Die Tesla-Rakete zündet nicht
Die Erwartungen an den “Battery Day” des Elektroautobauers Tesla waren selbst für CEO und Mitgründer Elon Musk im Vorfeld der Veranstaltung zu hoch gestiegen. Der Visionär, der sonst gerne selbst die Erwartungen schürt, sah sich genötigt, die wilden Spekulationen schon im Vorfeld zu bremsen. Die Präsentation hat dann gezeigt, dass auch Tesla letztlich nur mit Wasser kocht.Von Sebastian Schmid, FrankfurtEine drastische Senkung der Batteriekosten bei gleichzeitiger Steigerung der Leistungsfähigkeit und einer größeren Unabhängigkeit von Zellproduzenten wie Panasonic, LG und CATL haben sich die Tesla-Fans vom “Battery Day” des Unternehmens erhofft. Diese Träume waren von CEO Elon Musk bereits am Tag vor dem Event eingefangen worden. Tesla plane die Zellkäufe bei den Partnern Panasonic, LG und CATL zu steigern und nicht zu reduzieren, kündigte Musk via Twitter an. Auch die wesentlich günstigere Batterie, die einen Tesla für 25 000 Dollar vor Subventionen ermöglichen soll, wird es wohl erst in ein paar Jahren geben. Bis dahin soll sich der Preis pro Kilowattstunde in etwa halbieren. Musk zeigte eine neuartige Batterie, die um 56 % billiger je Kilowattstunde sein soll und zudem bei gleichbleibendem Gewicht 54 % mehr Reichweite verspreche. Tesla erwartet, ab 2022 eigene Batteriezellen in größerer Stückzahl zu produzieren – allerdings nicht genug, um den eigenen Bedarf zu decken.Momentan gibt es für die anderen Zellproduzenten wenig Anreiz, ihre Preise angesichts der drastisch gestiegenen Nachfrage zu senken. Fast alle Autobauer erklären, dass derzeit die Zellverfügbarkeit der wesentliche Bremsklotz in der Produktion von E-Autos und Plug-in-Hybriden ist. Überdies zeigt eine Studie der Internationalen Energieagentur (IEA) und des Europäischen Patentamts (EPA), dass sowohl Amerikaner als auch Europäer in der Batterieentwicklung der asiatischen Konkurrenz hinterherlaufen. Ganz Europa – also nicht nur die Europäische Union – kam 2018 auf nur 1 021 Stromspeicher-Patente. Das waren nicht einmal halb so viele, wie Japan anmeldete mit 2 339, und auch weniger als Südkorea mit 1 230. Wie Tesla beziehen auch die deutschen Autobauer ihre Batteriezellen bislang primär von fernöstlichen Produzenten. So setzt BMW in der Batteriemodulproduktion etwa auf Zellen von CATL, Samsung SDI und Northvolt.Die IEA schätzt, dass die künftige Nachfrage nach Stromspeichern genorm sein wird – von einer Verfünfzigfachung des Bedarfs bis 2040 ist die Rede. Entsprechend wird nicht nur ein rasanter Ausbau der Zellproduktion, sondern auch der Rohstoffförderung vonnöten sein. Rahmenbedingungen, die Tesla-CEO Musk offenbar zu einer größeren Zurückhaltung bei seinen diesbezüglichen Ankündigungen bewogen haben. Enstsprechend enttäuscht reagierten die Anleger. Die Tesla-Aktie verlor bis Mittwochmittag 9 %.Noch brummt das Geschäft von Tesla indes. Obwohl zum Halbjahr erst 180 000 Autos ausgeliefert worden sind, hält der Elektroauto-Marktführer am Jahresziel von einer halben Million Fahrzeugauslieferungen fest (siehe Grafik). In weniger als einer Dekade hat es der kalifornische Autobauer vom absoluten Nischenanbieter zu einem der größten Premiumautobauer der Welt gebracht. Mit einem E-Auto, das unsubventioniert zum Preis eines VW Golf angeboten würde, könnte Tesla sogar an dem Volumenhersteller vorbeiziehen, glaubt Musk. Seine langfristige Zielsetzung sei ein jährliches Produktionsvolumen von 20 Millionen Fahrzeugen, ließ er wissen. Das wäre fast doppelt so viel, wie Weltmarktführer VW im vergangenen Jahr absetzen konnte. Auch Volkswagen, die am gestrigen Mittwoch mit dem ID.4 ihr zweites batterieelektrisches Auto auf Basis des Modularen E-Antriebs-Baukastens (MEB) vorgestellt hat, sieht in Tesla künftig den Hauptkonkurrenten. Hinter dem ZeitplanAllerdings zündet Musks Rakete noch länger nicht. Die Ankündigung, das günstige E-Auto, von dem es weder Name noch Prototyp gab, werde eventuell in drei Jahren fertig, lässt der Konkurrenz noch einige Jahre Zeit, um selbst im E-Auto-Geschäft fester Fuß zu fassen. Zumal Tesla das ursprüngliche Preisziel für das Model 3 von 35 000 Dollar auch drei Jahre nach dem Verkaufsstart noch nicht erreicht hat. Im Schnitt wird das Auto für knapp 50 000 Dollar verkauft.