Druck auf Hersteller steigt nach Diesel-Pakt
Auch nach der Einigung auf einen Diesel-Pakt ist unklar, ob Fahrverbote damit tatsächlich vermieden werden können. Die Politik kritisiert zudem erneut Autohersteller, die sich weiter gegen Nachrüstungen sperren. Dabei wollen Zulieferer die ersten Nachrüstsysteme bereits Anfang 2019 fertig haben. igo Stuttgart – Nach der Vorstellung des Diesel-Maßnahmenpakets der Bundesregierung steigt der Druck auf die Autohersteller. Sie kündigten zwar Rabatte auf Pkw in belasteten Regionen und die Inzahlungnahme alter Diesel an (siehe Tabelle). Hardware-Nachrüstungen schlossen aber etwa BMW und Opel aus. Volkswagen und Daimler sind nur dazu bereit, wenn es zertifizierte Nachrüstlösungen von Zulieferern gibt und die Finanzierungsfrage geklärt ist (vgl. BZ vom 3. Oktober). VW stellt zudem die Bedingung, dass sich alle Hersteller daran beteiligen.”Hier ist das letzte Wort noch nicht gesprochen”, kritisierte Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) die Reaktion. Sie erwarte von allen Konzernen, nicht nur Umtauschprämien anzubieten, sondern auch bei der Nachrüstung zu unterstützen. Auch die Rabattangebote der Hersteller sind noch unvollständig. Opel und Audi arbeiten noch an Details. Porsche nimmt mit Verweis auf die geringe Zahl alter Diesel-Porsche gar nicht teil, und bei VW ist offen, wie sich die Durchschnittsangaben auf die Volumenmarken verteilen.Zur Vermeidung von Fahrverboten ist vor allem die Änderung des Immissionsschutzgesetzes, also der Rechtsgrundlage, gedacht. So sollen künftig auch Autos der Schadstoffklassen Euro 4 und 5 in Städte mit Fahrverboten einfahren dürfen, wenn sie weniger als 270 Milligramm Stickoxid je Kilometer ausstoßen. Das soll auch bei Pkw mit einem Software-Update der Fall sein. Überprüft werden sollen die Daten mit Nummernschildkontrollen. Mit der erweiterten Förderung für die Nachrüstung von Kommunalfahrzeugen und Handwerker- und Lieferautos kann der Wert in Luftreinhaltepläne aufgenommen werden – und das Risiko für Verbote zumindest senken.Die Rabatte und die Nachrüstmöglichkeit gelten nur für die 14 am stärksten durch Stickstoffdioxid belasteten Städte, umliegende Bezirke und Pendler, die einen Arbeitsplatz dort nachweisen. Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, sieht eine Ungleichbehandlung von Diesel-Fahrern außerhalb dieser Regionen. Sie erhalten bei den meisten Herstellern zwar weiter die seit 2017 angebotenen Diesel-Prämien. Die sind allerdings niedriger und auf Euro 1 bis 4 beschränkt.Dass die Hersteller nur die Besitzer von rund 1,4 Millionen Diesel-Pkw entschädigen sollen, sei ein “komplettes Versagen des EU-Binnenmarkts”, sagte der luxemburgische Nachhaltigkeits- und Infrastrukturminister François Bausch dem “Spiegel”. Seine Regierung habe die EU-Kommission dazu aufgefordert, “alle Maßnahmen zu ergreifen”, um die bestehenden Regeln durchzusetzen.Für Landsberg wird die Umsetzungsgeschwindigkeit der Maßnahmen entscheiden, ob sie Fahrverbote verhindern können. Gerichte würden gesunkene Stickoxid-Werte bei ihren Entscheidungen berücksichtigen, sagte er. 2018 steht diese Entscheidung noch in acht Städten an.Zulieferer wie der Katalysatoren-Hersteller Oberland Mangold und das Ingenieurbüro Dr Pley SCR Technology wollen binnen weniger Monate Abgasreinigungssysteme anbieten. “Ich denke, dass wir schon Anfang nächsten Jahres die ersten Modelle auf den Markt bringen können”, sagt etwa Hubert Mangold. Martin Pley rechnet mit spätestens Juni. Der genaue Zeitpunkt hänge auch davon ab, wie schnell das Bundesverkehrsministerium Richtlinien und technische Vorgaben erlasse. Danach richte sich auch der Zertifizierungsaufwand. Pley hält es etwa in Frankfurt für ausgeschlossen, dass allein durch die Rabatte bis September 2019 ausreichend viele alte Diesel ausgetauscht werden können, um die dann drohenden Euro-5-Fahrverbote zu verhindern. Allein weil nicht ausreichend Fahrzeuge mit der neuen Norm Euro 6d-temp verfügbar seien. Beide Zulieferer haben Fahrzeuge nachgerüstet, die derzeit vom ADAC in einem Langfristtest auf die Wirksamkeit der Umrüstung geprüft werden (vgl. BZ vom 7. Juli).