Eon/RWE-Deal kurz vor Startschuss
Deutschlands Energiesektor steht der größte Konzernumbau seit Jahrzehnten bevor. Die beiden Branchenführer Eon und RWE teilen Innogy unter sich auf. Aus dem Deal geht Eon als Europas größter Stromverteiler hervor, und RWE wird zum zweitgrößten Meereswindparkbetreiber der Welt. Am kommenden Freitag wird grünes Licht von den Kartellwächtern in Brüssel erwartet.cru Frankfurt – Eon-Vorstandschef Johannes Teyssen machte dem unterlegenen Rivalen Innogy gleich zu Beginn klar: Der 22-Mrd.-Euro-Deal zur Übernahme der RWE-Tochter sei “eine Akquisition, kein Merger”. In der kommenden Woche wird nun Innogy zwischen Eon und dem eigenen Mutterkonzern RWE aufgeteilt – nur drei Jahre nach dem gefeierten Innogy-Börsengang und eineinhalb Jahre, nachdem der Deal eingefädelt wurde. Die verbliebenen Innogy-Minderheitsaktionäre mit 10 % der Anteile werden herausgedrängt und zwangsabgefunden – ebenso wie ein großer Teil der Innogy-Topmanager, die keinen Platz im Vorstand des fusionierten neuen Eon-Konzerns finden.Am Freitag (20. September) entscheiden die Kartellwächter in Brüssel über den Milliardendeal der drei Essener Energiekonzerne, der Eon zu Europas größtem Stromverteiler mit Netzen im Wert von 34 Mrd. Euro macht. RWE wird zu Europas drittgrößtem Ökostromerzeuger hinter Iberdrola und Enel – mit Windrädern und Solaranlagen im Wert von 13,5 Mrd. Euro und insgesamt 46 Gigawatt Stromerzeugungskapazität, davon 9 Gigawatt Erneuerbare.Es wird eine der letzten großen Entscheidungen der designierten Vize-EU-Kommissionschefin Margrethe Vestager vor dem Wechsel der Kommission. Eon und RWE teilen die RWE-Tochter Innogy und ihre Geschäftsfelder neu auf. Eon erhält die Netze und den Vertrieb von Innogy, RWE die erneuerbaren Energien von Innogy und Eon. Zudem beteiligt sich RWE mit 17 % an Eon. Bisher wenig WiderstandÜppige Auflagen werden nicht erwartet. Den RWE-Teil des Deals haben das Bundeskartellamt in Bonn und Vestager durchgewunken. Die Prüfung des geplanten neuen Eon-Konzerns ist brisanter. Allein in Deutschland kommt Eon nach der Innogy-Übernahme auf 14 Millionen Strom- und Gaskunden, in ganz Europa sind es 53 Millionen.Die Fusion führe dazu, “dass die Erfolge der Liberalisierung der Energiemärkte in Deutschland ad absurdum geführt werden”, warnen die Konkurrenten Mainova, Leipziger Stadtwerke, Entega aus Hessen und Stawag aus Aachen. Deren Interessen werden von der Energieanwältin Ines Zenke der Kanzlei Becker Büttner Held (BBH) gebündelt. Eon müsse “als Kompensation” die bundesweit agierenden Discountgesellschaften verkaufen – also Eprimo und E-wie-einfach.Nach der Innogy-Übernahme verfügt Eon durch die Beteiligung an zahlreichen Regionalversorgern über 150 Marken. Eon könne dadurch Vermittlungsplattformen wie Check24 und Verivox in einer Form dominieren, “die praktisch einen Ausschluss der Wettbewerber von dieser Kundenakquise bedeutet”. Die EU müsse also vor allem “Transparenz bei der Anbieterwahl” sichern. Marktmacht befürchtetEon weist den Vorwurf zu großer Marktmacht zurück. CEO Teyssen betont, der Wettbewerb sei “in keiner Weise gefährdet”. Es werde einen scharfen Preiswettbewerb geben, weil die Kunden fast in jedem Postleitzahlengebiet unter 100 Anbietern auswählen könnten. Nach der Fusion könne Eon “allen Kunden schon bald verbesserte Leistungen anbieten”. Um grünes Licht aus Brüssel zu erhalten, hat der Konzern einige kleinere Zugeständnisse gemacht.In Deutschland trennt sich Eon von 260 000 Heizstrom-Kunden sowie von einigen Dutzend Schnellladesäulen für Elektroautos. Hinzu kommt der finanziell wesentlich bedeutendere Verkauf von Unternehmensteilen in Osteuropa an Konkurrenten.Vestager steht großen Fusionen kritisch gegenüber. Eine Fusion der Zughersteller Siemens und Alstom ließ sie scheitern, um den Wettbewerb auf Europas Markt für Hochgeschwindigkeitszüge zu sichern. Auch gegen die geplante Stahlfusion zwischen Thyssenkrupp und dem indischen Konkurrenten Tata blieb Vestager hart, um “ernsthaften Schaden” von den Kunden abzuwenden. Zu den Eon-Plänen hatte sie gesagt, die Innogy-Übernahme dürfe “keine Preiserhöhungen” bewirken.RWE will sich nach dem geplanten Wandel vom Kohlekonzern zum weltweit zweitgrößten Meereswindparkbetreiber mit einer neuen Strategie breiter aufstellen. “Wir werden uns genau ansehen, welche Marktposition wir in welchen Ländern haben und wie wir diese stärken, und wir haben finanzielle Flexibilität”, sagte Finanzchef Markus Krebber der Nachrichtenagentur Reuters. Der Konzern erwarte “mit Spannung” die Freigabe des Deals.Es sei wichtig, über Technologien und Regionen diversifiziert zu sein, um Erfolg zu haben, weil das Erneuerbaren-Geschäft stark politisch reguliert werde und man von Rahmenbedingungen abhängig sei, die sich schnell ändern können. Krebber bekräftigte, dass RWE pro Jahr 1,5 Mrd. Euro für den Ausbau des Ökostromgeschäfts bereitstellen werde. Auf Größe kommt es an “Größe ist ein entscheidender Faktor, um den technologischen Fortschritt umzusetzen und um günstigere Stromproduktionskosten zu erzielen.” RWE wolle seine Position in einigen Ländern noch stärken. “Erwarten Sie keine Riesentransaktionen. Aber wir wollen in den Erneuerbaren wachsen.” Langfristig möglich ist laut Krebber ein Verkauf des 16,7-Prozent-Pakets an Eon im Wert von 4 Mrd. Euro, das RWE im Zuge der Transaktion erhält. “Es ist auch klar, dass wir über einen Anteil an Eon verfügen, der langfristig theoretisch auch in andere Geschäfte investiert werden kann”, sagte Krebber.