EU genehmigt Fusion von Linde und Praxair

US-Partner muss sich vom gesamten Europageschäft trennen - In sieben Ländern stehen Kartellentscheidungen noch aus

EU genehmigt Fusion von Linde und Praxair

Vier Tage vor Ablauf der Frist für die vertiefte Prüfung hat die EU-Kommission am Montag den geplanten Zusammenschluss der Industriegasekonzerne Linde und Praxair genehmigt. Wie erwartet werden von den Unternehmen Zugeständnisse verlangt: Praxair muss sich vom gesamten Europageschäft trennen.jh München – Noch zwei Monate bleiben Linde und Praxair, um alle Voraussetzungen für eine Fusion zu erfüllen. Ein wichtiger Punkt hat sich am Montag geklärt: Die EU-Kommission genehmigt das Vorhaben – unter Auflagen, worauf sich die Unternehmen vorbereitet haben. So muss der US-amerikanische Fusionspartner Praxair sein gesamtes Gasegeschäft im Europäischen Wirtschaftsraum (EU plus Norwegen, Island und Liechtenstein) verkaufen. Das ist etwas mehr, als Linde und Praxair Anfang Juli angekündigt hatten (vgl. BZ vom 6. Juli). Die Unternehmen hatten mitgeteilt, dass Praxair den “Verkauf des überwiegenden Teils des europäischen Gasegeschäfts” vereinbart habe. Käufer ist der japanische Konkurrent Taiyo Nippon Sanso zum Preis von 5 Mrd. Euro. Es geht dabei um ein Geschäft mit einem Jahresumsatz von zuletzt rund 1,3 Mrd. Euro und einem operativen Ergebnis (Ebitda) von 401 Mill. Euro. Die EU-Kommission teilte nun mit, in der von den zwei Unternehmen ursprünglich angemeldeten Form hätte der geplante Zusammenschluss “den Wettbewerb auf einer Reihe von Märkten im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) erheblich beeinträchtigt”.Die Bedenken von Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager bezogen sich in dem oligopolistischen Markt mit nur vier bedeutenden Anbietern auf Industrie-, Medizin- und Spezialgase sowie auf Helium. Für das letztgenannte Edelgas wurden Nachteile sowohl für den weltweiten Beschaffungsmarkt befürchtet als auch “auf die nationalen Märkte für den Einzelhandel”. “Überschneidungen beseitigt”Dank der Zugeständnisse, zu denen sich Linde und Praxair verpflichtet haben, wirft der Fusionsplan nach Auffassung der Kommission “keine wettbewerbsrechtlichen Bedenken mehr auf”. Praxair verkaufe das gesamte Gasegeschäft im EWR und übertrage Anteile an dem italienischen Gemeinschaftsunternehmen Siad an den Partner Flow Fin. Der dritte Punkt: Linde und Praxair veräußern Verträge zum Bezug von Helium, “die über die zur Deckung der Nachfrage im EWR erforderlichen Verträge hinausgehen”.Diese Verpflichtungen beseitigen nach Ansicht der Kommission “die Überschneidungen zwischen den Tätigkeiten von Praxair und Linde im EWR vollständig”. Die Kommission kündigte an, wie in solchen Fällen üblich, die Eignung der potenziellen Käufer des Gasegeschäfts von Praxair und der zusätzlichen Helium-Bezugsverträge zu prüfen. Europa gehört wie die USA, Brasilien und China zu den wichtigsten Märkten für die Fusionspartner. Die Entscheidungen der Kartellbehörden in diesen drei Ländern stehen noch aus. Kritisch ist es besonders in den USA, wie sich vor kurzem herausgestellt hat: Die Federal Trade Commission (FTC) verlangt zusätzliche Zusagen für Verkäufe von Unternehmensteilen (vgl. BZ vom 7. August). Bisher vereinbarte Linde mit dem Familienunternehmen Messer und dem Finanzinvestor CVC, Geschäfte in Nord- und Südamerika mit einem Jahresumsatz von zuletzt 1,4 Mrd. Euro für 2,8 Mrd. Euro abzugeben. In Gesprächen mit der FTC wollen Linde und Praxair ausloten, mit welchen Zugeständnissen ein für die Unternehmen noch akzeptables Ergebnis zu erreichen wäre.In ihrer Fusionsvereinbarung haben Linde und Praxair festgelegt, einen Jahresumsatz von maximal 3,7 Mrd. Euro und ein Ebitda von 1,1 Mrd. Euro abzugeben. Die zwei geplanten Transaktionen in Europa und Amerika summieren sich auf einen Umsatz von rund 2,7 Mrd. Euro und ein Ebitda von 706 Mill. Euro. Daraus ergibt sich ein Spielraum von 1 Mrd. Euro Umsatz und 400 Mill. Euro Ebitda für weitere Verkäufe, ohne die Obergrenze zu reißen.Zudem hat zumindest der Vorstand von Linde signalisiert, dass sich dieses Limit in Absprache mit Praxair noch verschieben ließe. Nun haben 17 der 24 für die Fusion zuständigen Kartellbehörden dem Vorhaben zugestimmt und 4 der 9 wichtigsten.