Durchbruch für Corona-Impfstoff
Der vom Mainzer Biotechunternehmen Biontech und dem US-Pharmakonzern Pfizer gemeinsam entwickelte Corona-Impfstoff hat in einer Studie mit Zehntausenden Teilnehmern eine sehr hohe Wirksamkeit von über 90% gezeigt. Das schürt weltweit Hoffnung auf einen Wendepunkt in der Pandemiebekämpfung.swa Frankfurt – Das Mainzer Biotechunternehmen Biontech und sein US-Partner Pfizer stehen mit ihrem potenziellen Corona-Impfstoff vor dem Durchbruch. In der entscheidenden Studie mit Zehntausenden Freiwilligen zeigte sich eine hohe Wirksamkeit des genbasierten Vakzins. Nach einer ersten Zwischenanalyse sei das Risiko, an Covid-19 zu erkranken, für geimpfte Studienteilnehmer um mehr als 90% geringer als ohne Impfung, teilten die Unternehmen mit. “Das ist die erste Evidenz, dass Covid-19 durch einen Impfstoff beim Menschen verhindert werden kann”, sagte Biontech-Chef Ugur Sahin zu Reuters. Die Nachricht katapultierte die Aktiennotierungen weltweit in die Höhe.Biontech-CEO Sahin wertet den Fortschritt als “Sieg der Wissenschaft”. Im Fall der Zulassung wäre es das erste Mittel dieser genbasierten Technologie, das gegen eine Erkrankung auf den Markt käme. Allerdings ist noch nachzuweisen, dass der Impfstoff sicher ist. Bislang seien in der Studie keine ernsten Sicherheitsbedenken aufgekommen. Sahin hofft auf einen Impfschutz von mindestens einem Jahr. Noch wisse man das aber nicht.Die Impfstoff-Fortschritte von Biontech und Pfizer werden global gefeiert. Die Weltgesundheitsorganisation WHO äußert sich optimistisch. “Bei einer Auslieferung bis März kommenden Jahres an jene, die für das Virus am meisten anfällig sind, könnte der Verlauf der Pandemie eine fundamental andere Richtung einschlagen”, sagte WHO-Spitzenvertreter Bruce Aylward. Die Uhr ticktBundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), der selbst schon an Covid-19 erkrankt war, wertete die Studienergebnisse als “sehr ermutigend”. “Stand heute wird es wahrscheinlich so schnell wie noch nie zuvor in der Menschheitsgeschichte einen Impfstoff gegen ein neues Virus geben können”, sagte Spahn. Doch er dämpfte die Erwartungen an einen umgehenden Impfbeginn. Es sei nicht “in den nächsten vier Wochen” mit der Lieferung eines Impfstoffs zu rechnen. In der am Montag im Corona-Kabinett besprochenen Impfstrategie der Bundesregierung ist von einer Zulassung frühestens im ersten Quartal 2021 die Rede. Biontech und Pfizer planen, noch im November in den USA eine Notfallgenehmigung für den Impfstoff zu beantragen. Wenn genügend Daten zur Impfstoff-Sicherheit vorlägen, womit in der kommenden Woche gerechnet werde, solle der Antrag bald darauf gestellt werden.In Europa hatte die europäische Arzneimittelagentur Anfang Oktober den Einreichungsprozess eingeläutet, um eine spätere Zulassung zu beschleunigen. Gesundheitsminister Spahn geht von einer parallelen Beantragung bei der europäischen Arzneimittelbehörde EMA aus. Als deutscher Gesundheitsminister wolle er erreichen, dass ein Impfstoff eines deutschen Unternehmens “nicht zuerst in anderen Ländern zur Verfügung steht”.Zahlreiche Regierungen haben sich bereits Millionen Dosen der Impfung vorab gesichert, darunter die USA, Japan und Großbritannien. Auch die Europäische Kommission hat mit den Unternehmen Sondierungsgespräche über den Kauf von bis zu 300 Millionen Dosen abgeschlossen.Weltweit gibt es zahlreiche Impfstoffprojekte, die mit Hochdruck vorangebracht werden und in zulassungsrelevanter Phase III getestet werden. Biontech und Pfizer setzen auf einen sogenannten mRNA-Impfstoff, bei dem Erbgut des Virus injiziert wird, um im Körper ungefährliches Virusprotein hervorzurufen, das einen Immunschutz aufbaut. Wettbewerber in dieser Technologie sind die US-Firma Moderna und die Tübinger Curevac. Andere Unternehmen forschen an Impfstoffen aus inaktivierten Erregern, eine bewährte Technologie im Einsatz gegen Hepatitis B oder Grippe. Ein weiterer Ansatz sind Vektorviren-Impfstoffe, wo genetischen Informationen des Coronavirus mit Hilfe eines anderen harmlosen Virus eingeschleust werden. Darauf basieren die ersten zugelassenen Ebola-Impfstoffe.