Fadenriss bei Gerry Weber
ab Düsseldorf – Schon lange hatte es sich abgezeichnet, am Freitag ist es Realität geworden: Der Modekonzern Gerry Weber hat Insolvenz in Eigenverwaltung beantragt. Der Gang zum Amtsgericht Bielefeld wurde unausweichlich, da Gespräche mit den Finanzierungspartnern scheiterten, wie Gerry Weber mitteilte. Die sehr heterogene Gläubigerstruktur habe eine Einigung vereitelt, hieß es. Gerry Weber hat neben normalen Darlehensgebern auch Schuldscheingläubiger an Bord.Insgesamt stehen Schuldscheine im Volumen von 195 Mill. Euro aus. Im November 2018 war eine erste Tranche von 31 Mill. Euro fällig geworden. Hatte sich das Unternehmen zunächst auf die Stundung bis Ende Januar verständigen können, war die Zeit zu kurz, um eine nachhaltige Finanzierungslösung zu finden. “Die Finanzierungsstruktur war so komplex, dass wir auf den letzten Metern gestrauchelt sind”, sagte Johannes Ehling, der seit November als Vorstandssprecher fungiert. Näher wollte er sich in einer Telefonkonferenz nicht äußern.Die Großaktionäre, die Gründerfamilien Weber und Hardieck, waren nach Angaben von Reuters nicht bereit, wie von den Banken gefordert Kapital nachzuschießen.Das Gericht gab dem Antrag, der sich ausschließlich auf die Obergesellschaft Gerry Weber International AG mit ihren 580 Beschäftigten erstreckt, statt. Zum vorläufigen Sachwalter wurde Stefan Meyer von der Pluta Rechtsanwalts GmbH bestellt. Zugleich unterstützt Christian Gerloff von Gerloff Liebler Rechtsanwälte den Vorstand in der Funktion des Generalbevollmächtigten. Der Insolvenzexperte hat unter anderem bei der Sanierung der Modeketten Wöhrl und K & L Ruppert mitgewirkt. “Das vorläufige Eigenverwaltungsverfahren gibt uns die Möglichkeit, den Sanierungsprozess und das Zukunftskonzept der Gesellschaft zu forcieren”, sagte Gerloff und fügte an: “Gerry Weber hat eine Daseinsberechtigung.”Der Vorstand bleibe mit sämtlichen Befugnissen und Pflichten im Amt und stelle die Fortführung des Geschäftsbetriebs sicher, heißt es. Einen Restrukturierungsplan hat das Unternehmen in den letzten Monaten ausgearbeitet und mit der Umsetzung begonnen. Zu den Kernmaßnahmen gehören dabei die Schließung von 230 Verkaufsflächen und der Abbau von bis zu 900 der 6 500 Arbeitsplätze im In- und Ausland.Der Vorstand verstehe die Insolvenz in Eigenverwaltung als große Chance, sagte Ehling. Nicht zuletzt seien die Interessen der Gläubiger in der Insolvenz gleichgerichtet. Wie es heißt, ist die Finanzierung des Geschäftsbetriebs bis ins Jahr 2020 gesichert. Zur Liquiditätssicherung trägt auch der Verkauf einer nicht zum Kerngeschäft gehörenden Immobilie bei, der 36 Mill. Euro in die Kasse spült.Zu lange hatte das Unternehmen, das bis zum Herbst 2018 von Ralf Weber, dem Sohn des Firmenmitgründers Gerhard Weber, geführt wurde, mit der Radikalsanierung gezögert. Zwar jagte bei den Ostwestfalen ein Restrukturierungsprogramm das nächste, dem Umsatz- und Ergebnisverfall konnte jedoch kein Einhalt geboten werden.Im Herbst musste das Unternehmen Farbe bekennen: Damals wurde auf Druck der Gläubiger ein Sanierungsgutachten in Auftrag gegeben. Kurz darauf wurde mit Florian Frank ein Restrukturierungsfachmann in den Vorstand geholt. Zugleich gab Ralf Weber seinen Rückzug in den Aufsichtsrat bekannt.Die Nachricht vom Insolvenzantrag löste einen weiteren Ausverkauf an der Börse aus. In der Spitze brach die Aktie um 75 % ein. Zum Handelsende stand mit 0,61 Euro ein Verlust von 64,8 % zu Buche. Allerdings hatte die Aktie am Donnerstag bereits ein Fünftel an Wert eingebüßt.