Erneuerbare Energien erobern den Wärmemarkt

Roland Berger: Klimavertrag erzwingt Wende

Erneuerbare Energien erobern den Wärmemarkt

cru Düsseldorf – Erneuerbare Energien werden nach der Stromerzeugung künftig auch den Wärmemarkt erobern. Das sagt die Unternehmensberatung Roland Berger voraus. Die Energie für Heizen und Kühlen in Deutschland stamme derzeit mit 87 % noch fast vollständig aus konventionellen Quellen. Das sei jedoch zu viel, um die im Klimavertrag von Paris eingegangene Verpflichtung zu erfüllen, die Treibhausgasemissionen bis 2050 um 80 bis 95 % im Vergleich zu 1990 zu reduzieren.Deshalb habe die Bundesregierung in ihrem nationalen Klimaschutzplan 2050 erstmals für die Sektoren Strom, Wärme, Industrie und Verkehr jeweils individuelle Zwischenziele für 2030 eingeführt. Außerdem sollten die Sektoren enger miteinander verzahnt werden, um die Effizienz zu steigern. Auf Energiekonzerne, Wärmeversorger und Kunden kämen dadurch erhebliche Veränderungen zu, die sie in Investitionsentscheidungen frühzeitig berücksichtigen müssten.”Der Wärmemarkt wird in den kommenden Jahren genauso umgekrempelt, wie wir es im Strommarkt gesehen haben”, sagt Torsten Henzelmann, Partner von Roland Berger. Das deutsche Wärmesystem werde komplett umgebaut – hin zu einer dezentralen Struktur und überwiegend basierend auf erneuerbaren Energiequellen.Bereits heute betroffen seien Energieversorger, die in großen, konventionellen Heizkraftwerken Wärme produzieren und ihre Kunden über ein zentrales Fernwärmenetz beliefern. Diese Wärme sei anfangs ein Nebenprodukt der Stromerzeugung gewesen, später dann eine sichere Erlösquelle, als die Stromgroßhandelspreise sanken. Mit dem weiteren Ausbau von Wind- und Solarkraftwerden laut Roland Berger die Preise aber noch weiter sinken und zunehmend schwanken. Deshalb liefen ältere, unflexible Anlagen immer öfter, um Wärme zu produzieren, verlören aber auf der Stromseite Geld. Heizen mit Überschuss-StromAls entscheidenden Trend nennt Roland Berger die Dekarbonisierung für das Erreichen der Emissionsziele. Dazu kämen Digitalisierung und neue Technologien, die das Energiesystem insgesamt effizienter und intelligenter steuerbar machten und so die Dekarbonisierung überhaupt erst ermöglichten. Außerdem werde es eine deutliche Dezentralisierung geben, bedingt durch den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien. Der vierte Trend sei die engere Verzahnung der Sektoren.Beispiele für neue Technologien seien Power-to-Heat-Anlagen, die Wärme aus überschüssigem erneuerbaren Strom erzeugen, oder auch Power-to-Gas-Anlagen, die den Strom zur Erzeugung von Gas nutzen, das langfristig im Gasnetz gespeichert werden kann. Zur kurzfristigen Speicherung von überschüssigem Strom kämen zunehmend dezentrale Stromspeicher in Elektroautos oder Gebäuden zum Einsatz. Sektorübergreifend sei auch die Nutzung von Abwärme aus Industrieanlagen für die Wärmeversorgung.