Facebook-Anleger nehmen Reißaus
scd New York – Facebook kann den Negativtrend bei der Erlösentwicklung nicht brechen. Zwar hat das weltgrößte soziale Netzwerk den Umsatz im zweiten Quartal auf 1,18 Mrd. Dollar gesteigert und damit die durchschnittliche Erwartung der von Bloomberg befragten Analysten um 20 Mill. übertroffen. Das Wachstum hat sich in den vergangenen drei Monaten allerdings erneut verlangsamt auf 32 %. Im ersten Quartal waren die Erlöse noch um 45 % geklettert, in der Vorjahresperiode gelang fast eine Verdopplung (siehe Grafik). Damit hat sich das Erlöswachstum bei Facebook sechs Quartale in Serie entschleunigt. Einige Analysten hatten zum Börsengang erklärt, das soziale Netzwerk müsse über Jahre um mehr als 50 % zulegen, um den hohen Bewertungsansatz zu rechtfertigen. Am Freitag zeigten die Investoren der Facebook-Aktie wieder einmal die Rote Karte. Am Morgen sackten die im Mai zu 38 Dollar an die US-Börse Nasdaq gebrachten Titel um mehr als 15 % auf das Rekordtief von 22,72 Dollar ab.Das Unternehmen hatte die durchschnittliche Analystenerwartung zuvor nur deshalb übertroffen, weil diese extrem niedrig ausfiel. Vor allem die Unternehmensbeobachter der großen Wall-Street-Banken J.P. Morgan, Bank of America, Citigroup, Goldman Sachs und Morgan Stanley senkten mit ihren konservativen Einschätzungen zur Umsatzentwicklung die Konsensprognose – offenbar weit unter das Erwartungsniveau der Investoren.Um die Schätzung von Konsortialführer Morgan Stanley zu erfüllen, hätte Facebook nur um 23 % zulegen müssen – so viel wie Apple im jüngsten Quartal, mit dem der iPhone-Anbieter klar enttäuscht hatte. Beim Werbeumsatz rechnete Analyst John Devitt sogar mit weniger Wachstumsdynamik als bei Google. Der weltgrößte Internetkonzern hatte die Werbeeinnahmen um 21 % gesteigert. Devitt rechnete für das wesentlich kleinere soziale Netzwerk nur mit einem Plus von 18 %. Letztlich legten die Werbeerlöse um 28 % zu.Ein enormes Risiko für Facebook bleibt, dass die mittlerweile 955 Millionen Facebook-Anwender das soziale Netzwerk zunehmend über ihr Smartphone nutzen. Während Facebook zahlreiche Werbeplätze auf dem klassischen Online-Auftritt anbietet, sind die Einnahmemöglichkeiten mit den Smartphone-Anwendungen bislang noch verschwindend gering. Finanzchef David Ebersman räumte in der Analystenkonferenz ein, dass die Facebook-Nutzer im Schnitt mittlerweile weniger Werbung sehen als noch vor einiger Zeit. Grund dafür sei die Zunahme der mobilen Nutzung.Umso enttäuschender dürfte für Investoren wie Analysten das geringe Wachstum des Geschäfts mit Gebühren und Zahlungen auf der Facebook-Plattform gewesen sein. Der Konzern mit Sitz in Menlo Park (Kalifornien) erlöste hier mit 192 Mill. Dollar nicht einmal 40 % mehr – über 7 Mill. Dollar weniger, als Marktbeobachter im Schnitt erwartet hatten. Auch hierfür ist laut Ebersman die wachsende Smartphone-Nutzung der Grund. CEO Mark Zuckerberg wies Gerüchte, Facebook bastele an einem eigenen Smartphone, indes entschieden zurück: “Das ergibt aus unserer Sicht keinen Sinn.”Neben dem Umsatz zeigen auch andere Parameter bei Facebook klar nach unten. Trotz steigender Werbeaufwendungen ist die durchschnittliche Nutzerzahl pro Tag und Monat zuletzt jeweils nur noch um knapp 30 % gewachsen. Zudem ist die operative Marge um 10 Prozentpunkte auf 43 % zurückgegangen. Unter dem Strich schrieb Facebook im zweiten Quartal sogar einen Verlust. Dieser geht zwar auf aktienbasierte Vergütung in Verbindung mit dem Börsengang im Mai zurück. Auch ohne den Sondereffekt hat das Ergebnis aber lediglich auf Vorjahresniveau verharrt.