IAA 2019

Erste Allgemeine Verunsicherung

Von Sebastian Schmid, Frankfurt Börsen-Zeitung, 11.9.2019 Die Automesse IAA in Frankfurt ist eröffnet, und die Teilnehmer stehen sichtlich unter Strom: Zulieferer und Hersteller haben alles, was mit Elektromobilität zu tun hat, ins Rampenlicht...

Erste Allgemeine Verunsicherung

Von Sebastian Schmid, FrankfurtDie Automesse IAA in Frankfurt ist eröffnet, und die Teilnehmer stehen sichtlich unter Strom: Zulieferer und Hersteller haben alles, was mit Elektromobilität zu tun hat, ins Rampenlicht gerückt. Volkswagen zeigt neben dem ID3, ihrem ersten Auto auf Basis des modularen E-Baukastens, gleich noch sämtliche E-Auto-Studien, die in den vergangenen Jahren so produziert wurden – vom ID Crozz bis zum ID Buzz. ZF Friedrichshafen präsentiert die ganze Bandbreite der Elektrifizierungsoptionen – vom Fahrrad bis zum Bus. Mercedes versichert, dass man jetzt stärker denn je auf batterieelektrische Antriebe setzen will, um nur ein paar Beispiele zu nennen.Der teils demütige Unterton und die Ankündigung, nun zu wissen, wie man einen Beitrag zum Klimaschutz leisten könne, wird indes durch altbekanntes Marketing konterkariert. Bei Audi knallen Technobeats durch Halle 3.0, schnelle Farbwechsel und Autostudien im Comic-Stil zucken über riesige Leinwände. Auch bei Volkswagen ist im Werbevideo alles hip. Menschen lachen, während sie das Pedal durchdrücken und die rasante Beschleunigung des ID3-Elektromotors genießen. Ähnlich sieht es bei den anderen Autobauern aus. Schnelle Beats, schnelle Schnitte, glückliche Menschen – so sieht Autowerbung eben aus, ob mit oder ohne Verbrennungsmotor.Neue Ausrichtung, alte Marketingrezepte? Hin- und Hergerissen zwischen Protesten durch Kritiker wie #SandImGetriebe, mit deren Initiatorin sich VW-Chef Herbert Diess Stunden vor der Enthüllung des ID3 live auf Facebook eine Diskussion lieferte, und dem Gefühl, die Kunden primär emotional ansprechen zu müssen, wirkt vieles gestrig bis unsicher. Wenn VW bei der Präsentation des ID3 ein junges Mädchen auf die Bühne holt, damit dieses seine Vorstellung eines Autos der Zukunft skizziert, wirkt das wie eine plumpe Anbiederung an “Fridays for Future”. Die Schwestermarke Seat setzt derweil auf die prominente Unterstützung der Band “Die Fantastischen Vier”. Passender als die 1986 gegründete Hip-Hop-Kombo wäre wohl ein neun Jahre früher gegründetes Quartett gewesen – die Erste Allgemeine Verunsicherung.——Die Autobauer schlagen beim Auto neue Wege ein und verlassen die alten Pfade dennoch nicht.——