Eon bricht endgültig mit der Vergangenheit
Von Christoph Ruhkamp, DüsseldorfEon steht kurz davor, einen der größten Unternehmensumbauten in Deutschland in zwei Schritten abzuschließen. Teil 1 ist die endgültige Abspaltung und Börsennotierung der Kraftwerkstochter Uniper, deren Börsenprospekt nach Prüfung durch die Finanzaufsicht BaFin laut Konzernkreisen voraussichtlich noch Ende dieser Woche veröffentlicht wird. Teil 2 ist eine Einigung mit der Bundesregierung auf die Konditionen der Atommüll-Finanzierung.Ursprünglich sollte der Referentenentwurf für das Atomgesetz Anfang September im Kabinett vorgelegt werden. Da jedoch noch etliche Details verhandelt werden, die über Milliardenbeträge entscheiden, verzögert sich der Termin auf Ende September. Eines dieser Details ist die Frage, wie der Atommüll verpackt werden muss. Das wiederum hängt davon ab, ob er in Granit, Ton oder Salz eingelagert wird. Teure Atom-VerpackungDamit sind erheblich unterschiedliche Kosten verbunden. “Genau über diesen Punkt wird derzeit noch heftig verhandelt”, sagt ein hochrangiger Eon-Manager. Angestrebt werden von Eon und den Konkurrenten wie RWE, EnBW und Vattenfall neben dem Atomgesetz auch privatrechtlich einklagbare separate Verträge mit der Bundesregierung, da solche Verträge mehr Rechtssicherheit bieten als ein Gesetz.Am Ende soll die Branche mehr als 23 Mrd. Euro an einen staatlichen Fonds überweisen, der dann die Zwischen- und Endlagerung durchführt und finanziert. Für den Abriss der Atomkraftwerke und die Verpackung des strahlenden Mülls bleiben die Konzerne verantwortlich. Eon zahlt dabei 8 Mrd. Euro an Rückstellungen sowie einen Risikoaufschlag für Kostensteigerungen von 2 Mrd. Euro an den staatlichen Fonds. Das entspricht einer Prämie von 25 %, für die im Gegenzug die Enthaftung von künftig auftretenden Risiken gewährt wird. Umstritten ist, ob Eon tatsächlich wegen konservativer gebildeter Rückstellungen nur 25 % Aufschlag zahlen muss – oder doch die von der Branche als Ganzes geforderten 35 % Aufschlag.”Den Risikoaufschlag werden wir über eine Kapitalerhöhung oder eine ähnliche Kapitalmaßnahme finanzieren. Es ist sinnvoll, die Aktionäre dafür zahlen zu lassen, weil sie so eine Versicherung gegen das sonst drohende Risiko von Kostensteigerungen aus dem Atommüll erhalten. Sie profitieren unmittelbar von dieser Lösung”, erläutert der Eon-Manager das Kalkül.Eon steht wie die anderen Unternehmen der Energiebranche vor einem strukturellen Umbruch. Ausgelöst wurde dieser Umbruch durch die Energiewende hin zu Strom aus Sonne und Wind. Der Strom aus konventionellen Atom-, Kohle- und Gaskraftwerken wurde von den per Gesetz vorrangig eingespeisten und fest vergüteten erneuerbaren Energien aus dem Markt gedrängt. Der Großhandelspreis für Strom hat sich seit dem Atomunfall von Fukushima im Jahr 2011 auf derzeit knapp 30 Euro halbiert. Eon hat darauf mit der von 99 % der Aktionäre gebilligten Abspaltung der Kraftwerkstochter Uniper reagiert, deren international diversifiziertes Portfolio einen Schwerpunkt auf Gaskraftwerken in Deutschland hat. Eon selbst behält vor allem das lukrative und verlässlichere Geschäft mit den Netzen für Strom und Gas, in die ein Drittel der erneuerbaren Energien in Deutschland eingespeist wird. 2016 als Jahr des Übergangs”Das Jahr 2016 ist für Eon ein Jahr des Übergangs, in dem die Aktionäre Unsicherheiten über die Abspaltung und die Atommüll-Lösung aushalten müssen”, beschreibt der Eon-Manager die Lage. Eon will 53 % der Uniper-Aktien den eigenen Aktionären ins Depot legen und die übrigen 47 % aus steuerlichen Gründen erst von 2018 an verkaufen. Der erste Handelstag soll entweder Montag, der 12. September, oder der 19. September sein.Uniper wird dann für einen Tag als 31. Wert im Dax gehandelt und fällt am nächsten Tag aus dem Index. Da die Eon-Aktien zu 30 % bei Indexfonds liegen, werden sich diese Investoren aus der Uniper-Aktie verabschieden. Deswegen ist in den ersten Tagen mit großer Volatilität hohem Druck auf den Kurs zu rechnen. Erst nach einigen Wochen dürfte sich ein klareres Bild ergeben.Auch der Eon-Kurs dürfte am ersten Handelstag von Uniper unter Druck kommen, weil der Konzern dann abzüglich des Werts von Uniper notiert. Deren Marktwert steht noch in den Sternen. In den Eon-Büchern ist Uniper mit einem Buchwert von 12 Mrd. Euro verzeichnet. Doch dürfte der Börsenwert eher bei 4 Mrd. Euro liegen, weil noch Milliardenabschreibungen auf die teilweise defizitär arbeitenden Kohle- und Gaskraftwerke anstehen. Wann Eon diese Abschreibungen bilanziert, ist noch offen. Weitere WertkorrekturenVoraussichtlich geschieht dies zum Jahresende – jedenfalls nicht gleich nach der Uniper-Börsennotierung. Die Kraftwerkstochter selbst muss den Wert ihrer Anlagen nicht so anpassen wie Eon, sondern kann für die Bewertung eine längerfristige Perspektive wählen. Dabei besteht die Hoffnung auf die Einführung eines Kapazitätsmarkts, der die Vorhaltung von Reserven zum Ausgleich der schwankenden Wind- und Sonnenenergie belohnt. In England steht die Einführung eines solchen Kapazitätsmarkts kurz bevor.