CEBIT

Feinfühlige Roboter, langsames Internet

Von Sebastian Schmid, zzt. Hannover Börsen-Zeitung, 21.3.2017 Japan ist das Partnerland der diesjährigen Computermesse Cebit in Hannover. Das fällt nicht nur aufgrund der üppigen Standflächen auf, die das fernöstliche Land für sich und seine...

Feinfühlige Roboter, langsames Internet

Von Sebastian Schmid, zzt. HannoverJapan ist das Partnerland der diesjährigen Computermesse Cebit in Hannover. Das fällt nicht nur aufgrund der üppigen Standflächen auf, die das fernöstliche Land für sich und seine Unternehmen beansprucht. Auch die zahllosen Roboter, die oftmals eher unterhaltsame denn nützliche Anwendungen präsentieren, passen zum Land der aufgehenden Sonne. Da wird Kaffee von zwei Denso-Roboterarmen zubereitet – formschön in glänzendem Chrom, aber noch etwas langsam und zudem geschmacklich eher fad. Für 16 000 Euro kann man sich eine bessere Kaffeemaschine denken.Doch entscheidend ist hier auf der Cebit oftmals nicht, was praktisch, sondern was möglich ist. Da servieren Roboter Schokolade oder übergeben Kugelschreiber. Im Internet der Dinge zeigen Parkplätze selbst an, ob sie frei sind, Krankenbetten zu Hause geben dem behandelnden Arzt Gesundheitsdaten mit Millisekundengenauigkeit, oder Gläser sagen dem Barkeeper, welchen Inhalt sie haben sollten.Bundeskanzlerin Angela Merkel befand dennoch in ihrer Eröffnungsrede, bezogen auf die Technologiefreundlichkeit der Japaner könne man in Deutschland sicher noch einiges lernen – etwa über deren Einsatz in der Altenpflege. Dass die Digitalisierungsskepsis gerade bei den älteren Semestern hierzulande überwiegt, hat auch die Bitkom in ihrer jüngsten Studie festgestellt, die am Montag auf der Cebit präsentiert wurde. Nur 42 % der Menschen über 65 stimmen der Aussage zu, dass das Digitalisierungstempo erhöht werden müsse, um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten. In allen jüngeren Altersgruppen liegt die Zustimmung bei mindestens 55 %. D!conomy zu eng gefasstMerkel, die auch nur noch rund zwei Jahre vom Club “Ü65” entfernt ist, sieht daher in der Infragestellung der Cebit, deren erneute Fusion mit der vier Wochen später stattfindenden Hannover Messe sie selbst einmal scherzhaft ins Spiel gebracht hatte, auch keinen Sinn. Die Cebit müsse eben breiter angelegt sein, als nur die Digitalisierungsmöglichkeiten in der Wirtschaft darzustellen. “D!conomy ist mir fast schon zu eng gefasst”, befindet sie. “Der Ansatz muss sein, die Cebit zum Treiber der Digitalisierung in allen gesellschaftlichen Bereichen zu machen – von der privaten über die industrielle Nutzung bis hin zur Vernetzung der Dinge.” Sie “plädiere jedenfalls dafür”, weil sich mit der Digitalisierung die gesamte Gesellschaft verändere. Ein Beispiel dafür sei die japanische Ausstellung zur Society 5.0. Das Konzept könne für Deutschland eine Anregung sein.Wenn demnächst zig Milliarden Dinge vernetzt sein sollten, müssten indes auch die nötigen Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit sich auch die Menschen vernetzen könnten, so Merkel. In diesem Zusammenhang warb sie gemeinsam mit dem Premierminister Shinzo Abe für die Verhandlung eines Freihandelsabkommens zwischen der EU und Japan. “In Zeiten, in denen wir über freien Handel, offene Grenzen und demokratische Werte mit vielen streiten müssen, ist es ein gutes Zeichen, dass Japan und Deutschland darüber nicht streiten, sondern zum Wohle der Menschen die Zukunft gestalten”, setzte Merkel auch eine Spitze gegen den erst am Freitag besuchten US-Präsidenten Donald Trump. Das Abkommen müsse dabei natürlich fair sein. Giga statt MegaAuch die Deutsche Telekom bekam einen Seitenhieb verpasst. “Vor ein paar Jahren glaubten wir noch, mit 50 Megabit pro Sekunde Anschlussgeschwindigkeit je Haushalt hätten wir eine Menge geschafft. Heute sprechen wir über Gigabit und überall verfügbare Infrastruktur.” Die Telekom hatte beim Netzausbau in der Fläche – nicht zuletzt aus Kostengründen – lange auf die Vectoring-Technologie gesetzt, die von der Industrie explizit abgelehnt wird. Erstens erscheint die maximale Geschwindigkeit von 50 Megabit pro Sekunde zu gemächlich. Zweitens sei die zu lange Latenzzeit für viele Anwendungen im Bereich Industrie 4.0 und Internet der Dinge ein “No-Go”, klagte unlängst der Elektroindustrieverband ZVEI.Der Ausbau auf Glasfaser müsse nun “schnell geschehen”, befand Merkel. Angesichts einer Glasfaserverfügbarkeit bei nur 1,6 % der deutschen Haushalte, während die EU im Schnitt auf fast 10 % kommt, scheint das nicht übertrieben. Nachdem Vodafone und andere Wettbewerber hier schon länger Druck machen, ist auch die Deutsche Telekom mittlerweile erpicht, zumindest für die Industrie einen Gang höher zu schalten (siehe weiteren Bericht auf dieser Seite).Premierminister Abe kann über derartige Probleme nur milde lächeln. Japan ist mit einer Glasfaseranschlussdurchdringung von gut 75 % und Geschwindigkeiten von teilweise 2 Gigabit pro Sekunde die Nummer 1 unter den OECD-Ländern. Das heißt indes nicht, dass Japan nicht auch an Deutschland Anleihen nehmen kann. In seiner Eröffnungsrede zur Cebit hob er etwa die kleine Roboterfirma Franka hervor. Das Münchener Unternehmen präsentiert auf der Cebit ihren Roboterarm Franka Emika, der so sensibel wie menschliche Finger greifen kann. Das knapp 10 000 Euro teure Gerät kann so wahllos herumliegende Gegenstände unterschiedlicher Form bis 3 Kilogramm greifen und handhaben. So könne der Roboter sich laut Firmenchef Philipp Zimmermann sogar selbst replizieren. “Wir leben vielleicht erstmals in einer Zeit, in der die Technologie weiter ist als wir”, befindet auch Rolf Schumann, Global General Manager Platform and Innovation bei SAP. ——–Die Cebit-Partnerländer Deutschland und Japan wollen bei allen Unterschieden eng kooperieren.——-