Mikromobilität

E-Scooter-Verleiher Tier entlässt erneut Mitarbeiter

Die bisherigen Maßnahmen zur Verschlankung des Berliner Mobilitäts-Start-ups Tier haben nicht gereicht, um den Weg in die ganzjährige Profitabilität zu ebnen. Nun müssen erneut 140 Angestellte gehen.

E-Scooter-Verleiher Tier entlässt erneut Mitarbeiter

E-Scooter-Verleiher Tier entlässt erneut Mitarbeiter

Berliner Start-up trennt sich von 22 Prozent der Belegschaft – Profitabilität noch nicht erreicht

kro Frankfurt

Der Berliner E-Scooter-Anbieter Tier Mobility setzt seinen Schrumpfkurs fort. Nachdem das Ziel der unternehmensweiten Profitabilität bislang nicht erreicht worden sei, müsse man sich nun von etwa 22% der Belegschaft trennen, schrieb CEO und Mitgründer Lawrence Leuschner in einem Linkedin-Post. Von den Einschnitten seien Mitarbeitende in mehreren Ländern und vor allem jene in der Zentrale betroffen. Laut einem Sprecher werden in absoluten Zahlen 140 Angestellte entlassen. Wie viele nun übrig bleiben, wollte das Unternehmen nicht kommunizieren.

"Es war ein unglaublich hartes Jahr für die Mehrheit aller Gründer, Start-ups und Scale-ups", schrieb Leuschner, der vor seiner Mitgründung von Tier CEO beim ebenfalls von ihm mitgegründeten Elektronikhändler Rebuy war. "Das gilt auch für uns bei Tier Mobility. Die hohe Inflation und steigende Lebenshaltungskosten haben die Nachrichten 2023 dominiert, und die Auswirkungen der sinkenden Nachfrage und des Vertrauens von Verbrauchern sorgen für ein schwieriges Geschäftsumfeld." Es handelt sich bei weitem nicht um die erste Entlassungsrunde bei dem für seine mintgrünen Roller bekannten Start-up. Anfang des Jahres hatte sich Tier bereits von 80 Mitarbeitenden getrennt, weitere Einschnitte gab es zudem im Sommer und Herbst des vergangenen Jahres. Zudem hatten die Berliner ihre US-Tochter Spin im September für 19 Mill. Dollar an den US-Rivalen Bird verkauft. Mit der Übernahme von Spin war Tier erst Anfang 2022 in den US-Markt eingetreten. Medien hatten damals spekuliert, dass die Kaufsumme im hohen zweistelligen oder niedrigen dreistelligen Millionenbereich gelegen haben dürfte.

Schwieriger Blick in die Zukunft

An den Geschäftszahlen lassen sich die bisherigen Sparmaßnahmen bereits ablesen: Man sei auf gutem Weg, in diesem Jahr eine Umsatzrendite auf Ebitda-Basis von minus 15% zu erzielen, so Leuschner. Im vergangenen Jahr waren es noch minus 63%. Zudem dürfte Tier aller Voraussicht nach in 80% aller Märkte profitabel sein, darunter in Deutschland, Großbritannien und Frankreich. Der Weg zur vollständigen Profitabilität dürfte für die Berliner, in die Wagniskapitalgeber wie Softbank, Goldman Sachs und weitere zusammengerechnet bereits knapp 600 Mill. Dollar investiert haben, weiterhin alles andere als ein Spaziergang werden. Es lasse sich nicht genau vorhersagen, ob und wie sich die Märkte künftig erholen, weswegen man bei Tier davon ausgeht, dass die Nachfrage 2024 konstant bleibt.

In der hart umkämpften und kapitalintensiven Mikromobilitätsbranche kämpfen gerade viele Anbieter mit denselben Problemen. Bird, die 2021 via Spac an die Börse gegangen war, erlitt im zweiten Quartal des laufenden Jahres einen Umsatzrückgang von 28%. Den Nettoverlust hatte das Unternehmen zwar deutlich von rund minus 320 Mill. Dollar im Vorjahr auf gut 9 Mill. Dollar eingegrenzt. Wegen des massiven Kursverlustes von 80% in diesem Jahr kam es im September jedoch zum Delisting von der New York Stock Exchange.

Unu stellt Insolvenzantrag

In Berlin hat der Konkurrent Unu zugleich vor wenigen Tagen Insolvenz angemeldet. Das 2013 gegründete Unternehmen, in das unter anderem die französische Venture-Capital-Firma Iris sowie Capnamic aus Köln, Ponooc aus Amsterdam und die NRW Bank Geld gesteckt hatten, soll nun saniert werden. Zuletzt beschäftigte Unu rund 50 Mitarbeitende.

Es gibt aber auch Anbieter, die zuletzt mit positiven Nachrichten aufwarten konnten. Die US-amerikanische Lime hat im vergangenen Jahr nach eigenen Angaben auf bereinigter und unbereinigter Ebitda-Basis die Gewinnschwelle erreicht und ein bereinigtes Ebitda von 15 Mill. Dollar erzielt. Im September des laufenden Jahres heißt es nun, dass der Betriebsgewinn im ersten Halbjahr fast doppelt so hoch war wie im gesamten Vorjahr, der Umsatz soll zudem um 45% angezogen haben.

Lime führte die Verbesserungen bei der Profitabilität unter anderem auf Investitionen in die Hardware der Fahrzeuge zurück, mit denen sich der Betrieb der Flotte einfacher gestalte.

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