EU droht teures Nachspiel mit UPS
Ihr Verbot der Übernahme des Paketzustellers TNT Express durch UPS im Jahr 2013 dürfte die EU-Kommission noch teuer zu stehen kommen. Denn der EU-Gerichtshof steuert darauf zu, den Entscheid der EU-Kommission endgültig für nichtig zu erklären. UPS fordert milliardenschweren Schadenersatz. fed Frankfurt – Der Logistikkonzern United Parcel Service (UPS) hat einen wichtigen Etappensieg vor Gericht errungen. Die Generalanwältin des Europäischen Gerichtshofs, Juliane Kokott, hat ihren Richterkollegen vorgeschlagen, das im Jahr 2013 von der EU-Kommission ausgesprochene Verbot der Übernahme des niederländischen Zustelldienstes TNT Express durch UPS endgültig für nichtig zu erklären – und somit die Vorinstanz, das sogenannte EU-Gericht, abschließend zu bestätigen. In der überwiegenden Zahl der Fälle folgt der Gerichtshof dem Schlussantrag der Generalanwältin. 1,7 Mrd. Euro plus ZinsenIn anderen Worten: Europas oberste Richter steuern auf ein Urteil zu, das das Fusionsverbot der EU-Wettbewerbshüter in Sachen UPS/TNT nachträglich kassiert. Das wiederum hätte zur Folge, dass die Position von UPS bei der Forderung von milliardenschweren Schadenersatzzahlungen deutlich gestärkt würde.UPS hat bereits vor längerem Schadenersatzklage vor dem EU-Gerichtshof eingereicht. “Die Klägerin beantragt, UPS die entstandenen Schäden in Höhe von 1,742 Mrd. Euro zuzüglich aufgelaufener Zinsen zu ersetzen”, heißt es in der Klageschrift. Das könnte auf eine Summe von deutlich mehr als 2 Mrd. Euro hinauslaufen, die die EU-Kommission – und damit der europäische Steuerzahler – nachträglich UPS für die erlittenen Nachteile durch die abgesagte Fusion erstatten müsste. Verteidigungsrechte verletztKonkret wirft Generalanwältin Kokott den EU-Fachbeamten vor, dass sie sich bei ihrer Sorge vor Beeinträchtigungen des Wettbewerbs im Markt der Eilzustellung von kleinen Paketen auf ganz andere ökonometrische Analysen und Modellrechnungen gestützt hätten als diejenigen, die sie im Laufe des wettbewerbsrechtlichen Verfahrens mit dem Unternehmen diskutiert hätten. Kurzum: Die EU-Kommission habe einen Verfahrensfehler begangen, weil sie dem amerikanischen Konzern die Chance genommen habe, den eigenen Standpunkt zu dem letztlich entscheidenden Preiskonzentrationsmodell “sachdienlich vorzutragen”. Damit seien die Verteidigungsrechte des Unternehmens verletzt worden – schließlich habe der Paketdienstleister keine Chance gehabt, durch geeignete Abhilfemaßnahmen wie den Verkauf von bestimmten Geschäftsteilen die vorgeworfene Wettbewerbsverzerrung zu mildern und damit doch noch letztendlich die Zustimmung der EU-Fusionskontrolleure zu erhalten.Die EU-Wettbewerbsbehörde hatte ihr Vorgehen mit Hinweis auf den enormen Zeitdruck eines solchen Verfahrens verteidigt. Davon lässt sich die Generalanwältin jedoch nicht beeindrucken. Die EU-Kommission, so heißt es in einer Pressemitteilung des EU-Gerichtshofs, habe keine Anhaltspunkte dafür geliefert, “dass es ihr aufgrund der zeitlichen Zwänge des Fusionskontrollverfahrens unmöglich gewesen sei, UPS zu dem besagten Modell unter Setzung einer kurzen Antwortfrist anzuhören”. Natürlich lässt sich nun die Uhr nicht mehr zurückdrehen, um UPS die damals geplante Übernahme von TNT zu ermöglichen. Das ist allein deshalb nicht möglich, weil TNT 2016 von Fedex übernommen worden ist – übrigens mit dem Segen aus Brüssel. Die Integration verlaufe “nach Plan”, hatte Fedex anschließend berichtet. PräzedenzfälleEs ist nicht das erste Mal, dass die EU-Kommission eine Fusion untersagt. Auch die Deutsche Börse, O2, Air Lingus oder General Electric wurden von EU-Beamten davon abgehalten, sich mit anderen Unternehmen ihrer Branchen zusammenzuschließen. Es ist aber auch nicht das erste Mal, dass EU-Richter anschließend ein Fusionsverbot gekippt haben. So hat der EU-Gerichtshof 2007 geurteilt, dass die EU-Kommission sechs Jahre zuvor darauf gepocht hatte, die Firmenehe der Elektronikriesen Schneider und Legrand wieder aufzuheben. Damals ordneten die Richter an, dass die EU für einen Großteil der Kosten dieser Zwangstrennung aufkommen musste.Die UPS-Aktie kletterte gestern zeitweise um fast 3 %. Dafür dürften aber vor allem die aktuellen Geschäftszahlen verantwortlich sein. Obwohl ein geplanter Stellenabbau den Ertragsanstieg bremste, hat UPS im zweiten Quartal im Gewinn um 7 % auf 1,5 Mrd Dollar zugelegt.