Konkurse

Euler Hermes warnt vor Haftungsrisiken

Die staatlichen Corona-Hilfsprogramme verhindern eine Pleitewelle in Deutschland. Für das laufende Jahr erwartet der Kreditversicherer Euler Hermes nur einen leichten Anstieg der Firmenkonkurse um 6% auf 16900. Erst 2022 sei mit einer stärkeren...

Euler Hermes warnt vor Haftungsrisiken

hek Frankfurt

Die staatlichen Corona-Hilfsprogramme verhindern eine Pleitewelle in Deutschland. Für das laufende Jahr erwartet der Kreditversicherer Euler Hermes nur einen leichten Anstieg der Firmenkonkurse um 6% auf 16900. Erst 2022 sei mit einer stärkeren Zunahme um 15% zu rechnen, doch auch dann lägen die Fallzahlen lediglich um 4% über dem Niveau von 2019, dem Jahr vor Ausbruch der Pandemie, und etwa auf dem Stand von 2017, geht aus einer Studie von Euler Hermes hervor. Damit stehe Deutschland im internationalen Vergleich gut da. Im vergangenen Jahr seien die Insolvenzen sogar um 15% zurückgegangen.

Euler Hermes warnt aber vor Haftungsrisiken. Denn vielen Unternehmen sei nicht bewusst, dass die Insolvenzantragspflicht nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen ausgesetzt bleibe: „Das ist ein großes Risiko“, sagt Ron van het Hof, CEO des Kreditversicherers in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Er geht davon aus, dass insbesondere einige kleine Gesellschaften eigentlich bereits Insolvenz anmelden müssten. Der erneute und verlängerte Lockdown habe oft zu größeren finanziellen Belastungen geführt, als die beantragten Hilfsgelder abfedern könnten.

Solche Unternehmen bewegten sich zum Teil auf sehr dünnem Eis und könnten unwissentlich in Haftungsprobleme schlittern. Bei Lieferanten sorge dies ebenfalls für Unsicherheit. „Sie sind teilweise im Blindflug unterwegs, weil sie gar nicht wissen, ob Abnehmer tatsächlich noch zahlungsfähig sind“, gibt van het Hof zu bedenken. Wie Euler Hermes betont, betrifft die verlängerte Aussetzung der Insolvenzantragspflicht nur einen kleinen Kreis von Unternehmen. Bei Zahlungsunfähigkeit gelte die Antragspflicht seit Anfang Oktober 2020 wieder. Lediglich bei Überschuldung, unter die nur ein geringer Prozentsatz der Pleiten falle, bleibe sie ausgesetzt.

Die Insolvenzentwicklung habe sich von der gesamtwirtschaftlichen Lage und dem Zustand der Unternehmen entkoppelt, konstatiert Euler Hermes. „Es ist paradox“, sagt van het Hof. Trotz einer der größten Wirtschaftskrisen seien die Insolvenzen in Deutschland auf einen Niedrigstand seit 1993 gesunken. Die Pleiten hingen nicht vom Markt ab, sondern vom Fortgang der Hilfsmaßnahmen. Im laufenden Jahr blieben die Insolvenzen unter dem Stand von 2019 und damit „auf künstlich niedrigem Niveau“.

Eine kräftige Zunahme verzeichnet Euler Hermes allerdings bei den Großpleiten. „Wenn es kracht, dann richtig“, stellt der Kreditversicherer fest. Die erwarteten Forderungsverluste seien von 26,3 Mrd. Euro im Jahr 2019 auf mehr als 42 Mrd. Euro im abgelaufenen Jahr gestiegen. Zudem hätten sich große Insolvenzen gegen den Trend fast verdoppelt, was „entsprechende Schneeballeffekte“ auf die Lieferketten habe. 2020 seien 58 große Unternehmen (mehr als 50 Mill. Euro Jahresumsatz) in die Pleite gerutscht, verglichen mit 32 im Vorjahr. Die Großinsolvenzen häuften sich in vielen Branchen.