein Fahrzeug zu 96 % ungenutzt. Verstärkt wird die Entwicklung von einem veränderten Werteverständnis insbesondere bei der jüngeren Generation. Umwelt- wie auch Gesundheitsbewusstsein der Menschen haben in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten deutlich zugenommen. Das resultiert zum Beispiel darin, dass es viele Mitarbeiter bevorzugen, mit dem Fahrrad ins Büro zu kommen, um sich körperlich zu betätigen, oder die S-Bahn in die City zu nehmen, um den Wagen nicht für einen einzelnen Nutzer zu bewegen. Und wenn es doch ein eigenes Auto sein soll, dann soll es wiederum ökologisch sinnvoll eingesetzt werden und einen geringen CO2-Ausstoß aufweisen.All diese Rahmenbedingungen tragen wesentlich dazu bei, dass sich die sogenannte Sharing Economy immer mehr durchsetzt. Die Menschen wollen ans Ziel kommen – und das möglichst einfach und flexibel. Sie wollen kein festes Auto, sondern ein Fortbewegungsmittel, das ihrem augenblicklichen Bedarf entspricht. Das können ein Kompaktwagen für den City-Trip sein, ein Kombi zum Baumarkt oder ein Carsharing-Auto für die Einwegfahrt zum Flughafen.Was bedeutet das nun für die Unternehmen? Kurzfristig wird der klassische Dienstwagen sicherlich nicht durch ein Carsharing-Auto oder den öffentlichen Personennahverkehr ersetzt werden. Doch der Trend ist ein-deutig: Ein Auto zum Teilen oder die Bahn werden als Alternative immer beliebter. So gehen Unternehmen vermehrt dazu über, ihren Mitarbeitern anstelle eines Dienstwagens etwa eine Bahncard, ein Carsharing oder eine Mietwagen-Flatrate für Vielreisende anzubieten. Mobility as a ServiceDoch ein solches Angebot ist nur ein erster Schritt. Denn letztlich sind die Nutzer damit auf eine bestimmte Mobilitätsform festgelegt. In Zeiten der Digitalisierung werden Services immer stärker vernetzt – wieso nicht auch die Mobilität? Eine gängige Alternative wäre also ein Mobilitätsbudget, das es den Mitarbeitern erlaubt, für ihre Zwecke frei unter mehreren Transportmitteln wählen zu können.Idealerweise arbeitet ein Unternehmen dazu mit einem Anbieter zusammen, der tatsächlich mehrere Mobilitätsformen aus einer Hand zu einem kompakten Angebot zusammenfassen kann. Dann haben die Mitarbeiter keinen festen Wagen, aber einen festen Ansprechpartner, um rundum und bedarfsgerecht mobil zu sein.Die Boston Consulting Group (BCG), eine der weltweit größten Unternehmensberatungen, ist aus diesem Grund eine Kooperation mit Sixt eingegangen, um für ihre Mitarbeiter eine umfassende Mobilität zu gewährleisten. Unter dem Namen Mobility as a Service (MaaS) haben beide Unternehmen für die Berater von BCG in Deutschland und Österreich ein Mobilitätsbudget entwickelt, das ihnen eine umfassende Palette an Transportmitteln je nach Bedarf eröffnet.Dabei schnürt Sixt seine Services – klassische Autovermietung sowie Premium-Carsharing und Transferservice – zu einem Paket und arbeitet daran, sukzessive weitere Mobilitätsdienste einzubeziehen. Ergänzt wird das Angebot seitens BCG durch die Möglichkeit, auch Fahrräder und Bahntickets nutzen zu können. Von besonderer Bedeutung ist auch die “Reichweite” des Angebots, denn die Mitarbeiter von BCG können MaaS in mehr als 60 Ländern weltweit in Anspruch nehmen.MaaS funktioniert zudem als Incentive für Mitarbeiter und kann steuerlich sogar vorteilhafter sein als eine Gehaltserhöhung. Darüber hinaus bietet das Budget den Unternehmen auch gestalterische Flexibilität: Welcher Nutzer wie viel Budget bekommt, entscheidet das jeweilige Unternehmen ganz individuell – ob nun für jeden Nutzer einzeln, nach Hierarchiestufen oder einheitlich für alle.Der Erfolg der Kooperation von BCG und Sixt zeigt, dass solche alternativen Angebote gefragt sind: Während 40 % der BCG-Berater aus Deutschland und Österreich einen Dienstwagen fahren, haben sich seit Beginn des laufenden Jahren weitere 40 % für das neue Mobilitätsangebot entschieden – Tendenz steigend. So hat BCG innerhalb kurzer Zeit die Zahl der Berater verdoppelt, die ein Mobilitätsangebot ihres Arbeitgebers nutzen. Speziell bei jüngeren Mitarbeitern aus der Generation Y sind die neuen Mobilitätsangebote stark nachgefragt. Mobilität im Abo?Ein solches Budget ist noch lange nicht der Weisheit letzter Schluss. Denkbar wären mehrere Weiterentwicklungen für die Zukunft. Das betrifft zum Beispiel die Ausweitung bestehender Budgets auf Arbeitnehmer in mehreren Ländern. Was über eine einheitliche Plattform übrigens einfach zu regeln wäre. Abgerundet würde das Paket, wenn die Nutzung auch für den geschäftlichen Bereich gilt – vorausgesetzt, dass vorher die notwendigen steuerlichen Fragen geklärt sind.Mobilitätsbudgets könnten sogar den Vorteil haben, völlig vom beruflichen Umfeld abgekoppelt zu werden. Als Privatkunde einfach ein Mobilitätsabonnement, also ein Paket zum Beispiel mit Mietwagen, Carsharing-Auto und Transferservice, pauschal für einen bestimmten Betrag einkaufen – warum nicht?All dies zeigt aber, dass das Thema Mobilität auch in den Unternehmen wortwörtlich in Bewegung geraten ist. Gerade in den Metropolregionen müssen sie sich heute mehr denn je damit beschäftigen, wie sie qualifizierte Mitarbeiter halten und werben können, um auch künftig im Wettbewerb zu bestehen. In Zeiten, in denen die Menschen dank moderner Technologien mobiler und flexibler sind denn je, zählt nicht mehr allein der Dienstwagen. Vielmehr geht es darum, diesen neu zu erfinden.—Alexander Sixt, Vorstand Organisation und Strategie der Sixt SE