Ende der Geduld
Der Familienkonzern Haniel ist immer wieder für eine Überraschung gut. Der jüngste Coup: die Auflösung des Poolvertrags mit den Metro-Gründern Schmidt-Ruthenbeck. Künftig gehen die Großaktionäre des Handelskonzerns getrennte Wege. Die Pflicht zur Kompromissfindung vor strategischen Entscheidungen entfällt.Um die Tragweite der Poolauflösung zu verstehen, muss man an die Anfänge zurück: Mitte der 1960er-Jahre gründeten die Brüder Ernst Schmidt und Wilhelm Schmidt-Ruthenbeck zusammen mit Otto Beisheim und dem Duisburger Familienkonzern Haniel die Großmärkte Metro Cash & Carry. 1996 schlüpfte die Gesellschaft in den Börsenmantel von Kaufhof. Von da an hielten die Stammaktionäre 56 % zu gleichen Teilen.Erst 2007, als Haniel das eigene Metro-Paket ohne Rücksprache auf 34,24 % aufstockte, scherte Otto Beisheim aus. Verärgert über den Alleingang der Duisburger, kippte “Mister Metro” den Aktionärspool und reduzierte seine Beteiligung anschließend auf unter 10 %.Haniel und Schmidt-Ruthenbeck setzten ihren gemeinsamen Weg jedoch fort. Am Stimmrechtspool wurde selbst dann nicht gerüttelt, als Haniel, die sich mit der Anteilsaufstockung finanziell in die Bredouille gebracht hatte, Anfang 2013 ihre Metro-Beteiligung auf 30,01 % abschmolz. Die Mehrheit in der Hauptversammlung blieb auch mit 45,78 % gesichert.Die Aussage, auch künftig an einem Strang zu ziehen, entpuppte sich jedoch recht schnell als Lippenbekenntnis. Zu oft kamen sich die Großaktionäre bzw. ihre Vertreter im Aufsichtsrat in die Quere. Während Familie Schmidt-Ruthenbeck den Konzern erst ins digitale Zeitalter heben möchte, bevor es ans Verwerten der Einzelteile geht, brennt es Haniel-Vorstandschef Stephan Gemkow auf den Nägeln. Lieber gestern als morgen soll Haniel aus der zu großen Abhängigkeit von Metro befreit werden – immerhin steht die Beteiligung für etwa die Hälfte des Portfoliowertes.Zwar war es Gemkow selbst, der die Abhängigkeit mit dem Verkauf von Celesio noch vergrößerte, doch hat der einstige Lufthansa-Finanzchef, der seit zwei Jahren in Duisburg wirbelt, schon mehrfach bewiesen, dass Geduld nicht zu seinen vornehmsten Wesenszügen gehört.Ob es Gemkow, der selbst nicht im Aufsichtsrat der wichtigsten Portfolio-Beteiligung sitzt, gelingt, den Konzernumbau bei Metro auf diese Art zu beschleunigen, ist allerdings mehr als fraglich. Denn Gras wächst auch nicht schneller, wenn man daran zieht.