HANNOVER MESSE

Elektroindustrie stapelt tief für 2018

Verbände warnen vor Protektionismus - Cyberrisiken und mangelnde Infrastruktur bremsen Wachstum

Elektroindustrie stapelt tief für 2018

hei Hannover – Im neunten Jahr des Aufschwungs präsentiert sich die deutsche Wirtschaft auf der Hannover Messe in robuster Verfassung. “Besser als in diesem Jahr wird die Konjunktur wohl nicht mehr”, sagte Dieter Kempf, Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), auf der Verbandspressekonferenz. Ebenso wie Vertreter der Elektroindustrie (ZVEI) wies Kempf allerdings darauf hin, dass den Unternehmen eine Reihe von Wachstumsbremsen zu schaffen macht. Dazu zählten ein schleppender Ausbau der digitalen Infrastruktur, Fachkräftemangel sowie eine drohende Protektionismusspirale durch den eskalierenden Handelsstreit zwischen den USA und China. Dieser ist insbesondere für den ZVEI ein erheblicher Grund zur Sorge und veranlasst den Verband, bei der “konservativ formulierten Prognose von 3 % realem Produktionswachstum” für 2018 zu bleiben, wie Verbandspräsident Michael Ziesemer sagte. Denn China und die USA sind die größten Abnehmerländer für die Branche und stehen mit einem Handelsvolumen von zusammen 95 Mrd. Euro für die Hälfte des Volumens, das mit allen Ländern Europas abgewickelt wird. Das vergangene Jahr war mit einem realen Produktionsplus von 4,5 % ein Rekordjahr für die Elektroindustrie. Und auch 2018 setze sich die Dynamik fort. In den beiden ersten Monaten kletterte die Produktion preisbereinigt um 6 %, der Umsatz stieg um 8 % und die Auftragseingänge lagen um 9 % über dem Vorjahreszeitraum. Das Geschäftsklima signalisiere eine “nach wie vor gute Stimmung” und die Kapazitätsausleistung sei sehr hoch, so Ziesemer weiter. Tempo erhöhenDennoch drückt der Schuh. Deutschland brauche endlich eine digitale Infrastruktur, die einer führenden Industrienation entspreche. Das gelte insbesondere für den künftigen Mobilfunkstandard 5G, der von vornherein “industriefähig” gestaltet werden müsse. Bei der Weiterentwicklung der bisherigen Wertschöpfungsketten zu digitalisierten Wertschöpfungsnetzwerken müssten die deutschen Unternehmen das Tempo erhöhen, mahnte der Verbandschef und wies darauf hin, dass eine Umfrage der Beratungsgesellschaft PWC ergeben habe, dass die USA und Asien hier schneller voranschritten. Obwohl in einer Erhebung des IT- und Telekommunikationsverbands Bitkom festgestellt wurde, dass bereits rund ein Viertel aller Maschinen in deutschen Fabriken vernetzt sind und fast jedes zweite Unternehmen “Industrie-4.0-Anwendungen” nutzt, befürchtet Bitkom-Präsident Achim Berg, dass die Digitalisierung – vor allem im Mittelstand, wo rund 60 % der CEOs das Wort “Plattform” nicht kennen – “etwas halbherzig” vorangetrieben wird. “Eine Digitalisierung light wird aber nicht genügen”, warnte der ehemalige Microsoft-Manager.Als Hemmschuh für eine fortschreitende Vernetzung und Nutzung digitaler Plattformen für neue Geschäftsmodelle nannte Berg primär zwei Themen: hohe Kosten und die Bedrohung durch Cyberangriffe. 72 % der vom Bitkom befragten Unternehmen sagen, dass die Kosten dem Einsatz von Industrie 4.0 in ihrer Firma entgegenstehen. Knapp 60 % fürchten unzureichenden Datenschutz bzw. Cyberangriffe. Bedarf auf europäischer EbeneDiese Probleme sieht auch der ZVEI als gravierend an. “Maßnahmen der klassischen IT-Sicherheit lassen sich nur bedingt bis gar nicht auf Maschinen- und Industrieprodukte übertragen”, stellte Klaus Mittelbach, Vorsitzender der ZVEI-Geschäftsführung, fest. Schwierigkeiten bereite nach wie vor das Management von Zertifikaten für Identitäten und Verschlüsselungen bei Maschinen oder gar bei einzelnen Komponenten. Handelsbedarf sollte dabei auf europäischer Ebene erkannt werden, um länderübergreifende Standards zu etablieren. So gelte es eine Art “Basis-Cybersicherheit für IoT-Geräte” zu implementieren. Allerdings könnte diese nicht einfach verordnet werden, sondern müsse an Kundenanforderungen und Innovationszyklen angepasst werden. “Schlecht gemachte Security-Vorgaben” könnten den Standort schwächen, warnte Mittelbach.