Europäische Start-ups werden mit Geld geflutet

Venture-Capital-Investitionen schnellen um 84 Prozent hoch - Berlin im Städteranking auf Platz 2

Europäische Start-ups werden mit Geld geflutet

ge Berlin – Nie zuvor haben europäische Start-ups so viel Venture Capital vereinnahmt wie im vergangenen Jahr. Sagenhafte 19,2 Mrd. Euro – oder 84 % mehr als im Jahr zuvor – wurden von Kapitalgebern investiert, nach 10,4 Mrd. Euro 2016. Die Zahl der Deals stieg gleichzeitig um gut ein Drittel auf 3 656. Trotz des Brexit-Votums schnellten die Investitionen in britische Jungunternehmen besonders stark hoch: Mit 6,4 Mrd. Euro haben sich die Investitionen gut verdoppelt, listet das Start-up-Barometer der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY (ehemals Ernst & Young) auf. London unangefochten vornIn deutsche Start-ups flossen rund 4,3 Mrd. Euro, nach 2,3 Mrd. im Turnus zuvor. Die geringeste Steigerung unter den drei größten europäischen Ländern verbuchten französische Existenzgründer, die mit knapp 2,6 Mrd. Euro nur 400 Mill. mehr erhielten als 2016.London liegt im europäischen Städteranking mit 4,9 Mrd. Euro und 547 Finanzierungsrunden unangefochten vorn. Auf den zweiten Rang hat sich nicht zuletzt dank der Börsengänge des Essenlieferdienstes Delivery Hero und des Kochboxversenders Hellofresh Berlin geschoben mit einer Investitionssumme von nahezu 3 Mrd. Euro. Auch an der Spree hat sich das Investitionsvolumen binnen Jahresfrist etwa verdreifacht. Deutlich geringer war das Plus in Paris bei einem ausgereichten Venture Capital von 2 Mrd. Euro – bei allerdings merklich mehr Finanzierungsrunden als in Berlin.Auf Investorenseite registriert EY-Partner Peter Lennartz ein enorm großes Interesse an vielversprechenden Geschäftsideen und innovativen Technologien – und hohe Geldsummen, die die Risikokapitalgeber zur Verfügung hätten: “Die Bereitschaft, auch sehr hohe Summen in Start-ups zu investieren, ist spürbar gestiegen, was auch mit der guten Entwicklung auf dem IPO-Markt und den entsprechend verbesserten Exit-Möglichkeiten zusammenhängen dürfte.” Riesendeal in der SchweizLaut Start-up-Barometer stieg die Zahl der Finanzierungen mit einem Volumen von 100 Mill. Euro und mehr im Vergleich zum Vorjahr europaweit von sieben auf 23. Elf davon entfielen auf britische, sechs auf deutsche und drei auf Schweizer Jungunternehmen. Der größte Deal des Jahres ging jedoch nicht in Großbritannien über die Bühne, sondern in der Schweiz, wo das Baseler Biotech-Unternehmen Roviant Sciences umgerechnet nahezu 1 Mrd. Euro erhielt.Nur jeweils knapp die Hälfte dieser Summe bekamen das britische Virtual-Reality-Start-up Improbable (mit 445 Mill. Euro) und der ebenfalls britische Essenslieferdienst Deliveroo (428 Mill. Euro). Dessen Berliner Konkurrent Delivery Hero hatte bei seinem Börsengang insgesamt 423 Mill. Euro erhalten und einen Monat zuvor eine Finanzspitze von 387 Mill. von dem südafrikanischen Investor Naspers. Fintechs beliebtVerglichen mit britischen Start-ups vereinnahmen hiesige Existenzgründer nicht nur geringere Venture-Capital-Summen. Auf der Insel sei die technologische Breite auch deutlich größer, beobachtet Lennartz: “In Deutschland fließt derzeit viel Geld in E-Commerce-Geschäftsmodelle, während in Großbritannien auch junge Fintech- und Technologie-Unternehmen hohe Summen erhalten.” Völlig offen sind für den EY-Experten die Folgen des Brexit. Während zurzeit noch mehr investiert wird als vor der Brexit-Entscheidung, würden die Karten nach dem tatsächlichen Vollzug des EU-Austritts neu gemischt. “Dann könnte Großbritannien für europäische Gründer deutlich an Attraktivität verlieren.”