Energiebranche unzufrieden mit neuen Netzentgelten
In der neuen, fünfjährigen Regulierungsperiode, die Anfang 2024 beginnt, sollen die deutschen Strom- und Gasnetzbetreiber eine deutlich höhere Rendite für neue Investitionen ansetzen dürfen. Dies geht aus den Eckpunkten zur künftigen Eigenkapitalverzinsung hervor, die die Bundesnetzagentur veröffentlicht hat. Demnach soll der Zinssatz um rund 40% auf dann 7,09% angehoben werden. Für den Anlagenbestand bleibt es allerdings bei der im Oktober 2021 festgelegten Rendite von 5,07%.
Behördenpräsident Klaus Müller sprach von „spürbaren Anreizen für Investitionen bei den Netzbetreibern“, die geschaffen würden. Gleichzeitig wolle man den langfristig noch zu niedrigen Zinsen finanzierten Bestand nicht übermäßig vergüten. „Die Renditen der Netzbetreiber werden von den Netznutzern bezahlt, also Haushalten, Industrie und Gewerbe“, betonte Müller. „Die Mehrbelastung dort muss auf das Notwendigste begrenzt bleiben.“
In der Energiewirtschaft stieß diese Entscheidung auf deutliche Kritik. Der Branchenverband BDEW verwies darauf, dass allein im Bereich der Stromübertragungsnetze – also bei den Hoch- und Höchstspannungsleitungen – bis 2030 Investitionen von etwa 126 Mrd. Euro nötig seien. Hinzu kämen weitere Milliarden für die Verteilnetze auf allen Spannungsebenen. Die Netzbetreiber müssten nun aus der weiter massiv reduzierten Ertragskraft der Bestandsinvestitionen die dringend notwendigen neuen Leitungen finanzieren. Dabei sähen sich die Unternehmen wegen der gestiegenen Zinsen ohnehin schon mit deutlich erschwerten Finanzierungsbedingungen konfrontiert.
Konsultationen bis August
Die Eckpunkte der Bundesnetzagentur müssen nach Einschätzung des BDEW daher nachgebessert werden. Der Stadtwerkeverband VKU äußerte sich ebenfalls enttäuscht. „Wir brauchen eine attraktive Verzinsung, um das notwendige Kapital für die gewaltigen Aufgaben des Netzausbaus einwerben zu können“, erklärte Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing. „Sonst bleiben zentrale Aufgaben der Energiewende auf der Strecke.“
Eon als größter deutscher Verteilnetzbetreiber begrüßte zwar die Reaktion der Bundesnetzagentur auf das gestiegene Zinsniveau. Dem Konzern geht die neue Regelung aber nicht weit genug. „In Anbetracht der bevorstehenden Mammutaufgabe der Energiewende ist die zeitlich begrenzte Anpassung des EK-I-Zinses für Neuinvestitionen ab 2024 bis zum Ende der vierten Regulierungsperiode aus unserer Sicht ein erster Schritt in die richtige Richtung, stellt zunächst aber eine Übergangsregelung dar“, kommentierte ein Sprecher. Eon stößt sich daran, dass für das Bestandsvermögen die Verzinsung auf dem derzeitigen Stand gelassen wird. „Wir werden im nächsten Schritt gemeinsam mit der Branche die Pläne der Bundesnetzagentur im Detail analysieren sowie bewerten und uns in die Konsultation einbringen“, ergänzte der Sprecher.
Die Investoren werteten die Ankündigungen dennoch sehr positiv. Die Eon-Aktien setzten sich am Mittwoch in einem negativ tendierenden Dax-Gesamtmarkt ab und gewannen am Vormittag 2%. Goldman Sachs geht von einem spürbaren Effekt auf die Ergebnisse aus: Die Renditesteigerungen auf Investitionen der Netzbetreiber dürften dem Energiekonzern höhere Vorsteuergewinne einbringen als bisher erwartet, schrieb Analyst Alberto Gandolfi. Bis 2027 rechnet er mit zusammengenommen 150 Mill. Euro mehr.
Die Netzagentur stellte ihre vorgeschlagenen Eckpunkte, die als Neuerung auch noch eine jährliche Überprüfung der Basisverzinsung und entsprechende mögliche Nachjustierungen enthielten, nun zunächst bis Ende August zur Konsultation. Die Bonner Regulierungsbehörde kündigte aber bereits an, ein ähnliches Prinzip des unterschiedlichen Umgangs mit Alt- und Neuinvestitionen bis Oktober auch bei den Kalkulationen im Offshore-Windbereich vorzubereiten. Die endgültigen Netzentgelte ab 2024 sollen Ende dieses Jahres feststehen. Vorher muss die Bundesregierung aber noch eine EuGH-Rechtsprechung zur Unabhängigkeit der Regulierungsbehörde umsetzen.
Energiebranche unzufrieden mit neuen Netzentgelten
Bundesnetzagentur schlägt ab 2024 Aufschlag bei Eigenkapitalverzinsung um 40 Prozent vor, aber nur für Neuinvestitionen – Jährliche Nachjustierungen
Die Bundesnetzagentur reagiert auf das neue Zinsumfeld sowie den hohen Investitionsbedarf im Stromnetz und hebt die Eigenkapitalverzinsung der Netzbetreiber deutlich an. Ab 2024 soll es einen Aufschlag um 40% geben. Die Energiebranche ist trotzdem unzufrieden, da die neuen Renditen nur für Neuinvestitionen gelten.