Fiat Chrysler gewinnt in Europa Marktanteile
Für Fiat Chrysler Automobiles ist es im zweiten Quartal besser gelaufen als angenommen, so dass Konzernchef Sergio Marchionne Ende Juli die Prognose für 2015 nach oben setzen konnte. Allerdings herrscht nicht überall eitel Sonnenschein. In Europa gibt der Konzern Gas und gewinnt Marktanteile, in Südamerika fährt er aber in die falsche Richtung.Von Thesy Kness-Bastaroli, MailandDie Neuzulassungen am italienischen Automarkt sind in den ersten acht Monaten 2015 um 15 % auf 1,065 Millionen Fahrzeuge gestiegen. Im August hat sich der Zuwachs von 14,5 % im Vormonat auf 10,6 % verlangsamt. Experten sind skeptisch, ob der nach drei Rezessionsjahren eingesetzte Boom sich auch in den Herbstmonaten fortsetzt. Der Verband der Kfz-Importeure Unrae erwartet für das gesamte Jahr ein Volumen von 1,535 Millionen Neuzulassungen am Pkw-Markt. Der Direktor des Marktforschungsinstitutes Centro Studi Promotor, Gian Primo Quagliano, verweist darauf, dass die Händler seit Juni weniger Orders und Besucher meldeten als in den Vormonaten. Von der Nachfragedynamik profitierte primär Fiat Chrysler (FCA) mit einem Zulassungsplus der Neuwagen von 20 % im Juni, von 19 % im Juli und von 12,7 % im August. Der FCA-Inlandsmarktanteil ist im Berichtszeitraum von 28 % im Vorjahr auf 28,6 % gestiegen. Überdurchschnittliche Zunahmen verzeichneten im August auch Ford (21,9 %), Opel (26,9 %) und Toyota (26,5 %), während Volkswagen mit 5,2 % unter dem Schnitt lag. Im Acht-Monats-Zeitraum zählten abgesehen von FCA Daimler, Renault, Ford, Nissan und Hyundai zu den Gewinnern, die ihre Anteile am Inlandsmarkt ausbauen konnten. Was die einzelnen Marken betrifft, legten vor allem der Kleinwagen Smart, der Geländewagen Jeep Dodge und Lexus zu. S & P hebt den DaumenDa es bei Fiat Chrysler Automobiles im zweiten Quartal besser lief als angenommen, hat Konzernchef Sergio Marchionne Ende Juli die Prognose für 2015 nach oben korrigiert. Fiat soll im laufenden Jahr bei einem Umsatz von 110 Mrd. Euro statt der ursprünglich erwarteten 108 Mrd. ein operatives Ergebnis von 4,5 Mrd. Euro (oberste Grenze der bisherigen Prognose) und einen gegenüber der ursprünglichen Prognose unveränderten Nettogewinn von 1 bis 1,2 Mrd. Euro erreichen, meinte der Konzernchef bei der Veröffentlichung der Halbjahresergebnisse. Nach einem Absatz von 4,5 Millionen Fahrzeugen 2014 sollen im laufenden Jahr 4,8 Millionen Modelle verkauft werden. Die Ratingagentur S & P hat kürzlich den Outlook für FCA von “stabil” auf “positiv” gesetzt, und Goldman Sachs hat das Kursziel von 19 auf 21,20 Euro angehoben. Infolge der Verluste seit Anfang August haben die FCA-Kurse in den letzten sechs Monaten rund 10 % verloren und notierten am 2. September bei 12,30 Euro.Im zweiten Quartal hat FCA den Umsatz um ein Viertel auf 29,2 Mrd. Euro und den Nettogewinn um 69 % auf 333 Mill. Euro erhöht sowie die Nettoverbindlichkeiten um 600 Mill. gegenüber dem Vorquartal verringert. Die Liquidität pendelte sich bei 25,4 Mrd. Euro ein, der Absatz von Neuwagen blieb mit 1,2 Millionen auf dem Niveau des Startquartals. Schwacher Euro stärktAusschlaggebend für die positive Performance im zweiten Quartal waren auch die Währungskorrekturen, der zum Dollar abgeschwächte Euro. Der um 25 % verbesserte Quartalsumsatz hätte sich ohne die Währungskorrekturen auf 10 % limitiert. Es handelt sich dabei aber immer noch um einen zweistelligen Zuwachs. Am besten schnitt das in den Nafta-Ländern verzeichnete Wachstum von 40 % ab, das währungsbereinigt 16 % ausmacht. Doch Analysten verweisen auf die Gefahr, dass der US-Automarkt spätestens ab 2017 abkühlen wird. Der einstige neuralgische Punkt von Fiat Chrysler, der europäische Markt, legte um 19 %, währungsbereinigt um 16 % zu. Positiv entwickelte sich auch das Geschäft mit Kfz-Teilen, dessen Umsatz um 23 %, währungsbereinigt um 18 % wuchs. Diesbezüglich erklärte Konzernchef Sergio Marchionne anlässlich der Telefonkonferenz zu den Halbjahresergebnissen, dass die FCA-Tochter Magneti Marelli nicht kurzfristig verkauft werde.Vor wenigen Wochen kursierten Gerüchte, wonach Fiat Chrysler ein Angebot für Magneti Marelli abgelehnt hat, da der Übernahmepreis mit 2,5 Mrd. Euro als zu niedrig bewertet wurde. Der Konzern habe mindestens 3,3 Mrd. Euro im Visier. Marktakteure erwarten einen neuen Milliarden-Deal in der Zulieferbranche. Interessiert seien nicht nur US-Finanzinvestoren, sondern auch die Kfz-Zulieferfirmen Valeo, Hella und die Wanxiang-Gruppe. Der Verkauf von Magneti Marelli, die rund 37 000 Beschäftigte zählt, soll erst nach dem für Oktober geplanten Ferrari-IPO stattfinden, heißt es in Mailänder Finanzkreisen. Angeblich sieht FCA-Chef Sergio Marchionne im Verkauf eine der Alternativen zu der wohl ausbleibenden Fusion mit GM. Im ersten Halbjahr hat Magneti Marelli den Umsatz um ein Fünftel auf 2,55 Mrd. Euro erhöht. Maserati abgewürgtNegativ hat sich im zweiten Quartal der Absatz in Südamerika entwickelt, wo FCA Umsatzeinbußen von 15 %, währungsbereinigt von 13 % hinnehmen musste. Ein weiterer Schwachpunkt war der um 17 % gesunkene Verkauf der Maserati-Modelle. Währungsbereinigt machte das Minus 29 % aus. Negativ hat sich auch der Absatz in Asien entwickelt, wo Fiat Chrysler den verschärften Wettbewerb aus China zu spüren bekam. Nur knapp 5 % des Umsatzes werden in Asien getätigt. Insofern fallen die Yuan-Abwertung und die China-Krise für FCA nur relativ ins Gewicht. Laut einer Studie von Credit Suisse hat Fiat Chrysler mit den neuen Jeep-Modellen – trotz der Abwertung – durchaus gute Chancen in China. Was die Entwicklung bei Alfa Romeo betreffe, so verlaufe diese voll nach Plan, heißt es bei FCA. Marchionne kündigte diesbezüglich Überraschungen an. Fiat Chrysler sieht im Investitionsplan von 48 Mrd. Euro bis 2018 u.a. die Entwicklung acht neuer Alfa-Modelle mit Investitionen von 5 Mrd. Euro vor. Das im Juni präsentierte Alfa-Modell Giulia soll 2016 auf den US-Markt kommen. Bis 2018 soll die Zahl der verkauften Alfa-Wagen von 68 000 Fahrzeugen im Vorjahr auf 400 000 Einheiten erhöht werden. Experten sind skeptisch, ob Alfa tatsächlich nach einer mehrjährigen Absenz den Anschluss an die BMW- oder Daimler-Premium-Klasse schaffen wird. Ferrari fährt vorDer Börsengang des Luxusautobauers Ferrari ist im Oktober geplant. 10 % der Ferrari-Anteile sollen auf den Markt gebracht werden. Der Börsengang wird in New York und möglicherweise auf einem zweiten Finanzplatz in Europa erfolgen. Analysten bewerten Ferrari mit rund 7 Mrd. Euro, Marchionne schätzt den Wert auf mindestens 10 Mrd.Schatten auf die FCA-Zukunft haben die kürzlich erfolgten Rekordstrafen, Hackerangriffe und Rückrufe geworfen. Die US-Verkehrssicherheitsbehörde (NHTSA) hat die bislang höchste Buße für einen Autohersteller von 105 Mill. Dollar ausgesprochen. Auch dadurch könnte die Attraktivität des FCA-Konzerns für einen Merger sinken. Die Brautschau Fiats wird des Weiteren auch durch eine Nettoverschuldung von zuletzt 10,8 Mrd. Euro (30. Juni 2015) gebremst. Analysten erklärten laut Bloomberg, Fiat sei derzeit kein geeigneter Kandidat für eine Fusion in der Autoindustrie.—-Zuletzt erschienen: – Toyota, 2. September- Daimler, 1. September