Diesel-Gipfel gewährt Aufschub

Autobauer müssen wohl vorerst nur Software nachbessern - Politik will mehr

Diesel-Gipfel gewährt Aufschub

ge Berlin – Schnelle Erfolge müssen her beim heutigen Diesel-Gipfel. Die Bundesregierung muss wenige Wochen vor der Wahl Durchsetzungsstärke zeigen gegen eine durch Betrügereien, Tricksereien und wohl auch Kartellabsprachen geschwächte, aber dennoch gut verdienende deutsche Autoindustrie. Die Branche wird Besserung geloben – ohne dass dies zu teuer kommen darf. Zumindest bei einem ersten raschen Schritt wird sie wohl beim Diesel-Gipfel um Milliardenkosten für eine umfassende Abgasreinigung herumkommen – das ergibt sich aus dem Entwurf zur Abschlusserklärung des Treffens zwischen Bund, Ländern und Autoindustrie. Danach müssen sich die Hersteller zu einer (selbst finanzierten) Nachbesserung der Software zur Minderung des Stickoxid-(NOx)-Ausstoßes verpflichten.Weiter heißt es im Entwurf allerdings, dass diese Updates nur ein Anfang sein dürfen. “Weitere Schritte müssen folgen.” Hier will die Politik in den nächsten Monaten Umrüstungskonzepte oder Ideen zum Einbau zusätzlicher Abgassysteme sehen. Einschränkend gesteht Berlin zu, dass diese geforderten Lösungen technisch darstellbar und finanzierbar sein müssten. Ein Software-Update kostet etwa 100 Euro je Pkw. Eine technisch aufwendige Umrüstung des Abgassystems summiert sich schnell auf 1 500 Euro. Allein mit einem Software-Update erwartet Matthias Wissmann, der Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), “dass eine Verringerung der realen Stickoxidemissionen von durchschnittlich mindestens 25 % möglich ist”. Verhandlung im FrühjahrDie Autoimporteure, die für gut ein Drittel der hiesigen Neuzulassungen, aber “nur” für rund ein Fünftel der Diesel-Pkw stehen, wollen sich zunächst nicht zu Nachbesserungen verpflichten, verlautet aus Industriekreisen. Der Verband der Internationalen Kraftfahrzeughersteller (VDIK) – und nicht der VDI Verein Deutscher Ingenieure, wie gestern fälschlich berichtet wurde – nimmt wie sein deutsches Pendant VDA als Branchenvertreter am heutigen Gipfeltreffen teil. Obwohl sich die ausländischen Hersteller zunächst nicht zu Updates verpflichten wollen, geht die Regierung doch davon aus, dass sich die Importeure dem Druck nicht entziehen können und die drohende Wettbewerbsverzerrung somit in Zukunft entfällt.Berlin erwartet mit dem angepeilten Kompromiss ein Software-Update von rund zwei Millionen Autos – zusätzlich zu den mehreren Millionen Pkw etwa von VW, deren Nachrüstung ohnehin versprochen ist. Ziel des heutigen Gipfeltreffens unter Leitung der Verkehrs- und Umweltminister mit Vertretern von Ländern, Kommunen und Autoindustrie ist, drohende Fahrverbote für Dieselautos in Innenstädten zu vermeiden. Hier hatte zuletzt ein Urteil des Stuttgarter Verwaltungsgerichts Zweifel geweckt, ob ein Software-Update reicht, um die gesetzlichen NOx-Vorgaben einzuhalten. Ein ähnliches Urteil aus Düsseldorf soll voraussichtlich im ersten Quartal 2018 zur mündlichen Verhandlung vor das Bundesverwaltungsgericht kommen, hieß es in Leipzig. “Entsorgungsprogramm”Während die Software-Lösung auf die neueren, ab 2009 verkauften Euro-5- und Euro-6-Diesel zielt, soll es für ältere Selbstzünder eine Art Abwrackprämie geben, bezahlt von den Herstellern. Ford nutzte dies als Steilvorlage: Im Zuge eines “Entsorgungsprogramms” für ältere Dieselfahrzeuge wird Käufern eines neuen Ford für einen bis 2006 zugelassenen alten Diesel – egal welcher Marke – ein “Umweltbonus” zwischen 2 000 und 8 000 Euro gewährt. Die Händler übernähmen die Verschrottung kostenlos, um die Stinker aus dem Verkehr zu ziehen.