Digitaldruck auf dem Vormarsch
Die deutschen Druckmaschinenhersteller müssen sich etwas einfallen lassen. Denn der Markt für die herkömmlichen Offset-Maschinen, den die Deutschen zu zwei Dritteln beherrschen, wächst nur noch wenig. Beim Digitaldruck ist dagegen Musik drin. Doch diesen Markt dominieren amerikanische und japanische Konzerne. Das setzt die Deutschen unter Zugzwang.Von Daniel Schauber, FrankfurtWo steckt ein Finanzinvestor wohl lieber Geld hinein: In einen Druckmaschinen-Branchenprimus, der den Weltmarkt mit seinen Anlagen zu 40 % beherrscht? Oder lieber in einen insolventen Produzenten von Filmen und Fotokameras, dessen Produkte kaum einer benötigt, der aber ein bisschen im Geschäft mit Digitaldruckmaschinen mitmischt?Der Finanzinvestor Blackstone hat sich für Letzteres entschieden. Er wird wohl eine große Rolle spielen beim Comeback des Fotopioniers Kodak (vgl. BZ vom 10. Juli), der offenbar bald mit frischem Geld durchstarten kann. Das Unternehmen rutschte im vergangenen Jahr in die Insolvenz und hat die Produktion von Filmen und Kameras drastisch zurückgefahren. Zukunft hat aber die Fertigung von Digitaldruckmaschinen. So wird Kodak als Druckmaschinenhersteller neu geboren.Alte oder neue Technologie, leichtes oder kräftiges Wachstum – das ist die Gretchenfrage für den Investor auf der Suche nach Rendite. Während Experten dem Offset-Druck für die nächsten Jahre nur noch ein Wachstum von etwa 3 % pro Jahr zutrauen, gehen die Marktforscher davon aus, dass der Digitaldruck jährlich um 10 % bis 15 % zulegen kann. Noch geben die traditionellen Druckmaschinen den Ton an, doch die stark steigenden Verkäufe von Digitaldruckmaschinen legen nahe, dass die neue Drucktechnik die alte nach und nach ersetzt. Die deutschen Druckmaschinenhersteller Heidelberger Druck, Koenig & Bauer sowie die Manroland-Nachfolgegesellschaften in Offenbach und Augsburg müssen sich auf diesen Wandel einstellen, wenn sie sich nicht in die Nische zurückziehen wollen. Denn bisher sind sie im Digitaldruck vor allem mit Vertriebskooperationen tätig. Toner und Tinte statt FarbeWas Digitaldruck eigentlich genau ist, ist Definitionsfrage. Grob vereinfacht: Beim “analogen” Offset-Druck, der “alten” Technik, entsteht ein Text oder Bild, indem Farbe mit einer Druckplatte auf Papier gebracht wird. Beim Digitaldruck, der “neuen” Technik, wird Toner per Elektrofotografie (Xerografie) – ähnlich wie im Fotokopierer – auf Papier gebracht oder Tinte mit winzigen Düsen auf Papier gespritzt (Inkjet-Technologie). Von der technischen Seite aus gesehen arbeiten Digitaldruckmaschinen im Kern ähnlich wie Tintenstrahldrucker oder Farbkopierer. Deshalb wurzeln viele große Anbieter von Digitaldruckmaschinen auch nicht im klassischen Maschinenbau, sondern sind aus Büromaschinenherstellern oder Kameraproduzenten hervorgegangen, die ins Büroausrüstungsgeschäft diversifizierten. Und hier sind nicht die Deutschen, sondern die US-Amerikaner und Japaner führend: Aus den USA mischen Hewlett-Packard, Xerox und Kodak in dem Milliardenmarkt mit, aus Japan Canon, Ricoh sowie Konica Minolta. Einziger nennenswerter Digitaldruckhersteller aus Europa ist die niederländische Oce. Spitzenmaschinen kosten mehr als 1 Mill. Dollar.Die digitalen Systeme sind vor allem bei kleineren Auflagen wirtschaftlich und treten gegen die kleineren Offset-Maschinen an. Deshalb versuchen die Hersteller “analoger” Druckmaschinen, ihre Maschinen auch für kleinere Auflagen wirtschaftlich zu machen. MilliardenumsätzeJe nachdem, wie weit man den Markt definiert, haben die Digitalmaschinenhersteller die Offset-Anlagenbauer auch schon überflügelt. Im gesamten Farbdigitaldruck kam Ricoh (ohne Desktop-Laserdrucker) schon im Jahr 2009 auf gut 4 Mrd. Dollar Umsatz, wie eine der detailliertesten Studien aus jüngerer Zeit zum Thema Digitaldruck zeigt. Xerox brachte es auf gut 3 Mrd., Canon und Konica Minolta jeweils auf rund 2,5 Mrd. und Oce auf rund 1,5 Mrd. Dollar. Kodak gehört bislang nur zu den kleineren Anbietern.