Evolution
Auf den ersten Blick gehen die beiden größten deutschen Strom- und Gasversorger zurzeit völlig konträre Wege, um sich in der neuen Energiewelt zu positionieren. Eon spaltet sich in zwei Konzerne auf, weil das klassische Kraftwerksgeschäft angeblich nicht mehr mit den heutigen Wachstumsfeldern verbunden werden kann. RWE hält dagegen am bisherigen integrierten Geschäftsmodell fest, wohl wissend um die Abhängigkeit des Unternehmens von der Braunkohle.Auf den zweiten Blick sind aber auch heute noch viele Gemeinsamkeiten zu erkennen. Vor allem hat die Analyse der künftigen Wachstumsfelder sowohl in Essen als auch in Düsseldorf das gleiche Ergebnis gebracht: Vertrieb, Netze, erneuerbare Energien. Das ist heute der neue magische Dreiklang in der Versorgungswirtschaft. Dies sind die Geschäfte, die bei Eon nach der Aufspaltung übrig bleiben. Und dies sind die Aktivitäten, die künftig auch bei RWE so etwas wie eine Wachstumsstory schreiben sollen.Die eigene Öl- und Gasförderung hat RWE gerade mit Dea verkauft. Es gilt als nicht unwahrscheinlich, dass Eon jetzt nachzieht und die eigene Upstream-Sparte ebenfalls ins Schaufenster stellt. Und dann bliebe im Endeffekt die Frage: Gibt es eine Zukunft mit Kraftwerken und dem dazu gehörenden Energiehandel oder nur ohne? Für beide Positionen gibt es Argumente, auf beiden Seiten lauern Risiken. Welcher Weg der erfolgreichere sein wird, ist noch längst nicht entschieden.Zurzeit spricht sicherlich vieles gegen die Großkraftwerke, die nicht mehr richtig in die neue Energiewelt hineinzupassen scheinen. Bei RWE verdient derzeit auch höchstens noch jedes dritte Gas- oder Kohlekraftwerk seine Kapitalkosten. Allerdings müssen viele dieser Anlagen auch langfristig noch ihren Beitrag zur Versorgungssicherheit leisten. RWE-Chef Peter Terium, dessen Vertrag gerade bis zum Jahr 2021 verlängert wurde, setzt daher darauf, dass die Politik den Rahmen auf dem Strommarkt neu gestaltet und damit auch den Großkraftwerken eine Möglichkeit zum Überleben sichert.Terium setzt bei RWE auf Evolution statt Revolution. Er hofft auf Innovationen und schnellere, effizientere Prozesse und hat in jüngster Zeit schon eine Vielzahl an Management-Initiativen gestartet, die vor allem das Dienstleistungsgeschäft voranbringen sollen. Angesichts der immer weiter sinkenden Margen in der Stromerzeugung und der drückenden Nettoschulden sind die Handlungsspielräume aber immer noch gering.