Euro Tele Sites nach dem Spin-off: „Der Fokus liegt zunächst auf Entschuldung“
Im Gespräch: Lars Mosdorf
„Der Fokus liegt zunächst auf Entschuldung“
Der Euro-Tele-Sites-CFO über die Abspaltung von A1 Telekom Austria und einen Start mit hohen Verbindlichkeiten
Von Sabine Reifenberger, Frankfurt
Seit wenigen Wochen ist der Infrastrukturanbieter Euro Tele Sites nach der Abspaltung von A1 Telekom Austria an der Börse notiert. Als Mitgift gab es 1 Mrd. Euro Schulden. Wie der Leverage sinken soll und wie man ohne klassisches Bookbuilding einen Referenzpreis findet, berichtet CFO Lars Mosdorf im Gespräch.
Wettbewerber wie Vodafone und Telefónica haben es vorgemacht, in diesem Jahr hat A1 Telekom Austria nachgezogen: Mit dem Spin-off des Funkturmgeschäfts in die neue Einheit Euro Tele Sites hat auch der österreichische Konzern die Trennung von Mobilfunkgeschäft und Infrastruktur vollzogen. Die Abspaltung soll zu einer Wertaufdeckung führen, indem das Infrastrukturgeschäft mit Funktürmen, die auch für andere Anbieter interessant sein können, vom Kommunikationsdienst getrennt wird.
Die Aktionärsstruktur der beiden Schwesterunternehmen ist identisch: Wie auch bei A1 Telekom Austria gehören gut 56% von Euro Tele Sites dem Mobilfunkkonzern América Móvil, gut 28% hält die österreichische Staatsholding ÖBAG. Die übrigen 15% sind im Streubesitz.
Der Spin-off erfolgte als reine Börsennotierung ohne Emissionserlös, Aktionäre erhielten für vier Telekom-Austria-Aktien eine Aktie von Euro Tele Sites. Allerdings hat A1 Telekom Austria im Zuge der Ausgliederung 1 Mrd. Euro an gruppeninternen Finanzverbindlichkeiten auf das neue Unternehmen übertragen, die unmittelbar nach Wirksamwerden der Spaltung getilgt werden mussten. Für die Finanzierungsverhandlungen war das Team um CFO Lars Mosdorf, der im Juni bestellt wurde und bis Ende 2022 Finanzgeschäftsführer des Flughafens Düsseldorf war, von Beginn an gefordert.
Finanzierung über fünf Jahre
Euro Tele Sites hat eine Anleihe und einen Kreditvertrag über jeweils 500 Mill. Euro abgeschlossen, beide laufen fünf Jahre. Die Laufzeit ist bewusst gewählt: Die Hauptgesellschafter América Móvil und ÖBAG haben sich für einen Zeitraum von fünf Jahren nach der Abspaltung auf eine Sperrfrist verständigt, während derer sie keine Aktien verkaufen. „Das bietet uns eine langfristige Perspektive für die Geschäftsentwicklung“, sagt Mosdorf.
Allerdings agiert das junge Unternehmen mit einem hohen Leverage. Für 2022 lag der Umsatz von Euro Tele Sites bei 232 Mill. Euro, das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen sowie „after Leases“ (Ebitda_aL) belief sich auf 127 Mill. Euro. Der Verschuldungsgrad liegt derzeit knapp unter dem Achtfachen des Ebitda_aL. „Der Fokus liegt zunächst auf Entschuldung. Ziel ist ein Leverage um den Faktor 5“, sagt Mosdorf. „Wenn wir das erreicht haben, sind wir auf einem ähnlichen Niveau wie unsere Wettbewerber angelangt und können die Finanzierung zu marktüblichen Konditionen neu strukturieren.“
Vorerst keine Dividende
Gelingen soll dies durch Wachstum einerseits sowie durch Kostendisziplin und Entschuldung andererseits. Nennenswerte M&A-Aktivitäten stehen in den nächsten Jahren nicht auf der Agenda, und auf eine Dividende werden die Anteilseigner in den kommenden vier Jahren verzichten müssen. „Was am Jahresende übrig ist, das fließt in Wachstumsinvestitionen und Schuldenabbau.“
Noch ist die Schwester A1 Telekom Austria der größte Kunde von Euro Tele Sites. 95% des Umsatzes erzielt das ausgegliederte Unternehmen mit ihr, der Anteil soll sukzessive sinken. Mosdorf sieht im Funkturmgeschäft an dieser Stelle Parallelen zu seinem vorherigen Arbeitsgebiet: „Als Infrastrukturanbieter wollen wir eine neutrale Basis für verschiedene Anbieter bereitstellen, wie bei einem Flughafen“, sagt er. Gut 13.200 Tower auf Freiflächen und Dächern sowie 1.000 Mikrostandorte hat das Unternehmen als Assets mitbekommen.
Geplant haben Mosdorf und CEO Ivo Ivanovski ein jährliches Wachstum von 4 bis 6%. Allein das rasant steigende Datenvolumen sowie die Umstellung auf den neuen Mobilfunkstandard 5G böten großes Potenzial. Auch das Geschäft mit Industriekunden, deren Datenverbrauch durch neue Technologien wie Internet of Things deutlich steigt, will Euro Tele Sites ausbauen. Noch steht dies für weniger als 1% des Umsatzes. Quartalszahlen legt das Unternehmen erstmals am 13. Februar vor.
Lars Mosdorf, Euro Tele SitesWir bauen erst, wenn gesichert ist, dass wir Einnahmen für die Nutzung bekommen.
Rund 60% der Erlöse erzielt das Unternehmen bisher im Heimatmarkt Österreich, weitere Landesgesellschaften gibt es in Bulgarien, Serbien, Kroatien, Slowenien und Nordmazedonien. Insbesondere in Serbien sieht Mosdorf noch überproportionales Wachstumspotenzial: „Dort sind die 5G-Lizenzen noch nicht verteilt.“ Die Risiken beim Bau neuer Masten versucht das Unternehmen möglichst gering zu halten: „Wir bauen erst, wenn gesichert ist, dass wir Einnahmen für die Nutzung bekommen“, sagt er.
Das Geschäftsmodell sei mit einer Marge von 55% margenstark, zudem basiere es auf langlaufenden Verträgen, betont der Finanzchef. Er ist zuversichtlich, Euro Tele Sites auch an der Börse entwickeln zu können. Einen Monat nach Börsengang notiert die Aktie mit Werten unter 3,10 Euro allerdings deutlich unter dem Referenzpreis von 4,95 Euro. „Wir haben den ersten Börsentag bei 5,50 Euro beendet. Das ist für mich ein Zeichen, dass wir mit dem Referenzpreis recht gut lagen“, sagt der Finanzchef. Druck auf die Aktie sei neben dem eingetrübten Marktumfeld auch von Investoren gekommen, die die Anteile als Aktionäre von A1 Telekom Austria erhalten haben, aber ausschließlich in Telekommunikation investieren oder einen Index abbilden.
Referenzpreis ermittelt
Den Spin-off haben Citi und Erste Bank federführend begleitet. Den Referenzpreis hat Euro Tele Sites gemeinsam mit A1 Telekom Austria nicht über ein klassisches Bookbuilding ermittelt. Stattdessen flossen verschiedene Faktoren ein: „Es wurden klassische Bewertungsmethoden angewendet, etwa eine Multiples-Bewertung und eine Discounted-Cashflow-Rechnung“, erklärte Mosdorf.
Zudem gebe es Vergleiche mit börsennotierten Wettbewerbern. Auch Feedbacks aus Investoren-Roadshows im Sommer sind mit eingeflossen. „Auf Basis dieser Informationswolke bekommt man eine begrenzte Range. Als Management haben wir innerhalb dieser dann entschieden.“
Strategische Abnabelung
Das Unternehmen ist mit gut 170 Beschäftigten in die Eigenständigkeit gestartet, darunter Kollegen, die von A1 gewechselt sind. Operativ arbeitet Euro Tele Sites bereits weitgehend losgelöst. „Es gibt noch Support auf der IT-Seite, aber bei unseren Prozessen, in der Finanzabteilung und im Treasury sind wir systemseitig eigenständig“, sagt Mosdorf. Hilfreich sei gewesen, dass die Ländergesellschaften bereits über die letzten zwei Jahren ausgegliedert wurden, nun kamen noch die Holding als Dachgesellschaft sowie das Österreich-Geschäft hinzu.
Lars Mosdorf, Euro Tele SitesWir wollen Drittanbietern die Sicherheit bieten, dass wir wirklich eigenständig agieren.
Die Abnabelung vom A1-Telekom-Austria-Konzern ist für Euro Tele Sites auch strategisch wichtig. „Wir wollen Drittanbietern die Sicherheit bieten, dass wir wirklich eigenständig agieren und nicht unter den Fittichen von A1 stehen.“
Für Mosdorf war das symbolische Läuten der Börsenglocke am Tag des Spin-off ein wichtiger Meilenstein. „Das war für mich der Ausdruck dafür, dass wir von diesem Zeitpunkt an ein neues Unternehmen sind“, sagt er. Die Wochen vor dem Börsengang hat er als sehr intensiv erlebt. „Man arbeitet tagsüber, abends, nachts und an den Wochenenden sehr fokussiert darauf hin, dass dieser Börsengang funktioniert“, erinnert er sich. Umso größer seien Freude und Erleichterung, wenn die Erstnotiz geschafft ist. „Wenn man auf dem Parkett steht, fällt eine Last ab.“
Zur Person
Lars Mosdorf wurde im Juni als CFO der Gesellschaft berufen, die im September als Euro Tele Sites per Spin-off börsennotiert wurde. Erfahrung im Management von Infrastruktureinrichtungen sammelte er bei der Fraport sowie beim Flughafen Düsseldorf, wo er bis Ende 2022 Finanzgeschäftsführer war.