Digitalkonzerne laufen Industrie den Rang ab
Europas Unternehmen als Gejagte: Apple, Amazon & Co sind bei Investoren auf dem Siegeszug. Erstmals zählen allein amerikanische und chinesische Digitalkonzerne zu den sechs wertvollsten Unternehmen weltweit. Mit SAP, Siemens und Bayer sind nur mehr drei Dax-Adressen unter den Top 100 global.wb Frankfurt – Amerikanische und chinesische Digitalkonzerne dominieren das Ranking der teuersten Unternehmen. Und sie haben im ersten Halbjahr 2018 kräftig zugelegt. Der Börsenwert der sechs schwersten Gesellschaften auf dem Globus – erstmals allesamt Digitalkonzerne – ist um gut 500 Mrd. Euro gestiegen – ein Plus von 13 %. Obwohl die europäische Wirtschaft sich derzeit erholt und gerade die deutschen Konzerne in Umsatz und Gewinn zulegen, spielen Europas und Deutschlands Top-Konzerne an den Weltbörsen nur eine untergeordnete Rolle. US-Gruppen dominieren nach wie vor – und wenn überhaupt, sind eher asiatische Rivalen in der Lage, ihnen Paroli zu bieten. Offenbar schaffen es europäische Unternehmen zu selten, den Investoren ein überzeugendes Zukunftsmodell zu vermitteln.Wie aus einer Analyse der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft EY weiter hervorgeht, sinkt gleichzeitig die kumulierte Bewertung aller Top-100-Unternehmen seit Jahresbeginn leicht – um 0,3 % – auf 20,0 Bill. Dollar. US-Gruppen vereinen derzeit 64 % des Gesamtvolumens auf sich, Asiaten machen 19 % aus, Europäer lediglich 16 %. Amazon räumt abDas wertvollste Unternehmen der Welt ist und bleibt Apple – der Marktwert liegt zurzeit bei 905 Mrd. Dollar. Auf dem zweiten Rang folgt Amazon. Das Online-Konglomerat hat im Vergleich zum Jahresbeginn zwei Plätze gutgemacht und den Börsenwert um 43 % auf 806 Mrd. Dollar gesteigert. Das ist ein Zuwachs von 240 Mrd. Dollar in sechs Monaten und damit so viel, wie die beiden teuersten deutschen Konzerne SAP und Siemens derzeit zusammen auf die Waage bringen. Die Plätze 3 bis 5 belegen mit Alphabet, Microsoft und Facebook ebenfalls US-Digitalkonzerne, gefolgt von Alibaba, dem chinesischen Internetkonzern. Auf dem achten Rang liegt mit Tencent der Erzrivale von Alibaba.Nicht nur in den Top 10 der wertvollsten Konzerne global dominieren inzwischen Digitalkonzerne, sondern auch im Top-100-Ranking haben Unternehmen mit digitalen Geschäftsmodellen enorm an Bedeutung gewonnen: Ihre Zahl steigt von 18 auf 22, während gleichzeitig die Zahl der Banken und Versicherungen von 22 auf 16 zurückgeht. Mit Aramco strebt 2019 ein Schwergewicht an den Kapitalmarkt: Saudi-Arabien will zunächst weniger als 5 % des weltgrößten Öllieferanten in private Hände überführen und 100 Mrd. Dollar einnehmen. London ist offenbar bereit, seine Börsenregeln aufzuweichen, um ein Aramco-Listing auf sich zu ziehen. GE, die 2016 noch unter den Top 10 rangierte (wenn Finanzinstitute nicht einbezogen werden), liegt nunmehr an 52. Stelle.”Investoren setzen derzeit vor allem auf Unternehmen mit digitalen Geschäftsmodellen, die bei vergleichbaren Umsätzen und Gewinnen zum Teil drastisch höhere Börsenwerte erzielen als Unternehmen aus traditionellen Branchen”, beobachtet Hubert Barth, Vorsitzender der EY-Geschäftsführung in Deutschland. Anleger trauten Digitalunternehmen deutlich größere Wachstumschancen zu und rechneten damit, dass sie Strukturen anderer Branchen aufbrechen und ihrerseits die Regeln diktieren könnten, wie es einige Internetkonzerne bereits geschafft haben. “Die Digitalisierung ist derzeit der wichtigste Megatrend – und europäische Konzerne scheinen eher zu den Gejagten als zu den Jägern zu gehören”, so Barth. Sie konnten im Halbjahr nicht vom Aufwärtstrend an den internationalen Börsen profitieren. Shell vor NestléDie Zahl der europäischen Unternehmen im Top-100-Ranking sank seit Jahresbeginn von 24 auf 22 – Nordamerika ist mit 57 Unternehmen vertreten (Jahresbeginn: 55), Asien nach wie vor mit 21. Allerdings sind die europäischen Top-Konzerne insgesamt deutlich weniger wert als die Konkurrenz aus Nordamerika und China. Insgesamt kommen alle europäischen Unternehmen auf einen Börsenwert von 3,1 Bill. Dollar, 3 % weniger als vor einem halben Jahr. Asiatische Konzerne bringen es auf 3,8 Bill. Dollar (minus 5 %), und Nordamerikaner kommen auf 12,8 Bill. Dollar (plus 2 %).Als teuerstes europäisches Unternehmen platziert sich Shell mit einem Marktwert von 293 Mrd. Dollar auf Rang 13, Nestlé liegt mit 233 Mrd. Dollar an 21. Stelle. SAP ist mit 137 Mrd. Dollar auf Platz 58 das erste deutsche Unternehmen in den Top 100. Siemens (110 Mrd., Platz 73) und Bayer (103 Mrd., Rang 84) schaffen es ebenfalls unter die 100 teuersten Unternehmen. Ende 2017 waren noch sechs deutsche Unternehmen im Ranking vertreten.