ESG erobert den Kreditmarkt. Die Höhe des Kreditzinses bei Darlehen an Unternehmen wird neuerdings immer öfter an die Erreichung von ESG-Zielen (Umwelt, Soziales, Governance) geknüpft. Noch handelt es sich um eine Nische im Markt für Leveraged Loans, aber sie gewinnt schnell an Schwung – mit ESG-Krediten für den deutschen Windradgetriebehersteller Flender sowie das deutsche Verpackungsunternehmen Klöckner Pentaplast und den französischen Betreiber von Privatkliniken Elsan.

„Wir sind uns sicher, dass der Einsatz von ESG-Kriterien in Leveraged Loans in diesem Jahr weiter zunehmen wird, da Emittenten und Investoren offener dafür werden, Nachhaltigkeitsziele in die Preisstruktur einzubeziehen“, sagten Eddie Martin und Murad Khaled aus der Leveraged-Finance-Abteilung der Bank of America in London der Börsen-Zeitung. Die Bank hat einen knapp 1 Mrd. Euro schweren ESG-Kredit für den Finanzinvestor Carlyle organisiert, der die Ex-Siemens-Tochter Flender kürzlich übernommen hat. Dabei fällt der Zins um bis zu 10 Basispunkte billiger aus, wenn Flender den bereits hohen Umsatzanteil der Windradgetriebe weiter ausbaut.

Bei Klöckner Pentaplast wurde der Kreditzins an die CO₂-Emissionen, das Recycling und den Frauenanteil im Management geknüpft. Beim Klinikbetreiber Elsan ging es um den Therapieerfolg, die Abfallreduktion und die Work-Life-Balance der Beschäftigten.

„Emittenten wollen verantwortungsvoll handeln, und es ist ihnen wichtig, ihre ESG-Kennzahlen und ihr Branding zu vermarkten“, sagte Khaled. „Wir sehen mehr Investoren, die danach fragen. Es gibt einen kollektiven Wunsch von Emittenten, Investoren und Marktteilnehmern wie uns, ESG in unser Geschäft einzubeziehen. Ich denke, das wird im Jahr 2021 noch zunehmen.“

Banker, die sich mit nachhaltigen Kapitalmärkten beschäftigen, sind zuversichtlich, dass sich auch Private-Equity-Firmen neuerdings bei ihren Finanzierungen in Richtung Nachhaltigkeit bewegen. Im Jahr 2020 gab es bereits einige Deals. Inzwischen haben viele Private-Equity-Firmen entschieden, in diese Richtung zu gehen.

Klöckner Pentaplast und Elsan sind zwei weitere der jüngsten Fälle von Kreditnehmern, die ihre Schuldzinsen an ESG-Kriterien knüpfen, nachdem Flender im Januar ein Term Loan B (endfälliger Kredit) über 965 Mill. Euro an die Windenergie gekoppelt und der französische Anbieter von Lebensmittelsicherheit Kersia im November ein Corporate-Social-Responsibility-Element in sein fremdfinanziertes Buyout-Darlehen über 520 Mill. Euro eingebaut hatte.

„Man wird das mehr und mehr sehen. Jeder Investor muss jeden Deal durch eine ESG-Brille betrachten, und diejenigen Deals, die die Performance mit einem ESG-Anreiz verknüpfen können, werden tendenziell wohlwollend betrachtet“, sagte Bank-of-America-Banker Khaled.

Der Klinikbetreiber Elsan hat eine 350 Mill. Euro schwere, an Nachhaltigkeit gebundene Zusatzanleihe zur Finanzierung der jüngsten Übernahme des französischen Klinikbetreibers C2S aufgelegt. Die siebenjährige, nicht fungible Term-Loan-B-Anleihe wurde mit 350 Basispunkten über Euribor angeboten. Der Kreditzins beträgt 350 Basispunkte, wenn der vorrangig besicherte Nettoverschuldungsgrad über dem 4,25-Fachen liegt, reduziert sich auf 325 Basispunkte bei einem Verschuldungsgrad zwischen 3,75 und 4,25 und sinkt auf 300 Punkte bei einem Verschuldungsgrad unter 3,75.

Der Kredit ist außerdem an das Erreichen von drei vordefinierten, nachhaltigkeitsbezogenen Zielen gebunden, wodurch sich der Zins um maximal 7,5 Basispunkte erhöht oder verringert. Zu den Zielen gehören die Steigerung der Patientenzufriedenheit, die Reduzierung der medizinischen Abfälle und die Verbesserung der Arbeitsqualität der Mitarbeiter. Wird keines der Ziele erreicht, steigt der Zins um 7,5 Basispunkte, bei Erreichen eines Ziels sinkt er um 5 Basispunkte, bei mehr Zielen noch stärker.

Wertberichtigt Seite 8