EuGH kippt Fusionsverbot für UPS und TNT
op Luxemburg – Die geplante Fusion der Paketdienste UPS und TNT durch EU-Wettbewerbshüter wurde zu Unrecht gestoppt. Zu diesem Schluss kommt ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Der Gerichtshof bestätigt, was bereits die Vorinstanz, nämlich das Europäische Gericht, 2017 festgestellt hat: Die EU-Kommission habe den Unternehmen nicht genügend Möglichkeiten zur Verteidigung gegeben. Die im Jahr 2012 geplante Übernahme von TNT Express durch UPS war durch die EU-Kommission 2013 untersagt worden (Az. T-194/13).Die EU-Kommission muss bei der Prüfung von Unternehmenszusammenschlüssen die Betroffenen nicht nur anhören, sondern sie auch vollständig über ihren Standpunkt zur Richtigkeit und Relevanz sämtlicher Umstände informieren, auf die die EU-Behörde ihren Beschluss stützen will. Anderenfalls ist eine Entscheidung nichtig, weil ein Betroffener seinen Standpunkt nicht sachgerecht vortragen kann.Der EuGH betont, dass die Wahrung der Verteidigungsrechte ein allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts ist. Daher müssen vor dem Erlass einer Entscheidung im Fusionskontrollbereich die Anmelder ihre Argumente sachdienlich vortragen können. Dazu gehört auch, dass sie zu ökonometrischen Modellen Stellung nehmen können, auf die die Kommission ihren Beschluss stützen möchte. Solche Modelle versuchen, die Wirkungen eines Unternehmenszusammenschlusses zu bestimmen und gegebenenfalls zu quantifizieren. Unterschiedliche Modelle haben unterschiedliche Konsequenzen. Deshalb müssen Anmelder darüber und über die Methodenauswahl unterrichtet werden, die ihrer Entwicklung zugrundeliegen.UPS und TNT sind weltweit im Sektor der spezialisierten Beförderungs- und Logistikdienste tätig. Die EU-Kommission untersagte die Übernahme, weil sie in 15 Mitgliedstaaten zu einer erheblichen Behinderung wirksamen Wettbewerbs auf den Märkten für internationale Expressbeförderung von Kleinpaketen im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) führen würde. Das Verbot beruhte maßgebend auf einer ökonometrischen Analyse, mit der die EU-Kommission auf eine Gefahr von Preissteigerungen auf dem Großteil der betroffenen Märkte geschlossen hatte. Über dieses von ihr angewendete Modell hatte sie UPS allerdings nicht informiert. Deswegen hob das EU-Gericht 2017 auf Klage von UPS die Entscheidung der EU-Kommission auf.Ganz zufrieden konnte UPS mit diesem juristischen Erfolg seinerzeit aber nicht sein. Das EU-Gericht hob damals das Verbot nämlich wegen der Verletzung der Verteidigungsrechte der Unternehmen auf, ohne auf die anderen Klagegründe einzugehen. Den Vorwurf der Verletzung der Verteidigungsrechte wiederum wollte die EU-Kommission nicht hinnehmen und rief den EU-Gerichtshof als nächste Instanz an, um das erste Urteil aufheben zu lassen. Der Gerichtshof indes bekräftigte die Verfahrensrüge des EU-Gerichts.Das Urteil ist über den konkreten Einzelfall hinaus wegweisend für die künftige Verwaltungspraxis der EU-Kommission in Fusionskontrollverfahren, aber auch für die der nationalen Wettbewerbsbehörden und Gerichte, die sich in der Fusionskontrolle oft eng an die auf Unionsebene geltenden Standards anlehnen.