SIEMENS ZIEHT BILANZ

EQT will Hörgeräte "industriell entwickeln"

Siemens gibt für 2 Mrd. Euro mit stolzem Multiple ab

EQT will Hörgeräte "industriell entwickeln"

mic/wb Berlin/Frankfurt – Siemens hat den geplanten Börsengang für die Hörgerätesparte wie erwartet abgeblasen. Stattdessen verkauft der Dax-Konzern das Geschäft an die Beteiligungsgesellschaft EQT und die deutsche Unternehmerfamilie Strüngmann als Co-Investoren. Der Kaufpreis beträgt 2,15 Mrd. Euro. Davon finanzieren die Erwerber etwa 1,1 Mrd. Euro als Eigenkapital, wie EQT-Deutschland Marcus Brennecke in einer Telefonkonferenz sagte. Siemens hat den Kaufpreis optisch etwas angehoben, indem sich der Konzern mit Vorzugskapital von 200 Mill. Euro beteiligt. Strüngmanns, die sich mit dem Verkauf des Generikaherstellers Hexal an Novartis Milliarden für Investments besorgt hatten, investieren in gleicher Größenordnung. So wird der kapitalmäßige Anteil von Siemens, der keine Stimmrechte umfasst, bei 18 % liegen, während Strüngmanns auf 22 % kommen. EQT hält gut 60 %. Verkäuferdarlehen gibt es nicht. Rückbeteiligung hilftSiemens erhält einen Besserungsschein. Vorstandschef Joe Kaeser bezifferte mögliche Auszahlungen auf rund 100 Mill. Euro. Mit der Rückbeteiligung ist es Siemens gelungen, ein stolzes Bewertungsmultiple von knapp 15-mal des operativen Ergebnisses (Ebitda) zu zeigen. Diese Höhe verteidigte Brennecke, der im Mai “hohe Preiserwartungen” bei Übernahmen beklagt hatte, mit dem Hinweis auf die Niveaus der börsennotierten Unternehmen aus der Branche wie Sonova oder Demand.Laut Brennecke will EQT die Hörgeräte für einen Börsengang vorbereiten. Dieser sei in drei bis vier Jahren in Abhängigkeit von der Kapitalmarktentwicklung möglich. EQT wolle insbesondere in den Vertrieb investieren und die Audiosystems “organisch und anorganisch” wachsen lassen. Siemens hatte die Hörgeräte schon jetzt für börsenfähig gehalten und ein IPO vorbereitet. Brennecke will das Geschäft nun “industriell entwickeln”. Er verspricht: “Es wird keinen Stellenabbau geben.” Siemens habe einen Erwerber mit längerfristigem Horizont und industrieller Denke gesucht.Die Finanzierung stellen Deutsche Bank, Goldman Sachs und UBS. Letztere hat Siemens beraten. EQT kommt in dem Deal ohne M & A-Berater aus. Freshfields Bruckhaus Deringer steht EQT rechtlich zur Seite, Siemens setzt auf Hengeler Mueller.Siemens und Strüngmanns werde ein Sitz im künftigen Beirat eingeräumt. Die Produktmarke Siemens darf weiter genutzt werden. Der Konzern verabschiedet sich vom Geschäft mit dem Endverbraucher, nachdem zuletzt der hälftige Anteil an Bosch Siemens Hausgeräte an den Stuttgarter Partner abgegeben worden war.Siemens Audiology Solutions setzte im vergangenen Geschäftsjahr mit 5 000 Beschäftigten 693 Mill. Euro um und verdiente operativ (Ebitda) 145 Mill. Euro. Ohne Berücksichtigung Siemens-spezifischer Kosten läge das Ebitda über 150 Mill. Euro. An entscheidender Stelle arbeitet Marcus Desimoni als Finanzchef, der einst die IR-Abteilung von Siemens führte. Deutsche Standorte sind in Erlangen und Herford. Die Transaktion soll im ersten Quartal 2015 abgeschlossen erden.Hermann Requardt, CEO von Siemens Healthcare, freut sich über den Verkauf, den sein Finanzchef Michael Sen verhandelt hatte: “Die Transaktion ist nicht nur aus finanzieller Sicht exzellent, wir sind auch überzeugt, dass beide Investoren das Hörgerätegeschäft mit einer klaren Wachstumsstrategie langfristig weiterentwickeln werden.”