Das Zögern des Batterieherstellers ACC ist die Ausnahme
Zögern des Batterieherstellers ACC ist die Ausnahme
Andere Unternehmen bestätigen Pläne für Bau von Fabriken in Europa – Northvolt: Nachfrageschwäche nach E-Autos vor allem in Deutschland
jh/ste München/Hamburg
ACC stoppt vorerst die Fabrikprojekte in Kaiserslautern und in Italien. Wettbewerber wie Northvolt und Powerco bestätigen dagegen ihre Pläne für Batteriewerke. Auch die Porsche AG hält an ihrem Vorhaben für Hochleistungsbatterien in ihren Elektroautos fest. CATL liegt in Ungarn nach eigener Aussage im Zeitplan.
Es ist noch nicht einmal ein Jahr her, da sagten Autoindustrie-Experten den nächsten Engpass nach dem Halbleitermangel voraus: Bald werde es zu wenige Batterien für Elektrofahrzeuge geben. Und das werde ein noch viel größeres Problem als das zeitweise zu geringe Angebot an Chips.
Ein paar Monate später sieht es ganz anders aus: Die Elektromobilität kommt in Deutschland nur schleppend voran. Zudem fehlt es den europäischen Herstellern noch an einem größeren Angebot von kleineren E-Autos, die mit Preisen um 20.000 bis 25.000 Euro mit der chinesischen Konkurrenz mithalten können.
Das hat Folgen für die Planung und den Bau von zwei Batteriefabriken. ACC, der deutsch-französische Hersteller von Batteriezellen, bestätigte in diesen Tagen, die Projekte in Kaiserslautern und am italienischen Standort Termoli vorerst gestoppt zu haben. Andere Unternehmen wie Powerco und Northvolt halten jedoch an ihren Vorhaben wie geplant fest, wie eine Umfrage der Börsen-Zeitung zeigt.
Kostengünstigere Zellenchemie
ACC, ein Gemeinschaftsunternehmen von Mercedes-Benz, Stellantis und Total Energies, begründet das Zögern damit, dass sich die Nachfrage zu kleineren E-Autos verschiebe. Deshalb müsse das Angebot um Batterien mit einer kostengünstigeren Zellenchemie erweitert werden. Dafür sei zusätzliche Forschung und Entwicklung notwendig. In der Branche heißt es, die Initiative habe Stellantis-Chef Carlos Tavares ergriffen. Denn der Preis für Autos von Marken wie Citroën, Peugeot, Fiat und Opel ist im Wettbewerb des Volumensegments wesentlich.
Die Lithium-Eisenphosphat-Akkus (LFP) kosten weniger als Nickel-Mangan-Cobalt-Batterien (NMC). Die LFP-Technologie hat zwar den Vorteil, nicht so leicht entflammbar und widerstandsfähiger gegen hohe Temperaturen zu sein, wie zum Beispiel das Fraunhofer-Institut feststellt. Diese Batterien haben jedoch verglichen mit NMC eine niedrigere Energiedichte und brauchen deshalb mehr Platz für dieselbe Energiemenge.
„Der Kunde bestimmt das Tempo“
Mercedes-Benz setzt in den Autos überwiegend NMC-Batterien ein. Ausnahme sind die Einstiegsmodelle der A-Klasse, in die LFP-Akkus eingebaut werden. Da die Nachfrage nach Elektroautos nicht so stark wie zunächst erwartet wachse, könne der Stuttgarter Hersteller die daran angepassten Pläne von ACC für die Fabriken gut akzeptieren, heißt es. Ein Sprecher von Mercedes-Benz sagt, an der Strategie für die Elektromobilität habe sich nichts geändert, nur die Geschwindigkeit der Realisierung. „Der Kunde bestimmt das Tempo der Transformation.“
Für die Versorgung mit Batteriezellen wird Mercedes-Benz wie BMW zudem einer der größten Kunden der Fabrik des chinesischen Herstellers CATL in Debrecen im Osten Ungarns sein. Erst vor einem Monat bekräftigte CATL, der Bau des Werks mit Investitionen von 7,6 Mrd. Euro liege im Zeitplan. Die Produktion werde voraussichtlich 2025 beginnen. Es ist dann die zweite Fertigung von CATL in Europa. In Erfurt stellt das Unternehmen seit Ende 2022 Batterien her.
Flexibilität der Strategie
2025 will Powerco die Batteriezellenproduktion in Salzgitter starten. Das Tochterunternehmen von Volkswagen berichtet, die „Technologie-Roadmap“ werde konsequent umgesetzt: „Der Aufbau des Batteriegeschäfts ist voll im Zeitplan.“ Außer in Salzgitter baut Powerco derzeit je ein Werk in Spanien und in Kanada.
Das Tempo des Ausbaus werde grundsätzlich am Bedarf ausgerichtet. Die Fabriken würden in Schritten mit einer Kapazität von jeweils 20 Gigawattstunden aufgebaut. „Mit dieser Zug-um-Zug-Strategie bleiben wir flexibel.“ Zudem verweist Powerco darauf, dass die produzierte Einheitszelle „alle relevanten Zellchemien abdeckt“. Powerco hat angekündigt, die Hälfte des Batteriezellenbedarfs des VW-Konzerns zu decken.
Auch das schwedische Unternehmen Northvolt erkennt keinen Grund für Veränderungen. „Die Planungen und Baumaßnahmen an allen Standorten laufen plangemäß fort“, heißt es in einer Stellungnahme. Northvolt hält an den Erwartungen für den europäischen Batteriemarkt bis 2030 fest und betont die unterschiedliche Entwicklung der Elektromobilität in den einzelnen Ländern: „Während auf dem deutschen Markt das abrupte Ende der sogenannten Kaufprämie zu Kaufzurückhaltung geführt hat, entwickeln sich andere Märkte dynamisch.“
Starker Anstieg in Frankreich
Das haben zuletzt die Zahlen der Neuzulassungen in Europa verdeutlicht. Deutschland verzeichnete für die batterieelektrischen Pkw (BEVs) in den ersten vier Monaten dieses Jahres einen Rückgang um knapp 11%. In Großbritannien, dem zweitgrößten Markt nach Deutschland, stieg die Zahl um 10,6%, in Frankreich, das an dritter Stelle steht, sogar um 27,7%. Die kleineren Märkte wie Belgien und Dänemark legten jeweils um mehr als 40% zu. Insgesamt ist die Dynamik mit einem Zuwachs von 6% in der EU, der Efta und Großbritannien aber relativ schwach.
Robert Habecks Idee
Northvolt baut Batteriezellenfabriken in Heide für 4,5 Mrd. Euro und in Montreal für 5 Mrd. US-Dollar. Zudem wird das große schwedische Werk in Skellefteå nahe des Polarkreises erweitert. Der Beginn der Produktion in Heide in Schleswig-Holstein und in Montreal in Kanada ist für 2026 geplant. In der vergangenen Woche äußerte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck auf einer Konferenz in Brandenburg die Idee, Northvolt könne doch in Deutschland eine zweite Fabrik in Mecklenburg-Vorpommern errichten. Pläne für eine zusätzliche Fabrik gibt es derzeit aber nicht, wie ein Sprecher des Unternehmens beteuert.
Schon demnächst – Mitte dieses Jahres – soll die Produktion in der Gigafactory von Cellforce beginnen, einem Tochterunternehmen der Porsche AG. Das Werk steht in der Nähe von Reutlingen. Einen Zeitungsbericht, die Pläne für eine zusätzliche Fertigung von Hochleistungsbatterien stockten, weist der Autohersteller indirekt zurück: Porsche prüfe mit Cellforce eine „potenzielle Skalierung“ auf mehr als 20 Gigawattstunden an einem zweiten Standort. „Eine Entscheidung ist noch nicht gefallen.“ Die Forschungs- und Pilotanlage bei Reutlingen, die bald in Betrieb gehen soll, hat für die Kleinserienfertigung von Batteriezellen eine Kapazität von 1,3 Gigawattstunden.