E-Commerce wird 2020 durch Personalisierung geprägt
Neben dem vermuteten großen Markteintritt des chinesischen Internetriesen Alibaba in Europa hängt die Frage, wie hart der Kampf um Anteile und Kunden im E-Commerce 2020 wird, stark von der Um- und Durchsetzung der prägenden Trends ab: Personalisierung, Automation, Multichannel und Bezahlsysteme.Von Martin Dunzendorfer, FrankfurtDer Online-Handel in Deutschland wächst stark und gräbt dem Präsenzhandel immer mehr das Wasser ab. Doch auch E-Commerce-Unternehmen müssen sich weiter entwickeln. Über die vergangenen Jahre hat sich gezeigt, dass sich die Top-100-Plattformen – allen voran Amazon, Otto und Zalando – einen immer größeren Anteil am Kuchen schnappen, während die kleineren Online-Shops seit 2016 Marktanteile verlieren, weil sie nach Umsatz nur auf der Stelle treten (siehe Grafik). Im neuen Jahr könnte der Konzentrationsprozess dadurch forciert werden, dass der chinesische Internetriese Alibaba auf den europäischen Markt drängt. Für die großen Online-Händler gilt es angesichts des potenziellen neuen Konkurrenten, zumindest keine Marktanteile zu verlieren, während die kleinen Anbieter sich mit besonderem Kundennutzen profilieren müssen, um im Verdrängungswettbewerb überhaupt bestehen zu können. Angebote sofort anpassen Die zentrale Voraussage: Der Trend zur Personalisierung im Content hält an; das gilt nicht nur im B2C-, sondern oft auch im B2B-Geschäft. Der Eindruck bzw. die Erfahrungen, die der Nutzer während und nach dem Kaufentscheidungsprozess gewinnt, entscheiden darüber, ob er den Kaufen-Button drückt oder nicht und ob er den Anbieter in guter Erinnerung behält – was für den nächsten Einkauf entscheidend ist.Um einen positiven Eindruck zu generieren, muss der Kunde mit allen von ihm bekannten Präferenzen abgeholt werden, und seine neuen Wünsche müssen in Echtzeit und auf allen Kanälen orchestriert werden. Wenn im Nachgang eines Shop-Besuches durch Marketing-Automation wochenlang, nachdem schon irgendwo anders gekauft wurde, auf dem PC, Smartphone oder Tablet immer noch Angebote für eine bestimmte Ware eingeblendet werden, nervt das und führt zu einer negativen Haltung gegenüber dem Anbieter. Aus Fachkreisen heißt es, dass grundsätzlich nicht unzureichende Daten, Analytik und Realtime-Prozesse Ursache dafür sind, dass die Kundenkommunikation in vielen Fällen mangelhaft ist; vielmehr fehle es den meisten Unternehmen an personellen Ressourcen und Know-how, diese Konzepte umzusetzen. Fernziel der Personalisierung ist, dass die Kundenansprache geräteübergreifend funktioniert und z. B. an einem PC auch anhand zusätzlicher Informationen unterschieden werden kann, ob der Vater oder der Sohn daran arbeitet.Die Unterstützung des Menschen durch Maschinen bzw. Automation beim Formulieren von Produktbeschreibungen und in der Content-Produktion wird stark zunehmen. Schon jetzt werden menschliche Texter immer häufiger durch Text-Roboter-Technologie ersetzt. Kein Wunder – die Inhalte zu tausenden Artikeln eines Webshops sind in Form von Datenbanken verfügbar und müssen nur mithilfe von Algorithmen (“Augmented Intelligence”) in Fließtext gegossen werden.Ein weiterer Trend, der den Handel in Deutschland prägt, ist die wachsende Verzahnung von Offline und Online. In einer funktionierenden Multichannel-Strategie werden die vom Kunden erhobenen Daten auf dessen Customer-Journey (die Zyklen, die ein Kunde durchläuft, bevor er sich für den Kauf eines Produkts entscheidet) zusammengeführt. Allerdings müssen die Präsenzhändler akzeptieren, dass der Kunde auch nur “zum Schauen” in die Filiale kommt, sich dort beraten lässt und sich dann per Smartphone die Ware ins Haus bestellt. Einige Händler vergeben in den Filialen dafür schon entsprechende Gutscheine für versandkostenfreie Lieferung, denn nichts wäre schlimmer, als wenn der Kunde am Smartphone dann beim Wettbewerber ordert.Bestellen Kunden online und lassen sich die Ware in den physischen Laden zur Abholung liefern, wird das oft zum Ärgernis. Häufig finden sich solche Abholtheken in den hintersten Ecken, und bis Personal zur Aushändigung der Ware kommt, kann es dauern. Dann sind Synergieeffekte verschenkt. Der Kunde wurde zwar dazu gebracht, eine wichtige Hürde vor dem (Zusatz-)Kauf – das Betreten des Ladens – zu überwinden. Die stiefmütterliche Behandlung wird aber durch zügiges Verlassen des Verkaufsraums quittiert. Die Geldbörse bleibt stecken Das Bezahlen sollte 2020 einfacher und smartphoneorientierter werden. Ziemlich schnell geht es mithilfe von mobilen Endgeräten und den integrierten biometrischen Verfahren, etwa dem Fingerabdruck. So gibt es Vereinfachungen bei Kleinbeträgen. Wenn etwa der Kunde bereits bekannt ist, müssen mehrere Faktoren gar nicht erst abgefragt werden. Gerade große Händler wie Amazon oder Bezahlverfahren wie Apple Pay, Google Pay bzw. Paypal machen das Bezahlen recht einfach. Das Hinhalten eines Endgeräts wird das Suchen im Portemonnaie im öfter ersetzen.