ElringKlinger entgleiten die Kosten
Seit gut einem Jahr kämpft ElringKlinger mit Kapazitätsproblemen in einem Geschäftsbereich. Weil die Kosten dort weiterhin viel zu hoch sind, kappt der Zulieferkonzern nun erneut die Jahresziele. Hoffnung auf eine schnelle Besserung macht das SDax-Unternehmen nicht mehr.Von Isabel Gomez, StuttgartDer Zulieferkonzern ElringKlinger braucht mehr Zeit als erwartet, um die Kapazitätsprobleme in seinem Schweizer Werk für Hitzeschilde in den Griff zu bekommen. Weil Zusatzkosten das zweite Quartal stärker belastet haben als prognostiziert, senkte der Konzern seine Gewinnerwartungen für das laufende Jahr auf ein operatives Ergebnis (Ebit) vor Kaufpreisallokation von 140 Mill. bis 150 Mill. Euro. Das untere Ende der Spanne würde eine Stagnation zum Vorjahr bedeuten. Zuvor waren bis zu 170 Mill. Euro erwartet worden.Es ist für den Konzern die dritte Prognosesenkung seit Anfang 2015, als die Probleme aufgetaucht waren. Quartal für Quartal erklärte Vorstandschef Stefan Wolf seither, dass Maßnahmen ergriffen wurden, das verantwortliche Management gehen musste und dass die hohen Zusatzkosten bald weniger würden. Bislang ohne sichtbaren Erfolg.Am Markt brach der Aktienkurs bereits nach Bekanntwerden der Meldung am Donnerstagabend nachbörslich ein. Am Freitag stürzte der Kurs zeitweise auf ein Fünfjahrestief bei 15,15 Euro, denn mittlerweile ist auch die Zuversicht des Vorstandes gesunken, die Probleme bald zu bewältigen. “Das zu lösen ist ein Prozess über zwei bis drei Jahre”, so Finanzchef Thomas Jessulat am Freitag in einer Telefonkonferenz. Werk außer KontrolleElringKlinger beliefert Autohersteller weltweit mit Zylinderkopf- und Spezialdichtungen sowie Abgasreinigungssystemen. In der Schweiz laufen Abschirmsysteme gegen Hitze und Schall vom Band. Fehlkalkulationen des früheren Managements führten dazu, dass die Nachfrage die Planung um 27 % überstieg. Wolf hat bereits indirekt eingeräumt, dass die dortigen Verantwortlichen von der Konzernzentrale in Dettingen/Erms zu lange zu lax kontrolliert wurden. Den Aufträgen wurde ElringKlinger nur mit einem hohen Personalaufwand Herr. Die Folge: Teure Überstunden- und Wochenendzuschläge, Kosten für Sonderfrachten und die Anmietung externer Lager. Dazu kamen Schadenersatzforderungen von Kunden, die ihre Ware unvollständig oder zu spät erhalten hatten. Sie schickten ElringKlinger externe Berater, die Produktion und Logistik überwachen. Die Kosten dafür trägt ElringKlinger.Im zweiten Quartal sollten die Ausgaben für Sonderfrachten und die Kontrolleure 3 Mill. Euro betragen. Es wurden 4 Mill. Euro. Dazu kommt ein Personalüberhang von 80 Personen, den der Konzern längst abgebaut haben wollte. Das soll nun im zweiten Halbjahr geschehen. Auch konnten die Lagerflächen nicht plangemäß reduziert werden. Die Verlagerung von Produktionsteilen nach Ungarn – um irgendwie liefern zu können – stockt ebenfalls, da der Konzern dazu die Zustimmung der Kunden braucht und diese im Gegenzug auf Rabatte bestehen, die ElringKlinger nicht gewähren will. “Das macht die Verhandlungen schwieriger”, so Wolf. Die Produktion in Ungarn könne daher voraussichtlich erst 2017 starten und damit ein halbes Jahr später als geplant.Zwar steigerte der Konzern im zweiten Quartal die Erlöse um 2,9 % auf 391 Mill. Euro und liegt im ersten Halbjahr mit einem Plus von 5,6 % innerhalb des Zielkorridors für das Gesamtjahr von 5 bis 7 %. Das Ebit-Ziel von 45 Mill. Euro verpasste der Konzern jedoch um fast 10 Mill. Euro. “Nach einer Serie von Gewinnwarnungen 2015 wird das Senken des Ausblicks nicht dazu beitragen, das Vertrauen in die Strategie der Gruppe wiederzugewinnen”, schreiben die Analysten der Bank Berenberg. Sie zweifeln angesichts der Entwicklung in den vergangenen 18 Monaten daran, dass das mittelfristige Renditeziel von 13 bis 15 % erreichbar ist.