Ericsson im freien Fall

Ergebnis knapp über null - Neue Sparrunden - Nachfrage im Netzwerkgeschäft fehlt - Aktie bricht ein

Ericsson im freien Fall

Ericsson taumelt wegen schwacher Nachfrage tiefer in die Krise. Der schwedische Netzwerkausrüster erwischte Investoren mit Angaben zum viel schlechter als erwartet verlaufenen dritten Quartal auf dem falschen Fuß. Besserung ist nicht in Sicht. Die Marktkapitalisierung schmolz um 20 %.wb Frankfurt – Die Talfahrt von Ericsson beschleunigt sich. Für das dritte Quartal hat der schwedische Netzwerkausrüster allen Sparanstrengungen zum Trotz mit vorläufigen Angaben zum dritten Quartal die Investoren geschockt. Der Hersteller von Servern, Sendestationen sowie Netzwerktechnik für Mobilfunk- und Festnetze bekommt die schwache Nachfrage für die Ausrüstung von Mobilfunknetzen sowie in Krisenländern wie Brasilien und Russland schwer zu spüren.Von Juli bis Ende September brach der Umsatz um 14 % auf 51,1 Mrd. skr um, umgerechnet 5,3 Mrd. Euro. Das ist das größte Minus seit 13 Jahren, haben Beobachter herausgefunden. Das operative Ergebnis löste sich quasi in Luft auf: Es sackte um 93 % auf 0,3 Mrd. skr ab. Damit wurde bedeutend schwächer verdient, als es der seit Juli amtierende Vorstandschef Jan Frykhammar angenommen hatte. Die miese Branchenentwicklung aus den ersten sechs Monaten habe sich verschärft, heißt es. Zudem sei kurzfristig nicht mit einer Besserung zu rechnen, räumt Frykhammar ein. Er kündigt neue Sparrunden an, um die Kosten dem wegbrechenden Geschäft anzupassen. Erst vorige Woche wurde der Abbau von 3 000 Stellen in Scheden angekündigt – im Heimatmarkt verliert damit jeder Fünfte seinen Job. Frykhammer war im Juli interimistisch vom Finanzchef zum CEO avanciert, der langjährige Konzernchef Hans Vestberg musste gehen. Chinesen machen DruckDer 140 Jahre alte Konzern trudele aber nicht ins Aus, versuchte er zu beschwichtigen. Bisher steht das Ziel, die jährlichen Kosten bis 2017 um 9 Mrd. skr zu drücken. Angaben zum Nettoergebnis macht der Konzern am 21. Oktober.Der Weltmarkt für Netzwerkausrüster, der laut Gartner 2015 rund 168 Mrd. Dollar schwer war, steckt im Umbruch, weil sich der Schwerpunkt des hardwarelastigen Geschäfts nicht nur in den USA, sondern global hin zu Software verschiebt, um sich dem Cloud-Zeitalter anzupassen. Die Anbieterstruktur ist zersplittert, doch hat sich eine Handvoll von ganz großen Anbietern herauskristallisiert, die den Weltmarkt dominieren: Dazu gehören die chinesische Huawei, Ericsson sowie die finische Nokia, die im Januar 2016 den Wettbewerber Alcatel-Lucent übernommen hat. Der US-Netzwerkausrüster Cisco kündigte gerade den nächsten Stellenabbau an. Dort sollen 5 500 Jobs, 7 % der Belegschaft, dem Rotstift zum Opfer fallen. Rivalen aus China wie ZTE und Huawei sorgen mit niedrigen Preisen für harte Konkurrenz. Ihre Produkte überzeugen heute ebenso wie die von Ericsson oder Nokia, so dass die selbst unter Druck stehenden Telekomkonzerne weniger bereit sind, Premiumpreise zu berappen.Von Juli bis Ende September fielen im operativen Ergebnis von Ericsson Umbaukosten von 1,3 Mrd. skr an. Doch auch bereinigt um Sonderposten verdiente Ericsson knapp drei Viertel weniger als ein Jahr zuvor. Die Sparbemühungen hätten die schwachen Verkäufe und die sinkenden Margen nicht wettmachen können, heißt es. Neben dem enttäuschenden Abschneiden in Schwellenländern habe die Gruppe in Europa weniger verkauft, da zahlreiche Projekte zur Aufrüstung von Mobilfunknetzen – Stichwort LTE – 2015 abgeschlossen wurden, während neue Aufträge in Zusammenhang mit dem nächsten Mobilfunkstandard 5G auf sich warten lassen. Die Bruttomarge schrumpfte wegen geringeren Absatzes im Netzwerkgeschäft von knapp 34 auf rund 28 %. Das ist der niedrigste Stand seit 15 Jahren.Ericsson hatte zuletzt weltweit 120 000 Beschäftigte. Die Belegschaft war trotz Restrukturierungen über die Jahre mit Akquisitionen gestiegen. Vestberg hatte versucht, mit Zukäufen neue Geschäftsfelder zu erschließen, um die Flaute im Kerngeschäft mit Netztechnik abzufangen und neue Kunden jenseits der Telekomnetzbetreiber zu erschließen.