Telekomausrüster

Ericsson schreibt größte Akquisition der Firmengeschichte zur Hälfte ab

Nachdem Ericsson angekündigt hat, den größten Zukauf der Firmengeschichte zur Hälfte abzuschreiben, hagelt es scharfe Kritik des aktivistischen Investors Cevian an Ericsson-CEO Börje Ekholm.

Ericsson schreibt größte Akquisition der Firmengeschichte zur Hälfte ab

Ericsson schreibt Vonage-Kauf zur Hälfte ab

Desaster bei größter Akquisition der Firmengeschichte setzt CEO unter Druck – Kritik von Cevian – Operatives Quartalsergebnis sackt 40 Prozent ab

hei Frankfurt

Nachdem Ericsson angekündigt hat, den größten Zukauf der Firmengeschichte zur Hälfte abzuschreiben, hagelt es scharfe Kritik des aktivistischen Investors Cevian an Ericsson-CEO Börje Ekholm. Die Anleger setzen offenbar auf einen Wechsel an der Spitze des Telekomausrüsters, die Aktie gewinnt nach einem kurzen Rücksetzer 1,5%.

Der schwedische Telekommunikationsausrüster Ericsson muss die Hälfte des Kaufpreises auf den für umgerechnet 6,2 Mrd. Dollar erworbenen Cloud-Spezialisten Vonage abschreiben. Wie das Unternehmen mitteilt, bleibt das Wachstum bei dem Unternehmen, das für Ericsson die bisher teuerste Akquisition der Unternehmensgeschichte war, aufgrund des eingetrübten Marktumfelds hinter den Erwartungen zurück. Die Bewertungen börsennotierter Wettbewerber seien zudem deutlich rückläufig. Die Ericsson-B-Aktie zog nach einem kurzen Rücksetzer deutlich an, gab aber später einen Teil der Gewinne wieder ab.

Konsequenzen gefordert

Cevian, der aktivistische schwedische Investor, der knapp 5% der stimmrechtsschwächeren B-Aktien an Ericsson hält und mit seinem Investment bisher nicht glücklich geworden sein dürfte, reagierte mit scharfer Kritik und forderte Konsequenzen in der Unternehmensführung. Konzernchef Börje Ekholm und der neue Chairman Jan Carlson müssten die Verantwortung übernehmen, wird Cevian-Co-CEO Christer Gardell in schwedischen Medien zitiert.

Verlustbringer

Ericsson hatte die rund 60 Mrd. skr teure Übernahme erst im vergangenen Jahr abgeschlossen und schreibt nun 32 Mrd. skr (3 Mrd. Dollar) ab. Gardell sprach von einer massiven Vernichtung von Aktionärsvermögen. Der Konzern wollte mit dem Kauf von Vonage unter anderem im Entreprise-Geschäft, das von Konkurrent Nokia deutlich früher als Wachstumsbereich identifiziert wurde, Boden gutmachen. Die Sparte ist zwar im zurückliegenden Quartal mit einem Umsatzplus von 34% ein Lichtblick auf der Erlösseite, wie die von den Schweden zugleich veröffentlichten Eckdaten zum Quartal zeigen. Allerdings belastet Vonage bzw. die Entreprise-Division insgesamt weiterhin die Marge, die in der Sparte bei −8,9% lag. Dafür ist das Geschäft mit 6,7 Mrd. skr im Quartal viel zu klein, um die Umsatzeinbußen im Kerngeschäft mit Netztechnik abzufangen.

Herber Rückgang

Hier muss Ericsson einen Rückgang um 14% hinnehmen, obwohl der große Rivale Huawei in der gesamten westlichen Welt immer mehr auf Widerstand stößt. Die in der Branche viel beachtete Rohmarge fiel um 2,8 Prozentpunkte auf 39,2%, das operative Ergebnis (Ebita) brach um fast 40% auf 4,7 Mrd. skr ein. Die bereinigte Ebita-Marge wird mit 7,9% angegeben und liege im Rahmen der Erwartungen. Der Free Cashflow vor M&A drehte mit −0,5 Mrd. skr in negatives Terrain, weil Ericsson die Lagerbestände deutlich ausgebaut hat. Cevian-Partner Lars Forberg schimpfte an anderer Stelle, der Vonage-Deal habe "finanziell und strategisch nichts gebracht".

Das Vonage-Debakel dürfte zusammen mit der schwachen Geschäftsentwicklung den Druck auf Ekholm deutlich erhöhen. Der Manager, der seit Beginn 2017 an der Konzernspitze steht und unter anderen die Trümmer der zuvor ebenfalls fehlgeschlagenen Akquisitionsstrategie seines Vorgängers Hans Vestberg wegräumen musste, agiert auch sonst eher glücklos. Die Großaktionäre Investor AB sowie Industrivärden, die den Netzwerkausrüster über ihre stimmrechtsschweren A-Aktien kontrollieren, mussten bereits 2017 und 2018 erhebliche Verluste auch unterm Strich verkraften, weil die Expansionsstrategie im Service-Bereich die Wertberichtigung oder Abwicklung zahlreicher Verträge erzwang.

Glücklos agiert

Während Ekholm hier mit dem Erbe seines Vorgängers aufräumte, gelang ihm eine nachhaltige Neuausrichtung an anderer Stelle nur schwer. Infolge von Korruptionsverfehlungen im Nahen Osten, die auch den Verdacht der Finanzierung des Terrornetzwerks Islamischer Staat nahelegten, geriet Ericsson ins Visier der US-Börsenaufsicht SEC, die eine rekordhohe Korruptionsstrafe von 1 Mrd. Dollar verhängte. Es folgten in jüngster Zeit weitere Strafzahlungen, weil die SEC mit der Aufarbeitung der Vorfälle nicht zufrieden war. Die Erisson-B-Aktie notiert nach einer Achterbahnfahrt auf dem Niveau von Anfang 2017, als Ekholm angetreten war. Vom Wechsel zum Mobilfunkstandard 5G, der den Schweden im Netzwerkgeschäft über Jahre eine Sonderkonjunktur beschert hatte, konnte die Entwicklung des Börsenwerts nicht profitieren.

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