Telekomausrüster

Ericsson findet nicht zurück auf den Wachstumspfad

Ericsson offenbart nicht nur einen Milliardenverlust, sondern gibt auch einen schwachen Umsatzausblick und wagt keine Gewinnprognose für 2024. Die Aktie fällt auf ein Sechs-Jahres-Tief.

Ericsson findet nicht zurück auf den Wachstumspfad

Ericsson verschreckt mit Ausblick

Düstere Prognose des Telekomausrüsters schickt Aktie auf Sechs-Jahres-Tief − Nokia in Sippenhaft

hei Frankfurt

Infolge der milliardenschweren Abschreibung auf die im vergangenen Jahr erworbene Vonage offenbart Ericsson für das dritte Quartal nun einen Milliardenverlust. Der Fehlbetrag von 30,5 Mrd. skr (2,64 Mrd. Euro) resultiert fast komplett aus der Wertberichtigung auf den Cloud-Spezialisten, die Ericsson am vergangenen Donnerstag bekannt gegeben hatte. Allerdings konnte das Impairment von 31,9 Mrd. skr offensichtlich nur minimal durch Gewinne im Kerngeschäft kompensiert werden. Noch schwerer als das Debakel des Zukaufs wiegt allerdings der düstere Ausblick, den der Telekomausrüster mit der Zahlenvorlage verband.

Schwache Nachfrage

Demnach dürfte sich die Nachfrage im Kerngeschäft mit Netztechnik nicht wie erwartet beleben. Stattdessen trüben die schwache Konjunktur und weltweite geopolitische Spannungen die Aussichten für das vierte Quartal und darüber hinaus. Die Investitionsbereitschaft der Kunden sei schwach, so Ericsson. Anleger ergriffen die Flucht, der Kurs der Ericsson-B-Aktie brach in Stockholm in der Spitze um bis zu 11% ein. Seit Jahresbeginn hat das Papier damit gut ein Fünftel an Wert verloren. Die Titel des finnischen Rivalen Nokia gerieten in den Abwärtssog. An der Börse Helsinki ging es für Nokia um über 4% auf 3,28 Euro abwärts. Dies, obwohl Analysten sich zuletzt positiv zu den Perspektiven des Konzerns geäußert hatten.

So erwartet J.P. Morgan trotz des schwachen Umfelds, dass Nokia am Donnerstag gute Zahlen für das dritte Quartal vorlegen wird. Die Experten stufen das Papier mit "Overweight" ein und nennen ein Kursziel von 6,50 Euro. Nokia hatte in den vergangenen Jahren mit erheblichem Nachholbedarf bei 5G-Netztechnik zu kämpfen und deshalb Marktanteile verloren. Allerdings hatten die Finnen den Wachstumstreiber Enterprise Networks früher konsequent vorangetrieben.

Mehr Einsparungen

Ericsson-CEO Börje Ekholm, der nicht zuletzt wegen des Vonage-Debakels von Großaktionär Cevian scharf angegriffen wurde, erklärte, das Unternehmen konzentriere sich im Umgang mit der aktuell schwierigen Lage auf "Faktoren, die wir beeinflussen können". Dabei gehe es um Kostensenkungen und eine generell höhere Effizienz im Unternehmen. Ericsson sei dabei, das eigene Geschäft "fundamental zu repositionieren" und verfolge weiterhin die Strategie, im Netzwerkgeschäft global führend zu sein, während die Enterprise-Sparte ausgebaut und "kultureller Wandel" im Unternehmen vorangetrieben werden. Ericsson hatte über Jahre mit Korruption, vor allem im Nahen Osten, zu kämpfen und deshalb eine Milliardenstrafe der US-Börsenaufsicht SEC kassiert. Ekholm betonte, Vonage bleibe ein Eckpfeiler der Unternehmensstrategie, und verwies auf eine jüngst vereinbarte Partnerschaft mit der Deutschen Telekom.

Kein Lichtblick

Während Ericsson die Sparanstrengungen verschärft, soll sich dies im laufenden Quartal in einer operativen Rendite (Ebita) von "um die 10%" auszahlen, nach 7,3% im dritten Quartal. Bis Jahresende sollen jährliche Einsparungen von 12 Mrd. skr erreicht sein, 1 Mrd. skr mehr als zunächst geplant.

Beim Umsatz hatte der Netzwerkausrüster ursprünglich eine spürbare Belebung in der zweiten Jahreshälfte avisiert. Davon kann nun keine Rede sen. Nach einem organischen und währungsbereinigten Rückgang von 10% im dritten Quartal dürfte auch das vierte "schwächer als üblich" ausfallen. Mit Blick auf das kommende Jahr ist kein Lichtblick in Sicht. Ericsson wagt keine Prognose für die Renditeentwicklung jenseits des Jahresendes.

Noch Spielraum bei 5G

Ekholm wies darauf hin, dass die Nachfrage im Kerngeschäft nach Netztechnik im Grunde seit zwei Jahrzehnten nur schwaches Wachstum zeige, von gelegentlichen zyklischen Ausreißern abgesehen. Positiv stimmt ihn aber, dass im Hinblick auf den 5G-Standard rund drei Viertel aller Telekomnetze global außerhalb Chinas noch nicht aufgerüstet seien. Im zurückliegenden Quartal fällt besonders der starke Umsatzrückgang (währungsbereinigt) um rund die Hälfte in der Region Nordamerika auf, der von einem Schub um 74% in der Region Indien und Südostasien nicht aufgefangen werden konnte, weil das Volumen dort insgesamt noch gering ist.

Ericsson offenbart nicht nur einen Milliardenverlust, sondern gibt auch einen schwachen Umsatzausblick und wagt keine Gewinnprognose für 2024. Die Aktie fällt auf ein Sechs-Jahres-Tief. Der Fehlbetrag hat zudem nahezu den Umfang der zuvor verkündeten Abschreibung, das Kerngeschäft wirft augenscheinlich wenig ab.

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