EU-Wettbewerbshüter knöpfen sich Apple vor

Kartellverfahren zum Bezahldienst Apple Pay und zum App Store eingeleitet - Beschwerden der Konkurrenz - Konzern verteidigt sich

EU-Wettbewerbshüter knöpfen sich Apple vor

Das US-Technologieunternehmen Apple gerät erneut mit der EU-Wettbewerbsbehörde aneinander. Nachdem die Brüsseler Behörde den Konzern 2016 noch zu einer milliardenschweren Steuernachzahlung verdonnert hatte, nimmt sie sich nun in zwei Verfahren den App-Store und den Bezahldienst Apple Pay zur Brust.ahe Brüssel – Die EU-Kommission hat zwei kartellrechtliche Untersuchungen gegen Apple eingeleitet. In dem einen Fall geht es um möglicherweise wettbewerbswidriges Verhalten im Zusammenhang mit dem Bezahldienst Apple Pay, im anderen Fall um den App-Store des US-Technologieriesens.Monatelange vorläufige Prüfungen der Brüsseler Wettbewerbsbehörde hatten in beiden Fällen die Eröffnung von förmlichen Verfahren unumgänglich gemacht. So hat die EU-Kommission zum einen die Bedenken, dass die Integration von Apple Pay in Apps und auf Websites auf iOS- beziehungsweise iPadOS-Geräten “den Wettbewerb verfälschen, die Auswahl verringern und die Innovationstätigkeit dämpfen könnten”. Und die App-Store-Untersuchungen ergaben, dass Apple den Wettbewerb zwischen Musik-Streaming-Diensten auf den eigenen Geräten verzerren könnte. Dieser vorläufigen Untersuchung waren Beschwerden von Konkurrenten vorausgegangen. Der Streamingdienst Spotify beschwerte sich in Brüssel, dass Apple im App-Store Abgaben von 15 oder sogar 30 % auf Abo-Einnahmen verlangt. Spotify sieht sich so im Wettbewerb gegen Apples Streamdienst benachteiligt. Nach Angaben der EU-Kommission hat im März zudem ein E-Book- und Hörbuchhändler Beschwerde gegen den US-Konzern eingereicht. Der “Financial Times” zufolge handelt es sich dabei um den japanischen Konzern Kobo.Bei Apple Pay kritisierten Banken unter anderem, dass sie nicht an Apple vorbei auf den NFC-Chip zum kontaktlosen Bezahlen zugreifen können. Apple Pay ist der einzige Weg, um auf iPhones Zugriff auf den NFC-Chip zu bekommen, über den man das Smartphone an der Ladenkasse statt einer Bankkarte zum Bezahlen einsetzen kann.EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager verwies darauf, dass das Brüsseler Verfahren vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie noch an Bedeutung gewinne, da diese die rasche Entwicklung des bargeld- und kontaktlosen Bezahlens noch beschleunigt habe. Apple legt nach ihren Worten aber offenbar Bedingungen für die Nutzung von Apple Pay in kommerziellen Apps und auf Websites fest. Rolle eines “Torwächters”Außerdem stellt der Konzern die iPhone-Funktion “tap and go” nur für Zahlungen mit Apple Pay bereit. “Apple darf den Verbrauchern mit seinen Maßnahmen aber nicht die Vorteile der neuen Zahlungstechnologien vorenthalten”, so Vestager. Sie kritisierte zugleich, dass Apple im eigenen App-Store die Rolle eines “Torwächters” eingenommen habe. “Wir müssen sicherstellen, dass Apples Regeln nicht zu Wettbewerbsverzerrungen auf Märkten führen, auf denen der Konzern beispielsweise mit seinem Musik-Streaming-Dienst Apple Music oder mit Apple Books mit anderen App-Entwicklern konkurriert.”Aus dem EU-Parlament kam Zustimmung für das Vorgehen der Wettbewerbshüter. Der CSU-Abgeordnete Markus Ferber kritisierte allerdings, dass die EU-Kommission beim Thema Apple Pay aber zu langsam gehandelt habe. “Die Diskriminierung von Drittanbietern beim Schnittstellenzugang durch Apple ist ein offenes Geheimnis.” Digitale Plattformen seien die zentralen Schnittstellen der Digitalwirtschaft, erklärte Ferber. Wer sie kontrollierte, habe enorme Marktmacht. “Wettbewerbsbehörden tun gut daran, diese sehr genau zu überwachen.”Im App Store verlangt Apple seit dem Start der Download-Plattform 2008 grundsätzlich eine Abgabe von 30 % auf Einnahmen mit digitalen Dienstleistungen oder Artikeln. Bei länger laufenden Abos sinkt die Kommission auf 15 %. Der Videodienst Netflix zum Beispiel bietet unter diesen Umständen seine Abos nicht direkt im Apple-App-Store an.Der US-Konzern wies die Vorwürfe aus Brüssel gestern zurück. “Es ist enttäuschend, dass die Europäische Kommission den haltlosen Beschwerden einiger weniger Unternehmen folgt, die einen Freifahrschein wollen, statt nach den gleichen Regeln zu spielen wie alle anderen auch”, sagte ein Sprecher. Apple halte das nicht für richtig. “Wir wollen gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle erhalten, damit jeder mit einer guten Idee und Entschlossenheit Erfolg haben kann.”Es gibt keine verbindliche Frist, bis wann die zwei kartellrechtlichen Untersuchungen in Brüssel abgeschlossen sein müssen. Die EU-Wettbewerbshüter nehmen schon seit Jahren amerikanische Technologie-Plattformen genauer unter die Lupe. Gegen Google verhängte Vestager in drei Verfahren Bußgelder von insgesamt 8,25 Mrd. Dollar. Auch bei Amazon untersuchte Brüssel mögliche Wettbewerbsbehinderungen.