Eon türmt Milliardenverlust auf

Aktienkurs dennoch nahezu unverändert - Konzern will Kapitalerhöhung für Atommüll-Kosten vermeiden

Eon türmt Milliardenverlust auf

Eon hat mit einem Fehlbetrag von netto 9,3 Mrd. Euro in den ersten neun Monaten einen Rekordverlust aufgetürmt. Dennoch reagiert die Börse entspannt. Denn vielleicht gelingt es dem Konzern, ohne eine große Kapitalerhöhung für die Finanzierung der Atommüll-Entsorgung auszukommen.cru Düsseldorf – Die Folgen der Energiewende treffen den Eon-Konzern ein weiteres Mal mit voller Wucht. Der Nettoverlust des Energiekonzerns ist nach den ersten neun Monaten des Jahres auf den Rekordwert von 9,3 Mrd. Euro gestiegen, wie aus dem am Mittwoch vorgelegten Zwischenbericht hervorgeht. Nach den Wertkorrekturen auf Kohlekraftwerke und Gasspeicher ist nun auch noch die Anpassung des Buchwerts an den Marktwert der abgespaltenen und an die Börse gebrachten Kraftwerkssparte Uniper hinzugekommen. Das schlug mit 6,1 Mrd. Euro zu Buche. Weitere AbschreibungenZum dritten Quartal hat Eon die abgespaltene Tochter Uniper, an der der Konzern noch 47 % der Anteile hält, einerseits noch voll konsolidiert, andererseits als sogenannte nicht fortgeführte Aktivität in der Bilanz ausgewiesen. “Im kommenden Quartal, also zum Jahresabschluss, wird es voraussichtlich weiteren bilanziellen Anpassungsbedarf geben, weil Uniper dann vollständig entkonsolidiert wird”, kündigte Eon-Finanzchef Michael Sen in einer Telefonkonferenz an. Dabei gelte es, technisch noch Effekte im sogenannten Other Comprehensive Income (OCI) zu verarbeiten, etwa die Veränderungen in der Rubel-Bewertung zwischen dem Einstieg in den russischen Markt im Jahr 2007 und der Entkonsolidierung Ende 2016. Im OCI sind zum Beispiel bisher nicht realisierte Gewinne oder Verluste aus Derivaten oder Absicherungen.Insgesamt belaufen sich die Wertberichtigungen nach der 2014 angekündigten Konzernaufspaltung nun auf gut 23 Mrd. Euro. Das ist noch nicht alles. Auch im Schlussquartal rechnet Sen mit weiteren Belastungen von mehr als 1 Mrd. Euro.Dagegen läuft das operative Geschäft von Eon, das hauptsächlich den Betrieb der Stromverteilnetze sowie den Stromvertrieb und die Ökostromerzeugung umfasst, recht ordentlich. Der bereinigte Gewinn vor Zinsen und Steuern sank in den ersten neun Monaten nur geringfügig von 2,4 Mrd. auf 2,3 Mrd. Euro.Dementsprechend sank der Aktienkurs am Mittwoch nur um zeitweise 1,1 % auf 6,34 Euro. Der Börsenwert des Konzerns hat sich aber auch so schon binnen eineinhalb Jahren halbiert auf 12,7 Mrd. Euro.Schließlich kommen die Kosten für die Zwischen- und Endlagerung des Atommülls den Konzern noch teuer zu stehen. Eon muss nach Angaben von Finanzchef Sen voraussichtlich “bis zum Spätsommer” nächsten Jahres 9,8 Mrd. Euro in bar an eine öffentlich-rechtliche Stiftung überweisen, die sich im Gegenzug um die Entsorgung des Atommülls kümmert. Der Löwenanteil dieses Betrags ist durch Rückstellungen gedeckt, und Eon verfügt über liquide Mittel von 9,3 Mrd. Euro. Den von der staatlichen Atomkommission KFK verlangten Risikoaufschlag von 25 % auf die Rückstellungen will Eon durch Kapitalmaßnahmen aufbringen. Es geht um 2 Mrd. Euro. Commercial Papers geplantZur Finanzierung dieser Summe schloss Finanzchef Sen eine Kapitalerhöhung mit Bezugsrecht beinahe aus. Denkbar wäre aber eine Kapitalerhöhung ohne Bezugsrecht. Je nach Zahlungszeitpunkt könnte Eon auch ganz ohne Kapitalerhöhung auskommen und andere Finanzierungswege, etwa hybride Anleihen, nutzen. Da die 9,8 Mrd. Euro in bar an den Atomfonds überwiesen werden müssen, plant Finanzchef Sen, das kurzfristig benötigte Geld über Anleihen am Markt für kurzlaufende Commercial Papers aufzubringen.Der Rekordverlust hat viel Eigenkapital vernichtet. Per Ende September verfügt das Unternehmen noch über eigene Mittel von 433 Mill. Euro. Ende 2015 waren es noch 16,4 Mrd. Euro. Dabei stand allein die seit September an der Börse notierte Uniper mit 15,5 Mrd. Euro in der Bilanz. Im Schlussquartal rechnet Eon nun sogar damit, beim Eigenkapital in den negativen Bereich zu rutschen. Grund dafür sind die Zahlungen an den geplanten staatlichen Atomfonds sowie eine Neubewertung der Rückstellungen für den Rückbau der Kernkraftwerke.Eon betonte, dass das erwartete negative Eigenkapital nur nach internationalem Bilanzierungsstandard IFRS zustande komme. Nach deutschem Handelsrecht, also nach der HGB-Bilanzierung, weise der Konzern weiter ein “deutlich” positives Eigenkapital auf. Dies sei auch die entscheidende Größe für die Fähigkeit, Dividenden zu zahlen. Trotz der bedrohlichen Eigenkapitallage will Eon die Lasten für den Atomfonds ohne große Kapitalerhöhung stemmen. Finanzchef Sen deutete an, dass zur Vermeidung der Kapitalerhöhung auch das geplante “Projekt Phoenix” zur Senkung der Kosten um 400 Mill. Euro beitragen werde. Zu den Sparbemühungen gehört ein Einstellungsstopp des 43 000 Beschäftigte zählenden Konzerns.—– Wertberichtigt Seite 8