Agrar- und Pharmaindustrie

Drastische Prognoserevision im Agrargeschäft von Bayer

Bei Bayer kommt mal wieder alles zusammen: Die Geschäftsaussichten haben sich verschlechtert, Impairments belasten das Ergebnis und auch der Cashflow klappt zusammen.

Drastische Prognoserevision im Agrargeschäft von Bayer

Bayer kappt Prognose für Agrargeschäft deutlich

Auch Pharma wird weniger liefern – Steigende Nettoverschuldung – Streit um Schürfrechte für Phosphat-Mine

ab Düsseldorf

Bei Bayer kommt mal wieder alles zusammen: geringere Wachstumsaussichten, höhere Sonderlasten und eine höhere Nettoverschuldung. Wenngleich der Agrar- und Pharmakonzern schon vor zwei Wochen mit einer Gewinnwarnung Gefahr in Verzug signalisiert hatte, lässt im Detail vor allem die gesenkte Prognose für die Pflanzenschutzsparte aufhorchen.

Butter bei die Fische hat Bayer mit der im Zwischenbericht veröffentlichten Prognoserevision für die Divisionen gereicht. Darin werden insbesondere die Erwartungen an die Pflanzenschutzsparte spürbar und an die Pharmadivision leicht revidiert. In der Agrarchemie, der im Mai wenigstens noch ein kleines Umsatzwachstum zugetraut wurde, wird nun mit einem Umsatzrückgang um 5% gerechnet. Noch deutlicher fällt der Ergebniseinbruch aus, wird die Umsatzrendite der Sparte doch nur noch bei 21% gesehen, nach 25% im Mai.

Auch der Pharmasparte wird im laufenden Turnus kein Wachstum mehr zugetraut. Die Margenerwartung wird auf 28 (zuvor: 29)% gesenkt. Einzig der Ausblick für Consumer Health, die kleinste Sparte, hat Bestand. Dort soll bei einem Erlösplus von 5% eine operative Umsatzrendite von 23% erwirtschaftet werden.

Belastung durch Glyphosat

Zugleich geht Bayer von höheren Sonderlasten aus, die das Ergebnis nach unten ziehen. Hatten die Leverkusener für 2023 zunächst mit Sonderlasten von 1 Mrd. Euro kalkuliert, sind es neuerdings 3,5 Mrd. Euro. Fast 3 Mrd. Euro davon wurden im ersten Halbjahr verarbeitet. Hintergrund dafür sind Impairments, die in erster Linie auf Geschäfts- und Firmenwerte im Segment Cropscience vorzunehmen waren und vornehmlich mit den verschlechterten Geschäftsaussichten für glyphosathaltige Herbizide in Zusammenhang stehen, wie aus dem Zwischenbericht hervorgeht.

Cashflow schnurrt zusammen

Wertminderungen in den zahlungsmittelgenerierenden Einheiten Maissaatgut samt Pflanzeneigenschaften, Baumwollsaatgut und Glyphosat wurden dagegen von Wertaufholungen im Geschäft mit Sojabohnensaatgut und Pflanzeneigenschaften komplett ausgeglichen. Saldiert beliefen sich die Sondereinflüsse in der Agrarchemie im Berichtsquartal auf 2,4 Mrd. Euro.

Infolgedessen schrieb die Division im zweiten Quartal vor Zinsen und Steuern einen Verlust von 2,2 Mrd. Euro. Der Spartenumsatz verringerte sich um währungsbereinigt 18,5% – allein mit Glyphosatprodukten wurden 1,2 Mrd. Euro weniger erlöst. Zugleich brach das bereinigte operative Ergebnis vor Abschreibungen (Ebitda) um fast 60% ein. Der operative Cashflow schnurrte auf 338 (i.V. 2.551) Mill. Euro zusammen.

Doch damit sind die schlechten Nachrichten nicht zu Ende, tut sich hinsichtlich der Glyphosatproduktion doch ein weiteres Rechtsrisiko auf, wie aus dem Zwischenbericht hervorgeht. NGOs haben die 2019 erteilte Schürferlaubnis für eine neue Phosphat-Mine im Bundesstaat Idaho erfolgreich gerichtlich angegriffen. Im Juni wurde die Erlaubnis aufgehoben. Bayer arbeite an einem Antrag für eine neue Schürfgenehmigung. Zugleich würden rechtliche Optionen sowie der Bezug von Phosphat aus anderen Quellen geprüft, heißt es. Phosphor wird zur Herstellung von Glyphosat benötigt. Das neu aufgetauchte Rechtsrisiko ist nicht mit einem Preisschild versehen.

Nur Consumer Health wächst

Im Vergleich zur Pflanzenschutzsparte hat sich die Pharmadivision im Berichtsquartal wacker geschlagen. Zu konstanten Wechselkursen behauptet die Division den Umsatz auf Vorjahresniveau, das bereinigte Ebitda verringerte sich vor allem aufgrund höherer Forschungsausgaben um 6,7% auf 1,4 Mrd. Euro. Dabei hielt sich der erwartete Umsatzrückgang mit dem Blockbuster Xarelto, der langsam unter generischen Wettbewerbsdruck kommt, mit 3,3% (währungsbereinigt) in Grenzen. Mit stolzen Wachstumsraten warteten das neue Krebsmedikament Nubeqa und das Nierenpräparat Kerendia auf. Doch auch das vor dem Patentablauf stehende Augenmittel Eylea legte umsatzseitig zu. Weiterhin unter Druck standen dagegen die Umsätze in China.

Erfreulich verlief die Entwicklung im Geschäft mit rezeptfreien Medikamenten. Die Sparte Consumer Health baute den Umsatz im zweiten Quartal um währungsbereinigt 5,4% aus, das bereinigte Ebitda kam um 1,5% voran.

Aufgrund der Malaise mit den glyphosathaltigen Produkten muss Bayer die Prognose auch an anderer Stelle nachschärfen. Denn die reduzierten Cashflow-Erwartungen machen auch bei der geplanten Verringerung der Nettoverschuldung einen Strich durch die Rechnung. Statt eines Mittelzuflusses im freien Cashflow von 3 Mrd. Euro rechnen die Leverkusener in diesem Jahr mit einer Nullrunde, so dass die Nettoverschuldung zum Jahresende auf 36 Mrd. Euro steigen dürfte.

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