PUSH-OUT SCORE

Druck auf CEOs pendelt auf leicht erhöhtem Niveau

April bringt durchwachsene Bilanz bei US-Chefwechseln - Bitterer Abgang bei Kraft Heinz - Sauberer Schritt bei Paccar - Abtritt bei Celanese wirft Fragen auf

Druck auf CEOs pendelt auf leicht erhöhtem Niveau

Kraft Heinz, Paccar und Celanese gehören zu den US-Unternehmen, die im April einen Chefwechsel angekündigt haben.Untersuchungen mit dem Analysemodell Push-out Score zeigen eine gemischte Bilanz. Der Druck auf die CEOs hat sich im zweiten Frühlingsmonat auf leicht erhöhtem Niveau eingependelt. Der Ausstieg des Kraft-Heinz-CEOs Bernardo Hees erscheint bitter, der Abgang von Paccar-CEO Ron Armstrong wirkt sauber, und der Schritt von Celanese-CEO Mark Rohr mutet zweischneidig an.Detailliertere Einblicke bietet der Forschungsdienstleister Exechange *, der mehr als 200 CEO-Abgänge von börsennotierten Unternehmen in den USA aus den vergangenen zwölf Monaten analysiert hat (siehe Tabelle). Exechange verwendet das Punktesystem Push-out Score mit einer Skala von 0 bis 10, um die Wahrscheinlichkeit eines erzwungenen Wechsels zu ermitteln. Push-out Scores über 5 deuten auf starken Druck hin und gehen einher mit erhöhter Aktienkursvolatilität, wie unter anderem Forscher der Universität Stanford gezeigt haben (siehe ssrn.com/abstract=2975805).Der Push-out Score zeigt an, wie viele der folgenden neun Kriterien erfüllt sind: auffälliges Alter, kurze Mitteilungsfrist, kurze Amtszeit, schwache Aktienkursentwicklung, undurchsichtiger Grund, kritische Zeit, Nachfolgeprobleme, formale Anomalien und sprachliche Besonderheiten in der Bekanntmachung. Wird der Manager offen hinausgedrängt, so gibt es volle 10 Punkte.Der CEO Push-out Index, der den durchschnittlichen Push-out Score für CEO-Austritte in den USA widerspiegelt, sank im April auf 5,2 nach 6,1 im März (siehe Grafik).Im April wurde das Barometer von vielen offensichtlich erzwungenen Fluktuationsereignissen und Führungswechseln mit hohen Push-out Scores beeinflusst, darunter die angekündigten CEO-Abgänge bei Kraft Heinz, Verso, Chico’s FAS, Red Robin Gourmet Burgers, Insys Therapeutics, Casi Pharmaceuticals und Clearside Biomedical. Freiwillige Führungswechsel und Ereignisse mit niedrigen Push-out Scores waren im April etwas seltener, darunter die CEO-Wechsel bei Paccar, Best Buy, Celanese, Comerica und Wabtec. Meldung am OstermontagMit einem Push-out Score von 7 liegt der Abgang des CEOs von Kraft Heinz im oberen Drittel der Skala und wirkt bitter. Wie am 22. April, also am Ostermontag, angekündigt, scheidet Bernardo Hees mit Wirkung zum 30. Juni als CEO des Lebensmittelunternehmens aus. Die überwiegende Mehrzahl der Datenpunkte deutet darauf hin, dass er unter starkem Druck stand zu gehen.Sein Alter von 49 Jahren ist sehr niedrig. Das ist der erste Punkt für den Push-out Score. Die Aktienkursentwicklung ist enttäuschend. Die Ankündigung folgt auf einen Kursrückgang um 66 % seit Februar 2017. Punkt 2. Der Grund für den Führungswechsel ist nicht vollständig nachvollziehbar. Punkt 3. Kraft Heinz sagte, dass Hees das Unternehmen verlassen wird, “um sich als Partner von 3G Capital auf andere Projekte zu konzentrieren”. Warren Buffett lag falschHees tritt zu kritischer Zeit zur Seite. Punkt 4. Der Hersteller von Heinz-Tomatenketchup und Kraft-Schmelzkäse nahm im Februar eine Abschreibung von 15 Mrd. Dollar vor, da der Wert einiger seiner größten Marken gesunken war. Warren Buffett, dessen Berkshire Hathaway eine große Beteiligung hält, räumte nach der Nachricht von der Wertberichtigung erstmals ein, dass er für die Fusion von Kraft mit Heinz zu viel bezahlt hatte. Buffett und 3G Capital kauften Kraft im Jahr 2015, um mit Heinz zu fusionieren.Die Nachfolge wirft Fragen auf. Punkt 5. Die Aufgaben von Hees werden von Miguel Patricio übernommen, der zuletzt Marketingprojekte bei Anheuser-Busch Inbev leitete. Die Tatsache, dass Hees` Nachfolger von außen geholt wird, deutet darauf hin, dass der Board versucht, für frischen Wind zu sorgen.Form und Sprache der Bekanntmachung sorgen für die Punkte 6 und 7. In der Ankündigung von Kraft Heinz aus Pittsburgh, Pennsylvania, erhält Hees Auszeichnungen, Lob und Dank, aber kein Wort des Bedauerns und keine guten Wünsche. Der neue CEO erhält reichlich Vorschusslorbeer. Chairman Alex Behring erklärt, dass der Neue eine Führungskraft “mit einer hervorragenden Erfolgsbilanz beim Aufbau legendärer Verbrauchermarken auf der ganzen Welt ist, der das Umsatzwachstum durch die Fokussierung auf Marketing, Innovation und Personalentwicklung fördert”.Seine Aussage kann auch als Hinweis darauf gelesen werden, wo der Chairman Defizite bei Kraft Heinz sieht: Umsatzwachstum, Marketing, Innovation und Personalentwicklung. Fazit: Alter, Aktienkursentwicklung, offizieller Grund, Umstände, Nachfolgeplan, Form der Bekanntmachung und Sprache in der Mitteilung heben sieben rote Fahnen. Nur die unauffällige Ankündigungsfrist von 69 Tagen und die ausreichend lange Amtszeit von Hees als CEO von sechs Jahren verhinderten einen stärkeren Anstieg des Scores.Mit einem Push-out Score von 2 liegt der Austritt des CEOs von Paccar im unteren Viertel der Skala und sieht sauber aus. Wie am 18. April angekündigt, wird CEO Ronald E. (Ron) Armstrong zum 30. Juni bei dem Hersteller von mittelschweren und schweren Nutzfahrzeugen ausscheiden. Fast alle Merkmale von Armstrongs Schritt deuten auf einen reibungslosen und freiwilligen Wechsel hin, aber bei näherer Betrachtung gibt es einige kleinere Mängel. Werfen wir zunächst einen Blick auf die zahlreichen positiven Kriterien.Erstens ist Armstrongs Alter von 64 Jahren seinem Schritt angemessen. Zweitens ist die Vorlaufzeit von 73 Tagen völlig ausreichend. Drittens ist die Amtszeit von Armstrong als CEO von fünf Jahren und drei Monaten (per 30. Juni 2019) hinreichend lang. Viertens ist die Aktienkursentwicklung zufriedenstellend, denn die Ankündigung folgt auf einen Kursanstieg der Paccar-Aktie um 33 % seit Dezember 2018.Fünftens erscheinen die Umstände des Führungswechsels positiv. Am 29. Januar meldete Paccar einen Gewinn für das vierte Quartal von 578,1 Mill. Dollar und übertraf damit die Markterwartungen. Sechstens ist die Nachfolgeplanung ein Zeichen von Kontinuität. Die Aufgaben von Ron Armstrong werden von R. Preston Feight, 51 Jahre alt und derzeit Executive Vice President von Paccar, übernommen. Feight ist seit 21 Jahren bei Paccar und hatte Führungspositionen bei DAF Trucks und Kenworth Truck. Siebtens ist die Sprache in der Ankündigung angemessen. Leichte SchönheitsfehlerBei genauerem Hinsehen fallen allerdings leichte Schönheitsfehler ins Auge. Der Grund für den Führungswechsel ist nicht völlig transparent. Das ist der erste Punkt für den Push-out Score. In der Ankündigung erklärt Paccar den Grund für den Schritt von Armstrong nämlich nicht ausdrücklich und lässt Raum für Spekulationen. Die Form der Meldung zeigt Besonderheiten. Punkt 2. In der Ankündigung von Paccar aus Bellevue, Washington, erhält Armstrong Lob und Dank, aber keine Anerkennung für konkrete und quantifizierte Erfolge, kein Wort des Bedauerns und keine guten Wünsche.Mark Pigott, Executive Chairman, machte auffallend wenige Worte über den langjährigen CEO Ron Armstrong: “Im Namen des Boards und aller Paccar-Mitarbeiter möchte ich Ron Armstrong für seine fünf hervorragenden Jahre herausragender Führung und strategischer Vision als Chief Executive Officer von Paccar danken.”In der Ankündigung kommt Armstrong nicht zu Wort. Fazit: Offizieller Grund und Form der Ankündigung ergeben zwei rote Flaggen.Mit einem Push-out Score von 4 liegt der Abtritt des CEOs bei Celanese in der unteren Hälfte der Skala und wirkt zweischneidig. Wie am 8. April 2019 angekündigt, verlässt Mark C. Rohr mit Wirkung zum 1. Mai seinen Posten als CEO des Chemie- und Spezialwerkstoffunternehmens. Zu Celanese gehört auch die deutsche Celanese GmbH, eines der Nachfolgeunternehmen des ehemaligen Konzerns Hoechst. Zunächst deuten die meisten Faktoren auf einen reibungslosen Wechsel hin. Erstens ist Rohrs Alter von 67 Jahren seinem Schritt angemessen. Rohr, derzeit Chairman und CEO, wird die Position des Executive Chairman übernehmen. Zweitens ist die Amtszeit von Rohr als CEO von sieben Jahren und einem Monat (per 1. Mai 2019) einwandfrei. Drittens ist die Aktienkursentwicklung stark, denn die Ankündigung folgt auf einen Kursanstieg von Celanese um 116 % seit April 2012. Viertens sind die Umstände des Managementwechsels insgesamt positiv. Die allgemeine Verfassung des Unternehmens scheint solide zu sein. Fünftens ist die Sprache in der Ankündigung angemessen. In der Mitteilung von Celanese aus Irving, Texas, erhält Mark Rohr Lob.Bei näherer Betrachtung wirft der Managementwechsel mehrere Fragen auf. Die Mitteilungsfrist ist 23 Tage kurz. Das ist der erste Punkt für den Push-out Score. Der Grund für den Führungswechsel ist nicht vollständig transparent. Punkt Nummer 2. In der Ankündigung ließ Celanese nämlich eine ausdrückliche Begründung vermissen. Die Nachfolgeplanung wirft Fragen auf. Punkt 3. Der Nachfolger von Rohr wird extern rekrutiert. Seine Aufgaben werden von Lori J. Ryerkerk, 56 Jahre alt und zuletzt Executive Vice President of Global Manufacturing von Royal Dutch Shell, übernommen. Erst am 7. Januar trat Celaneses Chief Operating Officer Scott M. Sutton mit Wirkung zum 28. Februar zurück, “um andere Interessen zu verfolgen”.Die Form der Ankündigung zeigt Normabweichungen. Punkt 4. In der Mitteilung erhält der scheidende CEO keine Auszeichnungen für konkrete und quantifizierte Erfolge. Am 28. Januar meldete Celanese Ergebnisse für das vierte Quartal, die unter den Erwartungen lagen. Fazit: Benachrichtigungsfrist, offizieller Grund, Nachfolge und Form der Meldung heben vier rote Fähnchen. Im Schnitt 7,7 Jahre im Amt In den USA betrug die durchschnittliche Amtszeit von ausscheidenden CEOs im Zwölfmonatszeitraum Mai 2018 bis April 2019 rund 7,7 Jahre. Das durchschnittliche Pensionierungsalter lag bei 60,6 Jahren. In den vergangenen zwölf Monaten wurden die höchsten durchschnittlichen Push-out Scores im Konsumsektor mit 6,8 und im Gesundheitswesen mit 6,5 ermittelt. Die niedrigsten Push-out Scores traten bei Versorgern mit 2,8 und im Immobiliensektor mit 3,8 auf. Im Technologiesektor lag der durchschnittliche Push-out Score bei 6,5, in der Energiebranche bei 6,3, in der Industrie bei 5,1, im Rohstoffsektor bei 5,1, im Kommunikationsdienstleistungssektor bei 4 und im Finanzsektor bei 3,8. Diese Ergebnisse wurden aus 266 CEO-Austritten von Unternehmen aus dem Russell 3000 berechnet. *) Inhaber von Exechange ist Daniel Schauber, der auch Redakteur bei der Börsen-Zeitung ist. Exechange und Börsen-Zeitung sind voneinander unabhängig. Die Inhalte dieser Seite basieren auf einer Veröffentlichung von Exechange.