Corporate Finance AwardSimcorp-Übernahme

Die Transformation der Deutschen Börse

Die Übernahme von Simcorp war nicht nur die größte in der Geschichte der Deutschen Börse. Sie hatte auch große transformatorische Wirkung.

Die Transformation der Deutschen Börse

Corporate Finance Award: Die Preisträger (3)

Transformation der Deutschen Börse

Simcorp war die größte Übernahme der Firmengeschichte – „Wir wussten, dass der Deal anspruchsvoll gewesen ist“

phh Frankfurt
Von Philipp Habdank, Frankfurt

Es war der größte M&A-Deal in der Geschichte der Deutschen Börse: die mit 3,9 Mrd. Euro bewertete Übernahme des dänischen Spezialsoftware-Anbieters Simcorp. Dafür, vor allem aber für die weitreichenden transformatorischen Folgen des Deals, erhielt die Deutsche Börse den Corporate Finance Award der Börsen-Zeitung in der Kategorie Digital.

Das finale Puzzleteil

Simcorp ist weit mehr als eine teure Übernahme, die das anorganische Wachstum der Gruppe beschleunigt. Der Anbieter von Investment-Management-Lösungen für große Versicherungen, Assetmanager und Pensionskassen ist das finale Puzzlestück des neu geschaffenen Geschäftsfelds Investment Management Solutions. Dort bündelt die Gruppe ihre bestehenden Tochtergesellschaften Institutional Shareholder Services (ISS), Stoxx und Axioma.

Der von CEO Theodor Weimers designiertem Nachfolger Stephan Leithner verantwortete Bereich Investment Management Solutions ist ein Kernpfeiler der neuen Strategie „Horizon 26“, über die der Anteil wiederkehrender Erlöse steigen soll, um die Deutsche Börse unabhängiger vom zyklischen Handelsgeschäft zu machen. Inzwischen hat der Kapitalmarkt die Logik hinter dem Simcorp-Deal verstanden.

Erklärungsbedürftiger Deal

Doch das war nicht immer so. Investoren straften die Deutsche Börse unmittelbar nach Bekanntwerden ihres Mega-Deals erst einmal mit Kursverlusten ab. „Wir wussten, dass der Deal anspruchsvoll gewesen ist und auch für den Markt anspruchsvoll zu verstehen war“, sagt Leithner im Corporate-Finance-Award-Podcast der Börsen-Zeitung. Daher habe es noch den jährlichen Kapitalmarkttag der Deutschen Börse gebraucht, um dem Markt die strategische Logik zu erklären und die Zweifel ob der komplexen Übernahme auszuräumen.

Kunden standen hinter dem Deal

„Entscheidend ist, dass die ganze Organisation und der ganze Vorstand geschlossen hinter der Transaktion standen“, sagt Leithner. Die Kunden hätten es ohnehin von Anfang an und seien einer der Treiber hinter der Simcorp-Transaktion gewesen. So habe CEO Weimer schon zu Beginn seiner Amtszeit die wachsende Bedeutung von institutionellen Kunden für die Deutsche Börse erkannt – neben den traditionellen Banken und Händlern. Die Suche nach Simcorp habe folglich schon vor sechs oder sieben Jahren begonnen.

Es war eine Reihe von Schritten, die uns zu Simcorp hingeführt haben.

Stephan Leithner, Deutsche Börse

„Es war eine Reihe von Schritten, die uns zu Simcorp hingeführt haben“, sagt Leithner, der den Deal zusammen mit Weimer eingefädelt hat. Der erste Schritt sei 2019 die deutlich kleinere Übernahme von Axioma gewesen. Sie habe die Deutsche Börse strategisch schon anders positioniert und liefere heute Synergien mit Simcorp, weil beide Unternehmen komplementär entlang der Wertschöpfungskette seien, erläutert Leithner.

Der Kauf von Axioma hatte für die Börse einen weiteren Vorteil. Da Axioma schon vor Jahren eine Partnerschaft mit Simcorp eingegangen war, wussten Leithner & Co., wie Simcorp tickt, und konnten sich sicher sein, dass die Kulturen der Unternehmen gut zusammenpassen. „Der Kultur-Teil ist das, was bei M&A häufig unterschätzt wird“, sagt der M&A-erfahrene Leithner. Die operative Nähe zu Simcorp bezeichnet Leithner rückblickend als große Chance bzw. einen der Erfolgsfaktoren für die geglückte Übernahme.

Der Kultur-Teil ist das, was bei M&A häufig unterschätzt wird.

Stephan Leithner, Deutsche Börse

Herausfordernd sei für die Gruppe gewesen, dass zwei größere Transaktionen parallel stattfanden. Denn nach der Übernahme von Axioma führte die Deutsche Börse Axioma mit ihrem Index-Geschäft zusammen und gründete Qontigo. Im Rahmen dieser Transaktion kam der Wachstumsinvestor General Atlantic mit an Bord, der 720 Mill. Dollar in Qontigo investierte. Ein wichtiger Erfolgsfaktor in dieser Zeit war Leithner zufolge, dass die Deutsche Börse über ein Team mit viel M&A-Erfahrung verfügte.

„Ruhe bewahren“

Die Krux dabei war jedoch, sich ob des langen Zeithorizonts der Übernahme nicht unter Druck setzen zu lassen. „Da muss man Ruhe bewahren“, sagt Leithner. Die Organisation dürfe sich in so einer Situation nicht komplett vom „Deal-Fieber“ packen lassen. Sehr wichtig sei mit Blick auf die lange Zeitachse auch das Vertrauensverhältnis zu Simcorp gewesen – zumal die Verhandlungen teilweise auch noch in die Pandemie-Zeit gefallen sind. Die gesamten Verhandlungen beschreibt Leithner rückblickend daher als eine „große intensive Videokonferenz“.

Zuletzt erschienen: Private Equity schmiedet Gasekonzern in Familienhand (27.3.)

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