Elliott bekommt Konkurrenz von Newcomern

Lazard-Studie: Neue aktivistische Investoren mischen die Szene auf - Mehr Kampagnen in Europa - Kapitalvolumen normalisiert

Elliott bekommt Konkurrenz von Newcomern

Immer mehr aktivistische Investoren nehmen Einfluss auf große Unternehmen. Sie kommen verstärkt nach Deutschland. Dominiert wird die Szene von Elliott. Aber es gibt auch 43 Newcomer, darunter der von der jungen Französin Anne-Sophie d’Andlau gegründete Hedgefonds Charity Investment Asset Management.cru Frankfurt – Der für seine rüden Methoden berüchtigte Hedgefonds Elliott des US-Tycoons Paul Singer dominiert die globale Szene der aktivistischen Investoren. Allein Elliott und die beiden nächst kleineren Konkurrenten Starboard Value und Charity Investment stecken hinter mehr als 15 % aller Kampagnen zur Einflussnahme in Unternehmen. Rund 80 % der 8 Mrd. Dollar, die Elliott im Jahr 2019 investiert hat, konzentrieren sich auf die vier Kampagnen bei AT&T, SAP, Ebay und Marathon.Nächstgrößere Elliott-Konkurrenten sind gemessen am frisch investierten Kapital Icahn, Third Point und Starboard Value. In Europa waren der von der jungen Französin Anne-Sophie d’Andlau gegründete Hedgefonds Charity Investment Asset Management (CIAM), Cevian und Petrus Advisers am aktivsten. Das geht aus einer Studie der Investmentbank Lazard hervor.Der Untersuchung zufolge ist die Anzahl der von aktivistischen Investoren attackierten Unternehmen gegenüber dem Rekordstand des Jahres 2018 um 17 % auf 187 ebenso stark zurückgegangen wie das Volumen des investierten Kapitals, das von 66 Mrd. auf 42 Mrd. Dollar schrumpfte – davon 60 % in den USA. Die geschrumpften Werte entsprechen jedoch dem langjährigen Durchschnitt und stellen somit eine Normalisierung gegenüber dem ungewöhnlichen Jahr 2018 dar.Außerhalb der USA floss das meiste Aktivisten-Kapital nach Japan, Deutschland und Großbritannien. Zugleich ist die Zahl der aktivistischen Investoren um rund 30 % auf 147 nach oben gesprungen – mit 43 erstmalig als Aktivisten tätigen Investoren. Darunter waren traditionelle Assetmanager wie Artisan Partners, die bei Bankia die Fusion mit Banco Sabadell kritisierte.Derweil ist der Anteil des außerhalb der USA investierten Aktivisten-Kapitals von 30 % auf 40 % gewachsen. Es wurden weniger Ziele in den USA attackiert, ihr Anteil sank von 70 % auf 60 %, dafür mehr in Japan und Europa. Zum ersten Mal war Japan das am stärksten von Aktivisten heimgesuchte Land außerhalb der USA – mit 19 Kampagnen und 4,5 Mrd. Dollar. In Europa schrumpfte die Zahl der Kampagnen von 57 auf 48 (ein Viertel aller Kampagnen), weil die Aktivitäten in Großbritannien abnahmen. In Frankreich, Deutschland und der Schweiz ging es dafür öfter zur Sache. M&A im VordergrundViele Aktivistenstrategien ähneln sich: In den meisten Fällen wird eine Aufspaltung verlangt wie bei Marathon und Sony bzw. die Fusion mit einem Konkurrenten wie bei HP, die nach dem Wunsch von Icahn mit Xerox zusammen gehen sollte, oder bei Aramark, wo Mantle Ridge einen Verkauf forderte. Oder es geht um den Verkauf einer Sparte oder von Randaktivitäten, wie es Oasis bei Seven & i verlangte. Oder die Aktivisten springen in einen laufenden Übernahmeprozess wie bei Occidental oder Bristol-Myers Squibb. Mehr als die Hälfte vom Kapital floss in Kampagnen, die mit einer Fusion oder Übernahme zu tun hatten – fast ein Drittel davon im Technologiesektor. Am meisten investiert wurde in Industrie (23 %), Technologie (22 %) und Energie (16 %). Die größten Zielunternehmen waren gemessen am Börsenwert AT&T, SAP und CVS Health. Hier wurde meist die Umsetzung schon vorhandener Pläne beschleunigt.Insgesamt 122 Sitze in Verwaltungsräten errangen die Aktivisten im Jahr 2019 – ungefähr so viele wie sonst auch. Seit 2013 haben 837 Verwaltungsratssitze durch Aktivisten gewechselt. Fast immer war der Einzug der Aktivistenvertreter in die Kontrollgremien vorher ausgehandelt. Nur 20 % der neuen Verwaltungsratssitze für Aktivisten wurden mit Frauen besetzt – im Vergleich zu fast 50 % bei allen anderen neu besetzten Kontrollposten.Bei den Anlegern sind Aktivisten nicht gerade in Mode. Im dritten Quartal 2019 flossen 176 Mrd. Dollar aus aktiv gemanagten Fonds ab – nach einem Minus von 105 Mrd. Dollar im selben Quartal des Vorjahres. Profiteure der Entwicklung sind dagegen die “Big 3” der Indexfonds BlackRock, Vanguard und State Street, deren Besitzanteil an den S&P-500-Unternehmen binnen fünf Jahren von 16 % auf 19 % gestiegen ist. Auch Fonds, die ihre Anlageentscheidungen an den UN-Nachhaltigkeitskriterien für die Prinzipien verantwortlicher Investments (PRI) ausrichten, wachsen kräftig – mit einem Zuwachs um ein Viertel auf 86 Bill. Dollar in zwei Jahren.Zwei neue Trends beeinflussen das Geschäft der Aktivisten: Von Unternehmen wird erwartet, dass sie neben den Interessen der Aktionäre zunehmend auch die Interessen anderer Stakeholder mit verfolgen. Und die US-Börsenaufsicht SEC erwartet neuerdings von Stimmrechtsvertretern wie Ivox, dass sie die Unternehmen stärker zu guter Corporate Governance anhalten.Mit einem Anlagevolumen von 35 Mrd. Dollar gilt Elliott als der größte aktivistische Investor der Welt. In den vergangenen vier Jahren hat der von Paul Singer gegründete New Yorker Fonds seine inzwischen sieben Beteiligungen in Deutschland kräftig ausgeweitet. Mit Josef Broich als Anwalt und dem Ex-Goldman-Dealmaker Thomas Schweppe als Ideenlieferant mischt sich der Fonds manchmal in die Strategie der Konzerne ein, meist geht es aber um Übernahmen, in denen Elliott eine höhere Abfindung für die Minderheitsaktionäre anstrebt.Hinzu kommen Board- und Managementwechsel sowie Devestitionen und Spin-offs als Anlässe für einen Einstieg. Das am häufigsten angewandte Druckmittel sind Sonderprüfungsanträge zu Pflichtverletzungen des Vorstands mit anschließender Schadenersatzforderung. Die Attacken dürften sich ausweiten. Herzstück der Deutschland AG von Elliott ist derzeit der 17,8-Prozent-Anteil am Kraftwerkskonzern Uniper im Wert von rund 1,9 Mrd. Euro.Der finnische Staatskonzern Fortum, der 49,9 % an Uniper hält, arbeitet seit 2017 an der feindlichen Übernahme der ehemaligen Eon-Tochter. Fortum will Elliott 29,93 Euro pro Aktie zahlen. Vor zwei Jahren boten die Finnen für die Eon-Anteile noch 22 Euro. Damit füllt Fortum Elliott die Kasse. Für den Hedgefonds lohnt sich der Ausstieg: Elliott war bei 25 Euro pro Aktie eingestiegen.Bei Thyssenkrupp gelang es Elliott, den damaligen CEO Heinrich Hiesinger aus dem Amt zu drängen und für eine Nachverhandlung der später geplatzten Stahlfusion mit Tata zu sorgen. Bei SAP hat sich Elliott 1 % der Anteile im Wert von 1,2 Mrd. Euro gekauft, bei Bayer einen nicht bezifferten Anteil.