Fehlkäufe kratzen am Glanz der Tech-Giganten

Microsoft weist nach Milliardenabschreibung auf Aquantive erstmals Verlust aus - Googles Erwerb von Motorola belastet die Marge

Fehlkäufe kratzen am Glanz der Tech-Giganten

Milliardenschwere Zukäufe der Vorjahre haben bei Microsoft und Google im abgelaufenen Quartal das Ergebnis belastet. Während die Internet-Werbefirma Aquantive den Software-König mit einer Abschreibung von 6 Mrd. Dollar in die roten Zahlen trieb, drückte die für 12,5 Mrd. Dollar eingekaufte Motorola Mobility mit einem Minus von 230 Mill. Dollar auf das Ergebnis des weltgrößten Internetkonzerns.Von Sebastian Schmid, New YorkFünf Jahre nach der mehr als 6 Mrd. Dollar schweren Akquisition des Online-Werbespezialisten Aquantive hat dieser dem Softwarekonzern Microsoft den ersten Quartalsverlust der Konzerngeschichte beschert. 2007 hatte CEO Steve Ballmer noch angekündigt, die Übernahme zum damals 48fachen Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) sei der entscheidende Schritt auf dem Weg, eine weltweit führende Online-Werbeplattform aufzubauen. Von diesem Ziel ist Microsoft heute so weit entfernt wie damals – das Onlinegeschäft ist auch in diesem Jahr ein konstanter Verlustbringer gewesen. Ohne die Goodwill-Abschreibung von 6,1 Mrd. Dollar betrug das Minus der Internet-Sparte im Ende Juni abgelaufenen Geschäftsjahr gut 2 Mrd. Dollar – eine marginale Verbesserung zum Verlust von 2,6 Mrd. Dollar in der Vorjahresperiode. Nächstes Jahr läuft zudem die Partnerschaft mit dem Internetkonzern Yahoo aus, der laut US-Medienberichten unzufrieden mit der Kooperation sein und deren Verlängerung ablehnen soll. Während andere vielleicht öffentlich erklären würden, wie es zu einem so teuren Fehleinkauf kommen konnte, richtet Ballmer lieber den Blick nach vorn. Microsoft habe erneut einen Umsatzrekord eingefahren, das Ergebnis sei ohne die Abschreibung auf 67 Cent je Titel gestiegen – 5 Cent mehr als Analysten erwartet hatten. Ganz zu Unrecht trägt Ballmer das Selbstbewusstsein dann auch nicht zur Schau. Der im Wesentlichen von der Bürosoftware Office getragene Geschäftsbereich Microsoft Business ist erneut kräftig gewachsen und hat seine Marge um 1,2 Prozentpunkte auf 65,2 % gesteigert. Auch das Servergeschäft floriert mit einem Ergebniswachstum von gut 24 %. Der Windows-Umsatz ist zwar leicht gesunken. Das weiter hochprofitable Geschäft leidet derzeit allerdings unter zwei belastenden Faktoren. Zum einen herrscht beim PC-Absatz angesichts der Konjunkturentwicklung derzeit Flaute. Zum anderen hat Microsoft schon früh angekündigt, das neue Betriebssystem Windows 8 werde im Herbst auf den Markt kommen. Daher dürften einige Kunden ihre PC- oder Software-Käufe nach hinten verschoben haben. In den nächsten Quartalen ist hier demnach mit einer deutlichen Steigerung zu rechnen. Schatten ihrer selbstDer Internetkonzern Google hat derweil seinen Umsatz im zweiten Quartal um mehr als ein Drittel auf 12,2 Mrd. Dollar ausgebaut. Am kräftigen Wachstum hatte Motorola Mobility mit 1,25 Mrd. Dollar einen ordentlichen Anteil. Allerdings ist das Unternehmen nur noch ein Schatten der Gesellschaft, für die Google im vergangenen Sommer 12,5 Mrd. Dollar bot. Damals erlöste die Handysparte von Motorola noch rund 3,3 Mrd. Dollar. Der Verlust fiel mit 56 Mill. Dollar um mehr als 75 % niedriger aus als in der abgelaufenen Periode. Das Geschäft, das Google wohl in erster Linie wegen des riesigen Patentportfolios kaufte, zum erfolgreichen Gewinnlieferanten zu transformieren dürfte Google schwerfallen – insbesondere da das Unternehmen keine Expertise in der Hardwareproduktion und -vermarktung hat.Wie auch Microsoft kann sich Google jahrelange Verluste aus einem Geschäftsbereich durchaus leisten. Während Rivale Yahoo sich schon freut, wenn die Werbeerlöse sich auf Vorjahresniveau halten, hat der weltgrößte Internetsuchdienst die Werbeerlöse sowohl auf eigenen Webseiten als auch bei Partnern um gut ein Fünftel gesteigert. Die bezahlten Clicks haben sogar um 42 % angezogen. An dieser Steigerung wird sich in der kommenden Woche auch Facebook messen lassen müssen, wenn das soziale Netzwerk erstmals nach dem Börsengang Quartalszahlen vorlegt.Derzeit scheinen sowohl Google als auch Microsoft in ihren jeweiligen Kerngeschäftsfeldern unangreifbar. Beide haben mittlere zweistellige Milliardenbeträge an Liquidität angesammelt (siehe Tabelle), sodass sie sich noch einige überteuerte Zukäufe leisten können. In der glänzenden Rüstung der schier unbesiegbaren Tech-Giganten sind derartige Fehlschläge nur kleine Kratzer.Das sahen auch die Investoren so. Die Microsoft-Aktie notierte mit dem Markt leicht schwächer. Google-Titel verteuerten sich sogar um 2,8 %.—– Wertberichtigt Seite 8